Dort saß er. Stillschweigend über ein Buch gebeugt. Höchst konzentriert blickte er auf die Seiten. Lies seine Finger über diese gleiten und hoffte inständig, sich bald diesen faden Stoff eingeprägt zu haben.
Sie hingegen saß ihm gegenüber, blickte auf ihre Fingernägel und lauschte der Stille.
Für jeden bedeutete diese etwas anderes.
Das zeigte ihr das Leben immer und immer wieder zu gerne auf. Tauchte die tristesten Momente in Farbe und zeigte ihr so viel Neues in dieser Welt. Dafür war sie meist noch gar nicht bereit, doch dies kümmerte das Leben nicht.
Auch vor ihr lag ein Buch, doch im Gegensatz zu ihrem Gegenüber handelte es sich hierbei um keinen Lehrstoff. Nun blickte auch sie wieder auf die Seiten herab und begann zu lächeln.
Gerade eben musste sie noch an das Vergangene denken, wenn das hier doch die Wirklichkeit war.Die Stille wurde durchbrochen, erst jetzt bemerkte er, dass sich wohl jemand auf den Stuhl vor ihm gesetzt hatte. Er blickte dieses Mädchen an, denn aus irgendeinem Grund hatte dies zu schmunzeln begonnen.
Wie sehr es ihn doch interessiere, worüber sie lachte, dachte er in diesem Moment, welcher nicht unbeschwerter auf den Außenstehenden hätte wirken können.
Er blickte sie an und fragte sich still und heimlich, was sie wohl dazu verleitet hatte, sich in diese alte Bücherei zu begeben.
Sie stützte ihren Kopf mit ihrer Hand ab, eine Geste, die ihm nur allzu bekannt vorkam.
Mit einem Lächeln blickte er wieder in das Buch vor ihm, in diesem Moment schienen die farblosen schwarzen Buchstaben darin geradezu lebendig auf ihn zu wirken.Sie jedoch blätterte die Seite in ihrem Buch um.
Schon wieder war ein Kapitel vergangen, ohne dass sie es bemerkt hatte.
Mit einem enttäuschten Schnauben klappte sie das Werk vor sich zu.
Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, dass sie sich immer noch in dieser Bibliothek befand und ihr Schnauben hier sicherlich keinen guten Ruf genießen würde.
Sie blickte auf, blickte direkt in ein strahlendes Augenpaar. Der Junge ihr gegenüber musste in etwa in ihrem Alter sein, doch die wichtigere Frage, die sie sich stellen sollte, war doch eher, wieso sie denn darüber nachdachte?
Seine Augen sind wie das Meer, die Tiefe kaum beim ersten Mal zu ergreifen, doch immer und immer wieder ein Versuch wert, schoss ihr durch den Kopf.Sie ist wie die Sonne, strahlend, scheinend, unverzichtbar, dachte er im selben Moment. Nur wegen des süßen Geräuschs, welches sie zuvor von sich gegeben hatte, blickte er nun in das strahlende Goldbraun.
Sie wand den Blick ab, mit einem Moment war ihr selbst ihr eigenes Starren regelrecht zuwider, sie griff nach ihrem Rucksack und dem Buch. Dann stand sie auf.
So selbstverständlich wie sie gekommen war, verließ sie den Raum, doch nicht ohne sich noch einmal umzudrehen und in die wunderschönen Augen des Fremden zu blicken.Ich werde nächste Woche zur selben Uhrzeit hier sein, schwor sich dieser in diesem Moment.
Sie hingen, schwor sich, nächste Woche zur selben Zeit wieder hier zu sein.
Vielleicht wird er die Stille brechen, hoffte sie.
Vielleicht reden wir dann miteinander, hoffte er.
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Maybe next time
Short StoryDie Stille ist ein wohliger Ort. Gezeichnet von Gedanken und Träumen. Möchte man sich schwerelos fühlen, flieht man in die Stille, so lade ich dich ein: Komm mit mir auf Reisen und erkunde eine besondere Stille. ----------------------- Anfang: 22. J...