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Tiefe Schuhabdrücke zierten den Bürgersteig, den sie zuvor überschritten hatten. Inzwischen hatte die Intensität des Schnees weiter zugenommen. Man konnte kaum noch die Hand vor Augen sehen. Dicke Schneeflocken rieselten auf die Erde nieder. Hand in Hand liefen sie durch die Straßen – dicht an dicht. Immer wieder fanden ihre Augenpaare zueinander. Es war so einfach - die Idee so simpel. Warum war Oikawa nicht von Anfang an darauf gekommen? Vor wenigen Minuten hatten sie sich auf den Weg gemacht. Kageyama hatte seinem Teamkapitän geschrieben, dass ihm nicht gut sei. Oikawa hingegen konnte zumindest bei seinem Vize-Kapitän reinen Wein einschenken:

Oikawa [20:25]: Du hattest Recht, danke für deine Hilfe. Werde wohl heute nicht mehr zu euch stoßen können. Bin mit Tobio bereits auf dem Heimweg. Lade dich demnächst auf einen Drink ein (づ。◕‿‿◕。)づ

Iwa-Chan [20:28]: Ich hab doch gesagt, dass du dir keinen Kopf machen sollst. Redet miteinander und dann wirst du sehen, wohin der Weg euch führt. Da bin ich mal gespannt, du schuldest mir eigentlich noch einen Kart-Bahn-Ausflug, einen Karaoke-Abend und eine Party-Pizza. Da warte ich heute noch drauf, die Liste wird immer länger :P

Oikawa [20:29]: Werde mir Mühe geben (。◕‿◕。)!!

Oikawa {20:30]: ja, ja... ist nicht vergessen, versprochen!

Iwa-Chan [20:32]: Ich erinnere dich im neuen Jahr nochmal dran! Ach ja, deine Handschuhe bringe ich dir die Tage vorbei. Und nun kümmere dich um dein Date! Wünsche euch einen schönen Abend und versau es ja nicht!

Oikawa [20:33]: THX, du bist der Beste Iwa-Chan! Euch auch noch viel Vergnügen auf der Feier☆(❁‿❁)☆

Danach packte der Brünette schmunzelnd sein Handy zurück in die Tasche und sah zu dem Jüngeren auf, der wenige Meter vor ihm stand. Gemeinsam begaben sie sich zur Bushaltestelle, in die wenige Minuten später auch schon der Bus einfuhr. Schweigsam saßen sie nebeneinander. Kageyama hatte während der Fahrt zwischenzeitlich seinen Kopf an der Schulter des Größeren angelehnt und die Augen geschlossen. Er musste wohl von der Heimfahrt ziemlich fertig sein. Selbst der Stärkste brauchte auch mal eine kleine Pause. Behutsam legte Oikawa seinen rechten Arm um dessen Schultern und zog den Schwarzhaarigen noch näher zu sich. Zärtlich fuhr er mit seinen Fingern durch das seidig schwarze Haar und streichelte danach dessen Wange, die aufgrund der Kälte immer noch leicht errötet war. Der Kleinere genoss die zarten Berührungen, teilweise schlich sich ein kurzes Lächeln auf dessen Lippen und seine Wangen nahmen wieder diesen süßen rötlichen Ton an. Oikawa hatte den Jüngeren die ganze Zeit im Auge behalten. Es war selten, dass er einmal so einen Anblick zu Gesicht bekam. Inzwischen musste sich der Setter der Seijoh nun endgültig eingestehen, dass sein Nebenmann sein Herz gestohlen hatte. Leugnen war keine Option mehr.




Als sie eine halbe Stunde später vor Kageyamas Zuhause standen, gefror der Brünette schon an Ort und Stelle fest. Es war dunkel und finster. Ein eiskalter Schauer fröstelte ihn, als er das Gemäuer genauer unter die Lupe nahm. Langsam betraten sie das Anwesen. Je weiter sie voranschritten, desto mehr fuhr Oikawa die Kälte in die Glieder. Fröstelnd rieb er sich die Oberarme, als er die Halle begutachtete, die sie gerade durchschritten. Hier gab es nichts, was an ein gemütliches Zuhause erinnerte. Teure Möbel, zugezogene Vorhänge, aber zu Oikawas Entsetzen – keine Weihnachtsdekoration. Kein Raum war geschmückt. Es befand sich kein Weihnachtsbaum im riesigen Wohnzimmer. Der Brünette fühlte sich unwohl. Obwohl Weihnachten doch eher ein europäisches Fest darstellte, so hat sich diese Tradition in den letzten Jahrzehnten auch hier in Japan eingebürgert. Viele Familien hatten sich diese Tradition angeeignet. Feierten mit Kindern, Freunden und Verwandten. Diese Zeit galt der Familie und der Liebe. Gerade hier wollte der braunhaarige Setter nicht mit Kageyama verweilen. Die Atmosphäre und das Umfeld passten überhaupt nicht! Hatte der Schwarzhaarige überhaupt jemals Weihnachten gefeiert? Hatte er jemals ein herzlich beschmücktes Anwesen gesehen? Außerdem hatte der Jüngere doch morgen Geburtstag, wieso waren dann seine Eltern nicht da?

Sanctuary - 聖域 [OiKage]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt