Kapitel 10 - Ein ungewolltes Bündnis | 3

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»Also, was ist der Plan?« Leicht lehnte sie sich zurück und beäugte ihre Reisebegleiter. »Bleiben wir hier still in unserer Ecke sitzen und hoffen darauf, ein verräterisches Wort aufzuschnappen oder mischen wir uns unter die Leute?«

Fast hätte Zirkon sein Bier wieder ausgespuckt. »Unter die da?« Angewidert betrachtete er einen Mann, dessen Bart so lang und schmutzig war, dass er sicherlich ein Zuhause für zahlreiches Ungeziefer bot.

Ungläubig sah sie ihre Mitreisenden an. »Wie lange noch mal arbeitet ihr schon an ... eurem Projekt?« Sie konnte sich kaum vorstellen, dass sie sonderlich erfolgreich mit dem warne, was sie taten, wenn sie sich weigerten, mit dem Gesindel der Gesellschaft zu reden. Immerhin waren Zirkon und Wisteria bereit gewesen, ins Labyrinth zu ziehen. Auch wenn es nur für kurze Zeit gewesen war. Wie wollten sie auf diese Weise dann Informationen sammeln?

Dem Steinteufel war es sichtlich unangenehm. »Na ja, ein Jahr vielleicht. Und wir haben uns bisher mehr darum gekümmert, Mitstreiter zu finden«, gab er zu. Ardenwyn unterdrückte ein Seufzen und massierte sich angestrengt die Schläfe.

»Und Ihr? Wie lange seid Ihr bereits hier?«, wandte sie sich an Diascur, der wieder einmal keinerlei Einblick in seine Gefühls- und Gedankenwelt zuließ.

»Mittlerweile verweile ich seit knapp einem Jahr in Espenjona«, sagte er ungerührt und nippte an seinem Wasser. Die Diebin war kurz davor, die Krise zu bekommen. Ein Jahr und er nahm sich so viel heraus, Espenjona und seine Bewohner retten zu wollen. Dabei kannte er keines von beidem wirklich. Wie oft war er wirklich schon unter die Leute gekommen? Aus welchen Kreisen stammten die sogenannten »Mitstreiter«? Handelte es sich bei ihnen um gelangweilte obere Mittelschichtler oder um wütende Leute der unteren Gesellschaftsschichten? Sie konnte nicht einschätzen, wie viel Wert sie den Mitstreitern Diascurs wirklich beilegen sollte. Das Ganze hier war womöglich zum Scheitern verurteilt. Aber weshalb überraschte sie das überhaupt? Sie konnte doch unmöglich zumindest ein winziges Bisschen Hoffnung gehabt haben? Jämmerlich.

»Wenn ihr euch weigert, mit Leuten zu sprechen, die ihr für unter eurer Würde haltet« Sie bezog auch Wisteria und Zirkon mit ein. »dann werdet ihr euer Ziel niemals erreichen.« Und das legte nahe, dass Wisteria und Zirkon zumindest in besseren Verhältnissen als diesen aufgewachsen waren.

»Aber sieh sie dir doch mal an!« Wie zu seiner Verteidigung machte der Steinteufel eine ausladende Bewegung, die die Gäste des Gasthauses mit einschloss.

»Ich habe Augen im Kopf«, erwiderte die Diebin bloß, schob sich den letzten Bissen ihres Brotes in den Mund und erhob sich.

»Was hast du vor?«, wollte Diascur wissen, den vermutlich noch niemand in Unwissenheit gelassen hatte, doch sie machte sich nicht die Mühe zu antworten.

»Bleib hier!«, fluchte der Steinteufel und streckte seine Hand nach ihr aus, wie um sie zurückzuhalten. »Vergiss nicht, dass du die P-« Schlagartig verstummte er, als er begriff, was er da fast gerade laut an einem solchen Ort ausgesprochen hätte. Dennoch versuchte er noch immer, sie zu packen und zurück zu ziehen. Ardenwyn wich seiner Hand ohne Mühe aus und bewegte sich mitten in den Raum hinein.

Ein paar der hier sitzenden Männer hoben ihre Blicke und folgten ihr mit den Augen. Sie erwiderte die Blicke gleichgültig und verkniff sich ein zufriedenes Grinsen, als die meisten von ihnen ihren Kopf wieder senkten. Nur einer sah sie noch immer unverhohlen an. Vom Aussehen her schätzte die Diebin ihn auf Mitte dreißig. Die Kleidung, die er trug, war zerschlissen und wettergegerbt, sein Haar lang und unordentlich. Sie vermutete, dass er viel Zeit unterwegs verbrachte. Allerdings waren im Gegensatz zu vielen anderen der Gäste seine Augen klar und wach. Vor ihm auf dem Tisch stand bloß ein Teller mit Brot.

Feuertänzerin - Erbin der FlammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt