Abwesendheitsvertretung 27.07.2007

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Heute war in der Uni der Lateinunterricht anders als sonst. Die Dozentin wirkte abwesend, nicht ganz bei der Sache.

Frau Dr. Hofmann war sonst sehr perfektionistisch, doch heute war alles anders. Die Schminke war verschmiert, die Sachen waren zerknittert und ihre Hände zitterten.

Ich hatte zu Frau Dr. Hofmann ein recht guten Draht, daher nutzte ich meine Chance des vorzeitigen Endes der Vorlesung, um mit ihr zu sprechen.

Aus den Gesprächen ergab sich, dass Frau Dr. Hofmann gerade eine sehr schwere Trennung von ihrem jezornigen Mann durchstehen müsse. Aufgrund der Fortbildung in der nächsten Woche weiß sie nicht, wer ihre zwei Kinder hüten soll. Über das Wochenende bis Mittwoch vormittag habe sie bereits die Kinder bei der Nachbarin unterbringen können.

Ich sagte zu ihr, wenn die Uni nicht wäre, so würde es mir nichts ausmachen, für ein paar Tage ihre Kinder zu beaufsichtigen.

Frau Dr. Hofmann sagte nur; "Du schreibst so gute Noten, hast eine schnelle Auffassungsgabe und schlau bist du auch. Deine Abwesenheit werde ich mit dem Rektor besprechen. Natürlich möchte ich Dir Deine Zeit auch vergüten, aber darüber reden wir wenn Du möchtest heute Abend gegen 18.30 Uhr bei mir daheim. Da kannst Du Tim und Sophie kennenlernen."

Gern war ich bereit Frau Dr. Hofmann zu unterstützen. Nicht nur, weil ich das Geld dringend brauchte, sondern weil sie mir auch sehr sympathisch war.

Die Uni verlief eigentlich wie immer. Es gab solche und solche mit- Studierenden. Einige hatten Lust und wollten lernen, die anderen waren nur wegen der günstigen Speisen und Getränke da.

Ich fuhr heim, machte mir die ganze Zeit Gedanken, was mich wohl bei Frau Dr. Hofmann erwarten würde. Ich duschte, trank noch ein Kaffee und aß noch eine Kleinigkeit.

Pünktlich um halb sieben am Abend traf ich bei Frau Dr. Hofmann ein. Sie bat mich in ihr Haus und sagte; "Du kannst mich gern Meike nennen. Aber bitte nur außerhalb der Uni. Leg ruhig erstmal alles ab, die Kinder sitzen im Wohnzimmer und schauen das Sandmännchen."

Meike und ich gingen erstmal in die Küche.
Aus dem Kühlschrank nahm sie eine Flasche Wein und wir machten es uns erstmal in der Sitzecke gemütlich.

Als wir dann zu dem Thema der Kinder und anstehenden Arbeiten gekommen sind, kam mir der Gedanke, ob es eine gute Idee war, dem Babysitter zu spielen.

"Ich habe zwei Kinder, wie Du sicher weißt.
Tim ist 4 Jahre alt und Sophie ist 11.
Beide sind vom Charakter her äußert unterschiedlich.

Sophie ist durch ihre geistige Behinderung und die Entwicklungsstörung eher ruhig. Oftmals ist sie in sich gekehrt und macht den Eindruck als sei sie nicht da. Sophie bekommt aber alles um sich ganz genau mit, kann sich wenn sie will in das Geschehen integrieren. Am meisten Freude hat sie in der Natur und mit Tieren.
Sophie besucht eine Schule für Menschen mit besonderen hilfsbedarf.

Tim ist ein sehr aufgewecktes Kind.
Gern beschäftigt er sich mit Modellbau selbst oder bastelt. Häufig vergisst er die Welt um sich und vergisst sich um seine Bedürfnisse zu kümmern. In letzter Zeit war es zu beobachten, daß Tim eifersüchtig auf Sophie ist.

Es ist klar, Tim muss eher ins Bett als Sophie.
Sophie darf andere Sachen trinken und essen.
Ganz schlimm ist es, dass Sophie mit Sachen für ältere Kinder spielen dürfte."

Meike holte gerade eine Liste mit den Tagesabläufen der Kinder. Fast eine ganze DIN A4 Seite umfasste die Liste;

"-5.45 Uhr
Sophie wecken, Windel abnehmen und auf Toilette setzen.
(Vermutlich wird Sophie kein AA machen, aber du kannst es Ihr anbieten.)

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 30, 2022 ⏰

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