Jogginghosen und Kontrolle über das Leben

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Wow. Das tat echt weh.

Ich glaube, ich hab mir was gebrochen. Wie tief bin ich eigentlich gefallen?

Nichts, worüber ich mir normalerweise Gedanken machen würde, um ehrlich zu sein. Ich bin ein recht vorsichtiger Mensch.

Das macht mein Leben zwar auch ein bisschen langweilig, aber ist okay, schätze ich. Alles hat seinen Preis, wie man so schön sagt.

Mam meinte zu mir, wenn ich irgendwo runter falle, soll ich mich nicht bewegen und Hilfe holen – gerade wäre das tatsächlich auch etwas, was nicht schaden könnte, weil mein Körper höllisch wehtut; blöderweise habe ich gerade heute mein Handy zuhause gelassen, weil es laden musste. Der Akku macht manchmal Zicken. Ich hielt es nicht für so wichtig, es mitzunehmen, als ich diesen lost place zum fünften Mal besuchen ging. 

Jetzt gerade verwünsche ich mich schon dafür. Tja, eigene Dummheit?

Ich atme ein paar Mal tief ein. Es schmerzt, aber nicht übermäßig sehr. Meine Beine kann ich auch noch bewegen, also scheint es meiner Wirbelsäule gut zu gehen. Dann sollte ich ja…

Mit einem leisen Stöhnen setze ich mich auf und schaue hoch. Was Schätzen angeht, bin ich ne Niete, ehrlich, aber das waren definitiv mindestens sieben Meter.

Wie kann ich mir so wenig getan haben?

„Hey!“ 

Das Gesicht einer Person taucht oben an der Wand auf. Eines Jungen, um genau zu sein. Wo kommt der denn jetzt bitte her? Eben war da noch keiner.

„Hast du dir was getan?“

„Äh“, meine ich. „Ich glaube nicht?“

„Sicher? Warte, ich komme runter.“ 

Schon ist er weg. Kurz darauf ist er allerdings wieder da, diesmal neben mir, und hält mir eine Hand hin. Als ich sie ergreife, zieht er mich hoch und mustert mich. Er ist kleiner als ich, etwa in meinem Alter, trägt eine hübsche Kette und seine blonden Haare hängen ihm etwas in die Stirn. Abgesehen davon schaut er mich besorgt an.

„Du bist runtergefallen, oder?“

Ich nicke. „Und?“

„Dir geht es gut?“

„Sieht man doch.“ Ich klopfe mir den Staub von der Kleidung. Leider sieht man den trotzdem noch auf dem Schwarz, ganz zu schweigen von den Pflanzenresten, die jetzt überall festhängen. Ich werde Mum bitten müssen, ihn zu waschen.

Der Junge mustert mich kritisch. „Du bist sieben Meter gefallen und willst mir weismachen, dass dir nichts fehlt?“

„Naja, es tut schon irgendwie weh? Wahrscheinlich hab ich mir die Rippen geprellt oder sowas“, gebe ich zu.

Er schaut amüsiert und lächelt. „Unglaublich.“

„Meh“, mache ich nur und zucke mit den Schultern. Ich bin eher froh, dass nichts passiert ist.

Nach ein paar Sekunden des Schweigens, in denen nichts passiert, wird die Situation unangenehm und ich versuche, ihr zu entkommen, indem ich mich – sehr unauffällig – an ihm vorbeiquetsche. Mit einem flüchtigen „Also dann, danke? Tschau“ wende ich mich auch gleich zum Gehen. Damit gibt er sich aber nicht zufrieden und läuft hinter mir her.

„Ich bin Milan“, bemerkt er ungefragt. Wahrscheinlich soll das sowas wie ein Annäherungsversuch sein. Es wäre unhöflich, nichts zu sagen, oder?
„Äh, ich bin… Fabian“, stelle ich mich daraufhin knapp vor. Und nicht daran interessiert, deine Bekanntschaft zu machen.

UNNAMEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt