Sie lachte. Es regnete und sie stand lachend und völlig durchweicht vor ihrem Haus, die Sommersprossen auf ihrem, dem Himmel zugewandten, Gesicht tanzten mit dem Regen um die Wette. In Zeiten wie diesen verstand er seine Schwester noch weniger als sonst. Er schaute sicher, von der trockenen Veranda aus, seiner nicht mehr ganz so kleinen Schwester zu, wie sie schon seit zehn Minuten in dem prasselnden Regen stand.
Sie drehte ihren Kopf zu ihm. Ihre blau leuchtenden Augen bohrten sich in seine gleichfarbigen. Sie sprühten und funkelten vor purer, reinen Freude. Klar als Kinder hatten sie das ständig gemacht, jedoch konnte er nicht verstehen, wie sich seine Schwester immer noch dafür begeistern konnte. Ein Lächeln so breit, dass man weiße Zähne, wie die Blitze vor dem dunkelgrauen Himmel, aufblitzen sah. Ein einziges Wort, geformt mit ihren Lippen, dazu diese strahlenden Augen. Komm.
Zögernd stieg er die Terasse herunter. Er zuckte zusammen, als der kalte Regen auf seine warme Haut traf. Ihr Lächeln wurde noch breiter. Da stand er nun und wusste nicht recht was er tun sollte. Seine Schwester neben ihm begann auf einmal laut zu singen. "On top of the world" von Imagine Dragons. Es war schief und sie traf absolut keinen einzigen Ton. Aber ihre Freude schien ihn anzustecken. Ein vorsichtiges Lächeln schlich sich auf seine Lippen, flüchtig und bereit jeden Moment wieder zu verschwinden, fast so als wüsste es gar nicht mehr was es überhaupt hier zu suchen hatte. Er stand immer noch etwas verloren im Regen. Ihm war kalt. War ihr nicht kalt?
Auf einmal fing sie an zu tanzen. Sie rutschte ein paar mal aus, da der Boden nun total matschig geworden war. Aber auch das schien sie nicht zu interessieren. Er wollte sich schon umdrehen und wieder reingehen. Was machte er hier eigentlich? Da packte sie plötzlich seinen Arm. Sie unterbrach kurz ihren Gesang: "Tanz mit mir!" Zögernd nahm er ihre Hand und wollte mit einem klassischen Walzer anfangen. Was man nicht alles für die Familie tut. Doch sie unterbrach ihn. "Doch nicht so!" Plötzlich fing sie an irgendwelche komischen Verenkungen zu machen und durch den Schlamm zu hüpfen. "Das ist doch nicht tanzen." Sagte er ungläubig. "Ach ja? Mach es besser. Aber nicht den komischen klassik Scheiß." In seiner Ehre gekränkt fing er an sich zu bewegen. Zögerlich ließ er probeweise die Arme an seinem Körper kreisen. Es sah bestimmt albern aus, allerdings lachte sie ihn nicht aus, sondern nickte ihm ermutigend zu bevor sie ihren Tanz wieder aufnahm. Begleitet von ihrem schiefen Gesang wurden seine Bewegungen mutiger und ausholender. Das Lächeln schlich sich wieder zurück auf sein Gesicht.
Er wusste nicht was er da tat oder warum aber in diesem Moment war es ihm auch egal. Es war komisch und sah bestimmt von außen betrachtet sehr merkwürdig aus, aber das war nicht wichtig. Seine Schwester hüpfte neben ihm im Regen und sang lauthals, während er von einer Seite zur anderen wippte. Plötzlich brach etwas aus ihm heraus. Erschrocken wollte er kurz stehen bleiben, bis er merkte, dass es einfach nur sein Lachen war. Laut und ungebremst perlte es auf einmal aus ihm heraus. Er konnte gar nicht mehr aufhören. Seine Schwester stimmte mit ein. So tanzten sie lachend durch den Regen. Es war ein befreiendes Gefühl.
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Kurzgeschichten
PoesiaEinfach nur meine Art Gedanken und Gefühle freien Lauf zu lassen und nebenbei das Schreiben noch ein bisschen zu üben. Schnuppert gerne rein wenn ihr wollt oder lasst es bleiben. :)