Prolog

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„Nach 200 Metern biegen Sie links ab." Die Stimme des uralten Navigationsgerät meiner Mutter reißt mich aus meinen Tagträumen und während ich etwas um mich herum blicke um wieder zur Realität zurückzufinden bemerke ich, dass meine Mutter einer ihrer langen Reden ausgepackt hat. Mittlerweile ist es wohl eher ein Selbstgespräch, doch mir ist nicht klar ob ihr das auch bewusst ist. „Ich hoffe du hast daran gedacht genügend Unterwäsche einzupacken und Tampons die sind sehr wichtig. Ich denke ja mal, dass es dort einen Waschraum gibt schließlich seid ihr drei Monate an einem Stück da aber hast du trotzdem daran gedacht ob du auch alle deine Jeans mitgenommen hast, Jeans gehören zur Uniform. Oh Gott und Deo. June hast du Deo eingepackt?", prasselt meine Mutter auf mich ein. Wo denkt sie ist das Internat? Hoffentlich noch nah genug an der Zivilisation, dass es dort eine Drogerie oder zumindest einen Supermarkt gibt und ich mir meine nötigen Hygieneartikel selbst besorgen kann. Diese Frau würde mir sogar noch heimlich Toilettenpapier in den Koffer schmuggeln aus Angst, dass es dort keins gibt. Als würde ich nicht zufälligerweise auf ein Bonzen Internat gehen dessen Schüler größtenteils Kinder von irgendwelchen Bankern oder Anwälten sind. Toilettenpapier besitzen die dort höchstwahrscheinlich aus Gold und mit Sternchen verziert. „Das ist keine Uniform, wir tragen einfach nur Jeans und das Polo der Schule nichts Besonderes, Mama.", entgegne ich ihr leicht desinteressiert. Meine Eltern haben mich dazu gebracht – oder eher überredet – mich für ein Stipendium für das Internat zu bewerben, denn für mich spielt das alles eher weniger Rolle auf welche Schule ich gehe und ob ich später Jura oder Medizin studieren werde. Ich möchte einfach nur meinen Abschluss und eine schöne Zeit mit gleichgesinnten verbringen. Gleichgesinnt ist gut gesagt, ich habe keine Ahnung wie die Mädchen und Jungs auf diesem Internat ticken und ob ich mich überhaupt mit ihnen verstehen werde oder eher gesagt sie sich mit mir aber die Hauptsache ist, sie sind ungefähr in meinem Alter und ich muss meine Abende nicht weiterhin mit den langweiligen und viel zu alten Freunden meiner Eltern verbringen. Meine Mutter hatte mein ganzes Leben lang zu viel Angst mich auf eine öffentliche Schule zu schicken, weiß Gott welche Leute dort alle rumlungern und nur darauf warten mir irgendetwas anzutun oder mich auf eine schiefe Bahn zu bringen. Ironie aus. Für eine private Schule hat nur das Geld nie gereicht und somit wurde ich die ganzen 16 Jahre meines Lebens von meinem Onkel, der irgendwann in seiner Mid Life Crisis beschlossen hat sich als Lehrer qualifizieren zu lassen, zuhause unterrichtet. Die einzigen gleichaltrigen Bekanntschaften die ich zu pflegen versuchte waren die Kinder von nebenan und gegenüber. Irgendwann verloren sie das Interesse, da sie sich auf ihre Freunde in der Schule konzentrieren wollten und da mich von denen niemand kannte wurde ich nicht mehr eingeladen und das Thema war gegessen. Ehrlich gesagt trauere ich ihnen nicht nach, ich fand sie ohnehin immer ein wenig speziell. Eine Sache haben sie mir jedoch beigebracht, die ich jetzt wahrscheinlich gut gebrauchen werde, nämlich das Prinzip von Noten. Bei meinem Onkel habe ich eine Sache gelernt bis ich sie beherrschte. Beherrschte ich sie nicht hat er sie so oft mit mir wiederholt bis ich sie dann beherrschte, Sitzenbleiben gab es nicht. Durch die Nachbarskinder habe ich also gelernt, dass ich nicht für das Stipendium angenommen worden bin, weil ich beweisen konnte, dass ich ein umfangreiches Wissen besitze, sondern weil ich 95 Prozent in der Aufnahmeprüfung erreicht habe und diese dafür nötig sind. Kein Prozent weniger. Den Sinn verstehe ich immer noch nicht so ganz, denn wäre ein Schüler mit 94 Prozent so viel schlechter als jemand mit 95 Prozent? Eigentlich sollte ich mir keine Gedanken darüber machen und einfach dankbar sein, dass ich das Stipendium erhalten habe und das werde ich jetzt auch tun. Ich. bin. dankbar. 

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