IV.*~*

477 24 13
                                    

„Was hälst du von Blau-Silber?"

„Hatten wir das nicht erst letztes Jahr, Takeru?"

„Ja und? Ich mag die Farben halt und du eigentlich auch! Hast du einen besseren Vorschlag?", der Grundschüler sah zu seinem Onkel auf, der dicht hinter ihm stand und den noch leeren Weihnachtsbaum beäugte, den sie soeben im Wohnzimmer aufgestellt hatten.

Immer wieder wand der Größere den Kopf hin und her, während er seine Stirn in Falten legte. Im Hintergrund lief ein alter Schalplattenspieler, der gerade „Jingle-Bells-Rock" und „Last Christmas" in Dauerschleife abspielte. Diese Tradition musste jedes Jahr gewahrt werden, auch wenn die Leier einem irgendwann zum Hals raushing. Aber Oikawa war das herzlich egal. Er nahm alles in Kauf, um sich in der Zwischenzeit von seinem Liebeskummer abzulenken.

„Hm", nachdenklich ging der Brünette in die Knie und griff nach dem Kugel-Set, das er zuvor aus der Kartonkiste vom Dachboden geholt hatte, und schaute auf die Farbkombination herab. Takeru hingegen sah seinen Onkel entgeistert an.

„Rot-Gold? Bist du krank oder so?"

„Was hast du denn dagegen? Ist mal was anderes!"

„Aber Rot passt gar nicht zu dir, Onkel Tooru. Woher auf einmal der Sinneswandel?", dem Jungen stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Blau war schon immer Oikawas Lieblingsfarbe gewesen. Wie um Kamis Namen kam er auf einmal auf die Idee, den Weihnachtsbaum ausgerechnet mit roten Kugeln und goldenen Girlanden schmücken zu wollen?

Oikawas Blick galt wieder den roten Kugeln, die mit goldenem Glitzer verziert waren. Nachdenklich wand er die Kugel in seiner Hand hin und her. Die Muster ähnelten Schneeflocken. Warum hatte er auf einmal den Drang alles in Rot schmücken zu wollen? War er etwa geisteskrank? Ein genervtes Seufzen folgte – stimmt, er war nicht mehr ganz bei Trost, geschweige denn bei Sinnen!

„Weil mir einfach danach ist! Verdammt, warum rechtfertige ich mich überhaupt vor einem kleinen Knirps wie dir!"

Nach diesen Worten widmete Oikawa seine Aufmerksamkeit der Uhr, die über dem Kamin hing. Es war bereits 17 Uhr. Er muss sich fertig machen. In zwei Stunden beginnt die Weihnachtsfeier, der er seit Tagen schon entgegengefiebert. Allein der Gedanke daran, dass er Kageyama wiedersehen sollte, ließ ihn lächeln. Umso mehr musste er diese restliche Zeit noch nutzen. Schnell verabschiedete er sich von seinem Neffen, der mehr als entgeistert mit einem Berg an Kugeln und Weihnachtsdeko zurückblieb. Es tat ihm schon leid den Grundschüler allein zu lassen, aber seine Mutter hatte bereits eingewilligt mit dem Kleinen die Wohnung weiter zu schmücken.

Als Oikawa im Bad angekommen war, sprang er schnell unter die Dusche. Heißes Wasser prasselte auf seinen Körper nieder. Die Kur war eine Wohltat. Nachdenklich schloss der Setter seine Augen und lehnte seinen Hinterkopf gegen die kalten Fliesen der Dusche. Für einen Moment konnte er abschalten. Die Wassertropfen bahnten sich ihren Weg an seinem Körper herab. Die Wärme ließ ihn runterkommen – brachte ihm die Entspannung, die er eigentlich schon seit Tagen benötigte. Seit Tagen lief er auf Hochtouren, er konnte einfach nicht stillsitzen, er war voller Tatendrang und dementsprechend fand er auch nachts keinen Schlaf. Die Aufregung hatte ihn fest im Griff. Nach 15 Minuten stieg Oikawa aus der Dusche und machte sich fertig. Zufrieden betrachtete er wenige Minuten später sein Spiegelbild, das sich vor ihm im Badezimmerspiegel präsentierte. Er trug ein weißes Hemd und einen hellbauen Pullunder drüber. Enge schwarze Jeans zierten seine muskulösen Beine. Zum Schluss frisierte er noch seine Haare und griff nach seiner Brille. Normalerweise trug er immer Kontaktlinsen, aber heute war ihm nicht danach. Von ihm aus konnten die anderen Spieler ihn auch mal in Alltagsklamotten sehen. Kaum war er fertig angezogen, zog er sich den Mantel über und machte sich auf den Weg zur Bushaltestelle.

Sanctuary - 聖域 [OiKage]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt