Gartenträume

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P.o.V. Kim

Ich spüre etwas weiches unter mir. Müsste ich nicht auf hartem Waldboden erwachen.

Nein. Wolfi. Ich erinnere mich.

Oh Gott, ist das peinlich...

Ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht steigt und sich mein Herzschlag beschleunigt.

Nicht dran denken. Erst einmal muss ich herausfinden, wo ich überhaupt bin.

Ohne die Augen zu öffnen, taste ich mich vorsichtig durch meine Umgebung.

Leder. So riecht es auch. Also eine Couch? Aber ich habe kein Zimmer, wo ich ein solch großes Möbelstück hinstellen könnte. Wo bin ich? Und wie komme ich hierher?

Vorsichtig öffne ich ein Auge und schaue mich verstolen im Zimmer um.

Mein erster Gedanke: Riesig...

Allein dieses Zimmer ist beinahe zehn mal so groß, wie mein Schlafzimmer. Ich liege auf dem großen weißen Sofa in der Mitte des Raumes. Davor steht ein kleiner gläserner Tisch und um diesen herum, zwei weitere Sessel. Ungefähr zehn Meter, von mir entfernt, hängt ein Fernseher. Oder eher ein Kino im Wohnzimmerformat. Die gesamte Wand links davon ist verglast und eine Tür, ebenfalls verglast, führt in einen wunderschönen, von kleinen Strahlern beleuchteten und auch extrem großen Garten.

Verzaubert von diesem Anblick, richte ich mich langsam auf und laufe auf die geschlossene Terrassentür zu. Als ich den weißen Griff vorsichtig hochdrücke, ertönt ein seltsames und nicht-gesund klingendes Brummen und kurz darauf ein weiteres, als ich die Tür öffne.

Ich beachte es gar nicht und gehe einige Schritte über die Terrasse, bis ich unter meinen Füßen das kalte weiche Gras spüre. Genüsslich schließe ich die Augen.

Lange Zeit habe ich mich der Natur nicht mehr so verbunden gefühlt.

Es ist... der Wahnsinn.

Sofort reagiert der Wolf in mir. Ein Gefühl von Freiheit und Stärke erfüllt meinen Körper und läuft mir als angenehmer Schauer über die Haut.

Ein sachter Windstoß lässt mich frösteln und meine Augen wieder öffnen.

Zugleich ist dieses schöne Gefühl verschwunden, was ich mit einem geräuschvollem Seufzer kritisiere. Nun wende ich mich aber dem Garten wieder zu.

Ich stehe nun vor einem großen, mit Rosen bewachsenen Bogen, der wahrscheinlich als Eingang dient.

Ehrfürchtig trete ich ein.

Der, sich mir bietende Anblick raubt mir den Atem.

Es sah ja schon von außen gigantisch und wunderschön aus, aber DAS übertrifft alles.

In der Größe von einem halben Fußballfeld erblicke ich eine bezaubernde Welt. Hauptsächlich Rosen schmücken hier die Umgebung. In der Mitte, natürlich drumherum von großen blutroten Rosen begrenzt, steht ein beleuchteter Brunnen, der aussieht als wäre er eine Requisite aus einem der Prinzessinnen-Barbie Filme.

Als ich weitergehe entdecke ich, in einer der vielen Ecken, einen hübschen Pavillon, an dem sich ebenfalls Rosen, verschiedener Farben, einen Weg zur Dachspitze gebahnt hatten.

Episch...

Auf der gegenüberliegenden Seite steht eine gemütlich aussehende Hollywood-Schaukel, die mit farblich passenden Kissen bestückt ist und leicht im lauen Wind hin- und herschaukelt.

Etwas so schönes habe ich lange nicht mehr gesehen.

Durch die Ablenkung habe ich gar nicht bemerkt, wie ich immer schwächer werde. Immernoch eine Nachwirkungen des zu hohen Engieverbrauchs. Ich sollte mich vielleicht noch ein bisschen ausruhen.

Plötzlich überkommt mich eine besonders intensive Welle der Schwäche und bringt auch die schrecklichen Kopfschmerzen mit, jedoch abgeschwächt.

Gerade als meine Beine nachgeben wollen, werde ich von hinten hochgehoben und in eine dicke Decke gerollt.

„Auf dich muss man auch immer aufpassen...“, seufzt die bekannte Stimme von hinten in mein Ohr.

Er überrascht mich immer wieder...

Ohne das ich es wirklich mitbekommen habe, liege ich plötzlich in den Armen meines Stalkers, bin jedoch zu erschöpft um zu diskutieren. Ich kann mich sowieso, unter dem Deckenberg nicht wehren. Also lasse ich meinen Kopf an seine Schulter sinken und genieße einfach die Sonderbehandlung.

Behutsam setzt mich Wolfi auf der Hollywood-Schaukel ab, drückt mir eine heiße Schokolade „a la Wolfi“ (also mit fett Schlagsahne und Marshmallows oben drauf) in die Hand und lässt sich dann neben mir nieder. Wirklich dankbar, schenke ich ihm ein sanftes Lächeln und nehme einen Schluck des süßen Dickmachers. Da meine eingerollten Füße bei den leichten Schwingungen auf dem Boden schleifen, hebe ich sie mit auf die Schaukel und platziere sie zwischen mir und ihm.

So sitzen wir einige Minuten schweigend da und genießen den provisorischen Frieden.

Ein feuerrotes Fellkneuel erregt meine Aufmerksamkeit, als es galant hinter dem nächsten Rosenbusch verschwindet.

Wolfi ist es anscheinend auch aufgefallen, da er einen genervten Gesichtsausdruck aufgesetzt hat. Dazu brabbelt er noch etwas unverständliches, das sich so anhört wie „Sie gehört mir.“, gibt dann aber Ruhe, was ich als... (nennen wir es mal...) Erlaubnis auffasse, ihn zu mir zu rufen.

„Na komm schon her, Pico.“ sage ich mit leiser brüchiger Stimme, in der Gewissheit, dass er mich deutlich hören kann.

Wie ein Blitz kommt er aus seinem Versteck herausgeschossen und plaziert sich auf meinem Schoß.

Mit der freien Hand schreiche ich sanft durch sein dichtes Fell und merke, wie mich, mit der Zeit, die Müdigkeit bezwingt.

Bevor meine Augen ganz zugefallen sind, blicke ich noch einmal durch diesen beeindruckenden Garten.

Rosen...

Rosen....

Giftgrüne, gefährlich blitzende Augen.....

Rosen...

Alles ganz normal.

Damit schlafe ich ein.

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Hallöle Leutchens,

ich weiß, dass dieses Kapitel mal zum Sterben langweilig ist... So viel Beschreibung und so... Aber das nächste wird besser, das verspreche ich.
(Besonderer Vermerk auf giftgrüne „ganz normale“ Augen im Rosenbusch.)

Ihr dürft gespannt sein.

Eure Lia <3

Wolf InsideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt