Umgelegter Schalter

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Mein Schalter war umgelegt. Nein, nicht nur umgelegt, er war durchgebrannt. Man würde ihn nie mehr zurücklegen können. Ich würde ihn nie mehr zurücklegen können. Doch nicht ich war es, die ihn zerstört hatte. Mein Herz hätte geschmerzt, wenn ich denn noch etwas gefühlt hätte, aber in mir war alles kalt. Jedes Gefühl war eingegangen, wie eine vernachlässigte Pflanze. Nur das Gefühl, der kalten Berechnung war geblieben. Mein Blick fixierte den Mann, während ich weiter auf die Bar der Kneipe zuhielt. Er war ein einfacher Mann, nichts besonderes. Auf den ersten Blick. Doch wenn man seine Akte kannte, so wie ich es tat, würde sich wohl niemand mehr neben ihn setzen.
„Einen Gin Tonic, bitte!", rief ich dem Barkeeper zu und lehnte mich auf den Tresen. Ich wusste, dass er mich ansah. Nicht umsonst hatte ich dieses aufreizende Kleid angezogen, das ich so abgrundtief hasste. Aber hier und jetzt ging es nicht um mich, sondern um den Mann, der mich immer noch ansah, als ich an meinem Getränk nippte. Also sah ich ihn an und warf ihm ein charmantes Lächeln zu.
„Kennen wir uns?", fragte er mit schwerer Zunge und englischem Akzent. Gut, er war bereits angetrunken, ich würde ein leichtes Spiel haben.
„Nein", flüsterte ich und sah ihm tief in die Augen. „Aber das ließe sich ändern."
Seine Pupillen weiteten sich und bekamen diesen speziellen Glanz. Gut, er hatte angebissen.
„Ich kenne ein nettes Lokal", nuschelte er weiter.
„Das hört sich wundervoll an", säuselte ich mit einem schiefen Grinsen. Ich leerte mein Glas und stellte es ab. Auch er leerte sein Getränk in einem Zug, rief nach der Rechnung und war so frei auch die meine zu zahlen. Dann wankte er zur Tür. Ich folgte ihm in eine der dunklen Gassen mitten in London. Ich ließ es zu, dass er mich gegen die kalte Wand aus rauen Ziegelsteinen drückte und mich versuchte meines Kleides zu entledigen. Ich hatte nicht mal den Anstand Mitleid mit ihm zu haben. Meine Hand wanderte zu meinem Oberschenkel, tastete nach dem kalten Metall, das sich an meine Haut schmiegte. Meine Finger legten sich mit gewohnter Präzession um den altbekannten Griff. Ohne weiter Zeit zu verschwenden zog ich meine Waffe, hielt sie dem widerwärtigem Mann an die Brust und drückte ab. Der Schuss war leise, dank des Schalldämpfers an meiner Pistole. Und trotzdem hallte die Vibration durch meinen ganzen Körper. Adrenalin schoss durch meine Adern und erzeugte den geliebten Rausch. Der schlaffe Körper des toten Mannes glitt von mir und sackte zu Boden. Ich atmete einmal tief durch, während sich ein Lächeln auf meinen Lippen ausbreitete. Auftrag erledigt.

His SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt