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"Keine weiteren Fragen euer Ehren." Ich nahm meine Dokumente und packte meine Robe ein, nachdem ich noch einmal die Familie beglückwünscht habe. Bis jetzt waren das meine einzigen Fälle, Familienrecht, kleine Diebstähle, Drogendealer und Ehestreits. Vor dem Gerichtssaal schloss ich kurz meine Augen um für einen kurzen Moment der Realität entfliehen zu können. Der andere Anwalt, Chris Jones, kam zu mir und streckte mir die Hand hin, welche ich höflich lächelnd annahm. "Sie haben gut gekämpft da drin, Ms. Alderidge. Hören Sie ich habe nicht viel Zeit, wie wäre es wenn wir uns bei einem netten Gespräch etwas übers Geschäft unterhalten. Mögen Sie französisch? Gut, um sieben im Maison d'Armes!" Ich stockte doch nickte nur als er sich auch schon im Laufschritt auf den Weg machte. Ich tat es ihm gleich und stieg in eines der Taxen ein als ich draußen vor dem Supreme Court of the State New York stand. "Schweren Tag gehabt Madam?" fragte der Fahrer bemitleidend und ich nickte nur und nannte ihm meine Adresse. Die ganze Fahrt über konnte ich nur an das etwas überrumpelnde Essen, wozu ich also eingeladen wurde, nachdenken. Für meinen Geschmack fand ich diese Art von Menschen, die sich eigentlich einen Dreck um einen scherten sehr unangenehm und unhöflich, aber auch wenn Jones es war, musste ich ihm doch nicht gleich tun. 

Zuhause angekommen stellte ich meine Aktentasche auf die Kommode neben der Eingangstür ab und zog meinen Mantel aus, da es in New York zurzeit sehr stürmisch war und ich mich nicht erkälten wollte. Ich lebte in einem kleinen Apartment in der Nähe vom Central Park. Genauer gesagt an der Upper West Side. Dort hat man die beste Gelegenheit die schönsten Sonnenuntergänge zu bestaunen, gerade weil ich dort so ziemlich ganz oben lebte. Das hatte wie alles im Leben seine Vor- und Nachteile. Die Sonnenuntergänge waren zwar ein riesen Vorteil, doch dafür war es ziemlich schwer den Einkauf immer bis ganz nach oben zu schleppen, wenn mal wieder der Aufzug kaputt war, was eigentlich immer der Fall war. Alles was ich in meinem Leben erreicht habe, habe ich mir selbst erarbeitet, denn von meinen ach so netten Eltern kam nie irgendein Fünkchen Hilfe. "Ahhh! Du bist fertig, wie war es, hast du gewonnen? Na los spann mich doch nicht so auf die Folter Madelyn." Olivia rüttelte mich an den Schultern und ich musste unwillkürlich laut loslachen. Sie fragte wirklich jedes Mal ob ich gewonnen hatte oder nicht, das war auch das Einzige, was ich ihr trotz meiner Schweigepflicht erzählen durfte. Olivia war eine sehr aufgedrehte und lebendige Person und zusammen mit ihr und Paul wohnte ich in unserer WG, welche wir gründeten als wir alle noch Studenten mit einem ziemlich geringen Einkommen waren. Paul war Olivias Freund aber ich war ebenfalls ganz cool mit ihm. Olivia und ich lernten uns an der Uni kennen. Wir beide studierten an der University of Cambridge, da wir beide dort einen Studienplatz bekommen haben. Wäre dieser Platz nicht bezahlt gewesen hätte ich ihn mir sowas niemals leisten können, aber als Vollzeit Anwältin konnte man sich eben so einige Träume wie ein kleines Apartment in New York eben leisten. "Liv ich bin noch nicht einmal bei der Tür ganz drinnen und du fragst mir schon Löcher in den Bauch. Ja ich habe gewonnen und ich muss mich jetzt auch schon fertig machen. Ich habe ein Geschäftsessen um sieben im Maison d'Armes." nach diesem Vortrag musste ich erstmal Luft holen und begab mich erschöpft vom Tag in die Küche, um mir ein Glas Chardonnay einzuschenken. "Wie war dein Tag?" Olivia arbeitete im Städtischen Museum, da sie auch Geschichte und Politik studiert hat und sich dafür schon immer interessierte. "Ach, bei mir ist alles beim Alten geblieben, ein bisschen Fundstücke polieren hier, ein bisschen Artefakte analysieren da. Nichts Aufregendes. Aber mal zum wichtigen Thema: Was wirst du heute Abend anziehen?" Ich überlegte kurz und sah dann wieder in ihre Richtung, da ich wusste was jetzt kam. "Ich werde dich jetzt zur heißesten Bitch in ganz New York aufpeppen. Vertrau mir ich hab das ja schon öfter hinbekommen." sie klatschte freudig in die Hände und gab mir als nächstes gleich die Anweisung ins Bad zu gehen. Gegen ihren Willen hatte man einfach keine Chance.

"Wow..." staunte Liv als ich aus dem Zimmer kam. Sie hatte mir ein schwarzes, schlichtes Abendkleid aus Satin gegeben und mich, zu meiner Erleichterung, nur leicht geschminkt. Da kannte ich auch ganz andere Seiten an ihr, wenn sie ihre Fashion Ausraster hatte. Schnell schlüpfte ich in mein einziges Paar schwarze High-Heels und nahm noch schnell meine kleine Clutch, bevor ich auch schon aus der Wohnung huschte und in ein Taxi einstieg.

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"Da haben Sie eine gute Wahl getroffen, Mr. Jones." sprach ich und nippte ein weiteres Mal an dem wunderbaren Rotwein, den Chris uns zum Essen servieren hatte lassen. Ohne Hektik schwang ich die rote Flüssigkeit in meinem Glas, welches im Schein der großen Kronleuchter schimmerte, umher. Während wir aßen, bauten wir so langsam ein Gespräch auf. "Vielen Dank. Das Kleid steht Ihnen übrigens wunderbar, Ms. Alderidge. Ich hoffe ich habe Sie heute Morgen nicht zu sehr überrumpelt, denn das ist eigentlich nicht meine Art, aber ich habe ein wichtiges Angebot für Sie." "Und das wäre?" fragte ich, das etwas komische Kompliment mit dem Kleid ignorierend. "Wir würden Sie gerne als ein Mitglied unserer Firma ansehen. Ich weiß es wäre ein großer Sprung, aber überlegen sie es sich. Ihr Gehalt würde sich natürlich auf Ihr Niveau anpassen, Sie verstehen, was ich meine?" machte er mir gerade einen Heiratsantrag, oder ein Job Angebot. Wenn ein Anwalt in seiner Größe, aus New York sagt dass mein Gehalt sich meinen Leistungen anpassen würde, dann heißt das ich bin in der oberen Elite angekommen. Davon träumte ich seit ich im High-School Alter war. "Ich müsste eine Nacht drüber schlafen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. So eine Entscheidung trifft man nicht in zwei Minuten." bat ich ihn leicht lächelnd. "Natürlich, denken Sie darüber nach, hier ist meine Nummer, schreiben Sie mir, wenn sie sich entschieden haben." und somit verabschiedete ich mich von Jones und bedankte mich für das nette Essen. 

His LawyerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt