Alice ist eine sehr ruhige Mitbewohnerin. Seit die anderen Schüler angekommen sind habe ich von ihr lediglich einen Satz zu hören bekommen bevor sie dann verschwunden ist. Wahrscheinlich in die Bibliothek, denke ich mir. Während Alice nicht hier ist habe ich meine Sachen in den großen Schrank geräumt, dessen Türen ein wenig knarren wenn man sie öffnet. Meine „Uniform" habe ich auch schon über meinen Kopf gezogen und Ich muss sagen, dass ich nicht gerade schlecht darin aussehe. Etwas gewöhnungsbedürftig vielleicht. Ich setze mich an meinen Schreibtisch und beginne meinen Stundenplan zu studieren. Lucy hatte mir nur wenig Klassenräume gezeigt, ich wusste nur dass der Naturwissenschaftsblock sich irgendwo im Westflügel befand. Deswegen versprach sie mir, mich morgen nach dem Frühstück zu begleiten, denn ihr Stundenplan ähnelte meinem sehr und darüber war ich mehr als glücklich. Lucy hat mich eingeladen zur Home Coming Party, die in einem der Vereinshäuser stattfinden soll. Ich bin mir allerdings noch nicht so sicher, ob ich tatsächlich hingehen sollte. Bis auf Lucy, und ein bisschen Alice, kenne ich noch absolut niemanden und das verunsichert mich ein wenig. Außerdem möchte ich es nicht riskieren gleich an meinem ersten Tag in irgend einer Weise negativ aufzufallen, vor allem als Stipendiatin. Als ich meine Augen von meinem Stundenplan entferne entdecke ich auf der Ecke des Schreibtisches einen Bogen Papier, der mir noch nicht bekannt war. Ich greife nach ihm und entdecke, dass es sich um einen College Block handelt und bei genaueren inspizieren sehe ich, dass auf jedem der Blätter das Logo der Schule abgezeichnet ist. Noch einmal überkommt mich die Realität: ich befinde mich in einem verdammt reichen Internat, denn selbst die College Blöcke sehen schön aus. Und das ist nicht nur mehr irgendein Leben auf dieser Welt - das ist mein Leben. Und zwar für das ganze nächste Jahr. Ein Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit als plötzlich ein Gong ertönt. Ich kann nicht genau zuordnen was dieser Gong bedeutet, doch keine Minute später steht Lucy vor meiner Tür. „Hunger?", fragt sich mich und ich zähle 1 und 1 zusammen. Es gibt Abendessen. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht, doch jetzt macht sich mein Magen bemerkbar und beginnt laut zu Knurren. „Ich denke das sagt alles.", erwidere ich Lucy und sie führt mich in die Cafeteria in der wir eben schon einmal einen Blick geworfen haben. Es gibt CousCous mit einer wunderbar dampfenden Gemüsepfanne und eine leichte Minestrone als Vorspeise. Lucy und ich schlagen uns die Bäuche voll und ich beschließe auf ein Dessert zu verzichten. „Ich platze gleich!", stöhnt Lucy und reibt sich den Bauch als befände sich darin ein Baby. Ich erblicke Alice auf der anderen Seite der Cafeteria. Sie sitzt neben zwei Mädchen, doch keine von ihnen unterhält sich. „Wie ist sie bisher so?", erkundigt sich Lucy neugierig. „Naja, sie hat bei ihrer Ankunft einen Satz mit mir gesprochen und war dann spurlos verschwunden." „Typisch für sie. Aber seh es positiv: wenigstens niemand der dich zutextet oder sonst auf irgendeine Weise nervt." Lucy's Gesicht verwandelt sich von einem Lachen zu einer Schock Grimasse. „Oh mein Gott. Texte ich dich eigentlich zu?", fragt sie mich wie von einer Wespe gestochen. „Nein, auf keinen Fall. Aber keine Scheu, ich bin ehrlich. Wenn mich jemand nervt dann sage ich es auch", beruhige ich sie und zwinkere ihr spielerisch zu. Sie schenkt mir ein verschmitztes Lächeln.
„Was ist denn jetzt eigentlich, kommst du heute Abend mit?", hakt Lucy nach als wir auf dem Weg zurück zu unseren Zimmer sind. „Ich weiß nicht Lucy. Ein anderes Mal bin ich bestimmt dabei aber es ist vielleicht einfach noch zu früh. Ich kenne da ja nur dich" verunsichert sehe ich zu Boden und krame meinen Zimmerschlüssel aus meiner Hosentasche. Lucy seufzt und ich merke, dass sie mit meiner Antwort nicht wirklich zufrieden ist. Sie gibt es jedoch auf und macht vor ihrer Zimmertür Halt. „Ja dann. Bis morgen früh. Gute Nacht June" Mit diesen Worten verabschiedet sie sich und verschwindet in ihren Zimmer. Kurz darauf betrete ich meines und entdecke Alice an ihrem Schreibtisch. Sie kritzelt etwas auf ein Blatt Papier und steht dann auf um sich eine Jacke anzuziehen „Ich bin in der Bibliothek" lässt sie mich wissen und geht dann durch die Tür hinaus auf den Flur. Das Zimmer gehört als ganz mir. Ich schlüpfe in eine gemütliche Jogginghose und schmeiße mich samt Laptop auf mein Bett. Hier liegt man wie auf Wolken und ich möchte diesen Ort am liebsten nie wieder verlassen. Ich klappe den Laptop auf und suche nach einer Serie, die ich anfangen könnte. Nachdem ich mir bestimmt 20 Trailer angeschaut und 15 Rezensionen gelesen habe (ich bin sehr wählerisch) Entscheide ich mich schließlich für eine Ärzte Serie mit ungefähr 16 Staffeln. Damit werde ich erstmal zu tun haben. Eigentlich hätte ich jetzt noch Lust auf einen Snack aber leider weiß ich nicht wo man die hier her kriegt. Mich hier zu verlaufen möchte ich jedoch nicht riskieren, deswegen belasse ich es dabei.
Es klopft plötzlich und ich starre auf die Uhr. Es sind 20 Uhr und ich habe nicht bemerkt, wie die Zeit vergeht. Wer das wohl sein könnte? Alice hat einen Schlüssel und ich glaube kaum, dass Alice Freunde sie woanders suchen werden als in der Bibliothek. Ich erhebe mich aus meinem Orient aus Kissen und öffne langsam die Tür. Vor mir steht Lucy. Einen kleinen Koffer im Schlepptau stürmt sie in mein Zimmer. „So. Wir sozialisieren dich jetzt. Auf meine Art!", verkündigt sie und ist dabei total aus dem Häuschen. „Lucy.." „nein, keine Widerworte heute wird gefeiert und es ist mir egal was du dazu sagst also.. nimm Platz und lass dich verwandeln!" Ich habe keine andere Wahl und setze mich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch. Lucy greift in ihren Koffer und nimmt ein paar Utensilien heraus. Sie tupft und wischt und wedelt und summt dabei. Ich habe von Make Up überhaupt keine Ahnung und war schon stolz auf mich, wenn ich es schaffte Wimperntusche ordentlich aufzutragen. Lucy hingegen schien es im Schlaf hinzubekommen. „So, jetzt ein Kleid. Ich bin mal so frei.." Lucy geht zu meinem Schrank während ich mich im Spiegel betrachte. Über meinen Augen glitzert es in einem Roséton und meine Lippen zieren ein dunkles rot. Meine Wangen funkeln und ein Lidstrich umspielt meine Augenwinkel. Ich sehe gut aus. Ich bürste durch meine Haare um die letzten Knoten zu lösen. Lucy stolziert auf mich zu und hält eines meiner wenigen Kleider vor sich. „Das ist perfekt! Ich gebe dir noch meine goldene Kette, die passt super dazu.", trällert sie zufrieden und ich musterte das Kleid. Ich hatte es bisher ein Mal ein Weihnachten an, es ist enganliegend und glänzt in einem schönen Beige. Während ich es mir überziehe packt Lucy ihren Koffer wieder zusammen. „Ich kann nicht glauben, dass du mich dazu überredest.", gebe ich zu und Lucy grinst hinter mir in den Spiegel. „Du siehst umwerfend aus! Und du wirst es nicht bereuen."
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Teen FictionJune wurde ihr bisheriges Leben ausschließlich zuhause unterrichtet, doch plötzlich erhielt sie ein Stipendium für eines der reichsten Internate des Landes. Sie wird hineingeworfen in eine ihr völlig fremde Welt doch sie versucht das beste daraus zu...