Orion's Chaos

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„Einsam sind die Straßen.
Verstummt ist die Stadt.
Eisig ist die Luft im Herbst.
Kühl wie Orion G le Flair's Herz."

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• Samstag, 23:29

Sein Feuerzeug geht nicht mehr -
Er kramt nach einem neuen.
„Fuck" flüstert er leise.
Er bleibt stehen, dreht sich um - keiner da.
Also bewegt er sich ruhig, fast in Zeitlupe, in Richtung Laterne.
Er schüttet seine Umhängetasche aus.
-Prada.
Was auch sonst ?
Er sucht, sucht weiter
Aber dann
„Endlich" grummelt er.
Tiefe Stimme, rau, sie klingt als hätte er wohl eine wilde Nacht voll geschreie und zu lautem mitsingen bei den Hits seiner Generation gehabt.
- ist ja auch wahr.
Sein gerade so rauchbarer Johnny wird aus der Jackentasche gezogen, und gezündet.
Bereits gebaut, als er noch konnte. Taktischer Zug, sehr klug
Er setzt sich an den Straßenrand
Die kalte Bordsteinkante scheint ihm nicht im geringsten etwas auszumachen.
Der erste Zug - Er schließt die Augen
Er inhaliert;
lässt die Augen geschlossen,
ein grinsen erschleicht sich auf seine Lippen
Er öffnet die Augen.
Wohlig warm wird ihm.
Und nun, nun grinst er einfach vor sich hin.
Seine müden Augen zeichnen ihn.
Nur die Wunde Hand auf der rechten Seite aber, die blutet noch einwenig.
Inhalieren-Ausatmen,
Inhalieren-Ausatmen,
So lange, bis der Dübel ganz und gar verschwunden ist
und ihm nichts anderes bleibt, als den Stummel zu beseitigen.
Doch das tut Orion nicht.
„Alles - oder absolut gar nichts", sagt er immer.
Also schmeißt er den für Filter nicht weg.
Er rollt ihn auf.
Das öl welches sich darin gesammelt ist gut zu erkennen.
Er zündet den aufgerollten Filter an.
- hält ihn vorsichtig in der Hand, formt eine Höhle mit seinen Händen, und zieht vorsichtig den Rauch ein.
Es dauert nicht, bis Orion's Augen langsam kleiner werden. Sie sind kurz vorm zufallen - doch der Weg ist noch einwenig weit, also schlendert er die Straßen weiter entlang, bis er an eine Abzweigung kommt. Er biegt links ab, und steigt den Hügel hoch.
-So weit ist es jetzt nicht mehr
Oben angekommen leuchtet das schöne Wohngebiet in den Lichtern der Laternen auf, und er folgt dem Weg, bis er am Ende ist.
Weit und breit ist niemand zu sehen. Kein Auto fährt mehr durch die Gegend. Das einzige was durch die Straßen hallt ist das Gekreische und Gejubel besoffener Leute, auf einer House Party.
Der Nachbar, welcher gerne bis in die Nächte zu feiern vermag, legt zum dritten mal in dieser Woche auf.
Sein Grundstück ist voll besetzt mit Autos, die rund um die kleine Grünfläche und dem Brunnen vor dem Haus platziert sind. Natürlich grenzt das riesige Tor davor alles ab, aber so mancher schleicht sich schon auf seine fetten Feten.
- Es ist ja auch nicht sonderlich schwer.
Spätestens um 1 Uhr weiß der gute nämlich selbst nicht mehr wer die geladenen, und wer die uneingeladenen Gäste sind.

James Montague, der Mann dessen leben aus Extase, Rausch und Sex besteht.
-Fraglich ?
Vielleicht. Aber man kann es ihm nicht verübeln. Wer jung ist, der solle leben.
Besser als es denen nachzumachen, die nie etwas gefunden haben, dass sie, zumindest für den Moment erfüllt. Und ich meine damit nicht, dass es gerade zu ein perfektes Beispiel ist - oder etwas, dass man sich annehmen solle. Aber wenn du die Wahl hast, und den Weg der endlosen Party wählst : Dann tu es richtig.
Und wenn es das ist, was ihm einen Weg aus seinem Kopf schafft, dann genieße jeden Moment, bevor du endest wie ich.
Kalt, allein, und am Rande der eigenen Zufriedenheit.
Und nein, nicht dass ich es eben nicht so will
- Doch
Ich will es.
Ich lebe mein Chaos.
Ich liebe mein Chaos.
Und ich liebe meinen Frieden, wenn man das überhaupt so nennen kann - dieses Wirrwarr.
Aber ich komme so klar. Gut klar.
Und wenn ich es anders könnte, dann würde ich es wahrscheinlich ändern. Mich ändern. Einen Ausweg aus der Endlosschleife wählen.
Aber so ist das Leben.
So ist mein Leben.
Und genau so ist es mit James. Nur- anders eben

Die Mauer die das Haus meinerseits umgibt ist ziemlich hoch. Aber der große Baum welcher sich auf das Grundstück rüber ragt ist ziemlich stabil, weshalb es einfach ist drauf zu klettern.
Der Sprung von der Mauer hinunter ist kein Problem. Meine Balkon Tür ist stets offen, falls ich mal verschwinde ohne dass es jemand mitkriegen soll. Ich klettere also das bisschen am Haus hoch und schon bin ich da.

Manchmal ist mir einfach danach.
- Verschwinden mein ich
Ich bin alt genug um zu gehen und zu erscheinen wann ich will, aber ich halte es nicht für nötig meinen Eltern ständig zu sagen wo ich mich gerade befinde.
- Tun sie ja auch nicht.
Und es ist auch nicht wirklich so, als würden sie das merken. Sie haben genug zu tun.
Und bevor sie auf die andere Seite des Hauses kommen, bin ich schon wieder in meinem Zimmer.
Mit der Hilfe von Estér, unserer Haushelferin, ist es mir möglich meinen Eltern immer einen Schritt voraus zu sein.
Ihr müsst wissen, dass Estér immer für mich da war, und ist, wenn meine Eltern zu beschäftigt mit ihrem Lifestyle sind, oder sich völlig überarbeiten.
Sie ist da, wenn es keiner kann.
Und sie hört zu, während alle anderen verstummen.
Ich bin mir ziemlich sicher dass sich ihre Kinder freuen wenn ihre Mutter von der Arbeit nach Hause kommt.
Denn selbst ich - und ich bin nicht ihr Kind,
freue mich,  wenn sie morgens an meine Zimmertür klopft, und mich zum Frühstück ruft;
Wenn sie mich nach der Schule grüßt;
Mich zum Abendessen holt;
und wenn sie abends das Anwesen verlässt.
Und Gott weiß, wie wenig es mich interessiert wenn meine Eltern gehen. Sei es eine Arbeitsreise, die Arbeit selbst, oder einer ihrer spontanen Ausflüge.. es ist mir wirklich egal. Jede Sekunde ohne sie, ist ein Stück Frieden für mich.
Aber wenn Estér geht, dann geht auch die einzige Person von der ich weiß, dass sie da ist, wenn ich sie wirklich brauche.
Aber das reicht vorerst zu meinem Familien Drama. Davon könnte ich noch eine Menge erzählen, und bringen würde es trotzdem nichts.. Meine Familie ist eben wie sie ist -
Und ich werde mich nicht dazu bereit erklären die Scherben wieder zusammenzuführen nur um das ganze Trauma noch einmal durchzuleben. Das Chaos war schon lange vor mir entstanden;
lange vor meinem vollständigen Denkvermögen; und lange vor meinem Bruder.
Unsere Eltern machten nie den Anschein dieses Riesen Wirrwarr aus Schmerz und Leere verschwinden zu lassen -
Sollen sie halt, was macht das schon ?
So weniger ich mit ihnen interagiere, so weniger muss ich mich mit dieser Situation auseinandersetzten.
Mein Bruder.. er hat es auch geschafft. Er ist mit 17 ausgezogen.
Er hat alles zurückgelassen, und nicht zurückgeschaut, und jetzt kann ich ihn verstehen. Wo auf immer er gerade steckt.. es wird ihm besser gehen, als mit uns hier
Er meldet sich nicht allzu oft bei mir. Er will nicht, dass unsere Eltern ihn finden. Würden sie das nämlich, wäre das wohl oder übel sein Ende. Also, nein.. nicht 'DAS Ende', aber unser Vater würde alles dafür tun um ihm auch das letzte bisschen zu nehmen, was ihn erfreut und über Wasser hält. Er ist unberechenbar wenn du gegen seinen Willen gehst. Aber wenn wir ganz ehrlich sind würde ich ein Machtwort von ihm und eine Umsetzung seiner Taten lieber ertragen, als dass unsere Mutter das Wort ergreift, und die Chance nutzt uns den Erdboden gleich zu machen. Sie ist nicht die Art von Mutter, die man gerne um sich hat.
Sie ist alles was ich verachte.
Alles, was ich niemals sein will.
Penélope und Dimitri sind keine Vorbilder.
Sie sind der Albtraum eines jeden Kindes, welches sich nur nach einem glücklichen Familienleben sehnt.

Und deshalb muss ich hier Raus.
Ich muss hier raus.
Und wenn nicht komplett, dann wenigstens raus aus meinem Kopf.

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