Eine kleine Begegnung

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So gut wie jeder Schüler wird mir Recht geben, wenn ich sage, dass das Aufstehen morgens früh das Schlimmste an der Schule ist.

Ehrlich, ich würde sie nur halb so viel hassen, wenn sie um, was weiß ich, halb zehn oder so anfangen würde. 

Tut sie aber nicht.

Dementsprechend stehe ich um kurz vor sechs auf, ziehe mich an und packe meine Tasche. Nicht, ohne mich zwei Mal zu vergewissern, dass ich auch beim richtigen Tag bin und alles dabei habe. Ich bin vergesslich. 

Der Rucksack drückt unangenehm gegen die Hügel an meinem Rücken. Sind sie größer geworden? 

Hoffentlich ist es nichts Ernstes und geht bald weg, ansonsten frage ich vielleicht Mam mal, was es sein könnte.

Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich gut in der Zeit liege.

Meine Mütter schlafen wohl noch, so wie meistens. 

So leise wie möglich ziehe ich die Türe hinter mir zu. 

Nein, ich esse morgens nicht. Schon gar nicht so früh, davon wird mir schlecht. Außerdem bekomme ich während der Schule eh keinen Hunger, also was soll’s. 

Die langweilige Busfahrt übersteht man gut, wenn man sein Handy dabei hat. Einfach irgendwelche Minigames spielen, Subway Surfers oder so eben. Denn wenn ich das nicht machen würde, wäre das öde Geschockel des Busses, der über Schlaglöcher hüpft, sehr einschläfernd. Und dann könnte es ja möglicherweise sein, dass ich die Bushaltestelle an der Schule verpasse. Wäre natürlich sehr schade.

Der Unterricht ist eintönig. Ich habe eigentlich nette Lehrer, aber sie können allesamt nicht mit Technik umgehen, abgesehen von meiner Deutschlehrerin.

Das heißt: Sport – Basketball, nicht so meins. Ich bekomme den Ball zwei Mal gegen den Kopf und habe Zweifel daran, dass das keine Absicht war. Geschichte – Frontalunterricht, Aufgaben aus dem Buch zum Thema Novemberrevolution. Englisch – Besprechung der Lektüre, die ich nicht gelesen habe. Ernährungslehre – Erarbeitung des Fettstoffwechsels in Kleingruppen. Sehr interessant. Ich wollte schon immer wissen, dass Triglyceride aus Glycerin und drei verschieden langen Kohlenstoffketten bestehen. Mathematik – Stochastik. Blah.

Lief doch eigentlich ganz gut heute. Trotz dass ich ständig Ausschau nach Milan gehalten habe – schließlich ist er bestimmt keine 18 und das ist die einzige Schule im Umkreis – habe ich ihn nicht entdecken können. Schade. 

Auf dem Weg zurück zur Bushaltestelle sehe ich Noah, Max und Jana in einer Ecke stehen. Sieht aus, als hätten sie jemanden eingekesselt. Vielleicht lassen sie mich dann ja mal in Ruhe. Gerade will ich mich wegdrehen und weitergehen, als ich erkenne, dass es Milan ist, den sie bedrängen. Ihn kann ich ja wohl nicht einfach ignorieren, oder? Seufzend nähere ich mich der Gruppe und melde mich zu Wort. „Hey.“

Noah dreht sich um. Er schaltet schnell, wer ich bin, und grinst. „Was willst du denn jetzt hier?“

Ich nicke zu Milan. „Ist er neu oder was wollt ihr von ihm?“

„Verzieh dich, Fabi“, wirft mir Max an den Kopf. „Geht dich nix an, oder willst du eins aufs Maul?“
„Du kannst es ja mal versuchen, du Lauch.“ Genauso verächtlich wie er schaue ich ihn an, während er auf mich zukommt. Automatisch spanne ich mich an und behalte ihn fest im Blick. 

„Wieso gehst du nicht nach Hause zu deinen Schlampen? Ohne dich ist kein Schwanz da, den sie lutschen können.“

Etwas in mir explodiert und ich sehe rot. Gut, dass Max mittlerweile in Reichweite ist. Blitzschnell landet meine Faust in seinem Gesicht, sodass er zurücktaumelt. „Sag das nochmal“, fauche ich ihn an, „und ich bringe dich um.“ 

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