Landung

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Tiefschwarzer Rauch hüllte die Kabine ein. Die Art von Rauch, die Menschen erstickt, die Himmel verdunkelt und die man lieber beim Aufsteigen aus dem Schornstein beobachten möchte, statt in einem Flugzeug. Schreie gellten auf allen möglichen Tonlagen und Höhen durch die immer dunkler werdenden Schwaden. Der Passagier rechts von mir zappelte so wild mit den Händen und Füßen das er mich im Gesicht traf ohne es scheinbar auch nur wahrzunehmen; die Dame links von mir dagegen hatte dem Anschein nach die Hände gefaltet und betete.

Langsam neigte sich die Spitze in Richtung des sich rasend schnell nähernden Grundes, wobei das bis gerade eben noch anhaltende, beinahe schöne Gefühl der Schwerelosigkeit der erschreckenden Gravitation wich. "Nach hinten!" Schoss es mir durch den Kopf. Nach hinten ganz ins Heck. Dort überlebt man am ehesten hatte mir mein Onkel noch lachend eingebläut bevor wir uns auf die unheilige Reise begaben. Welch Ironie, dass der scheinbar sinnloseste Ratschlag nun der entscheidendste zu werden schien.

Um das Gefühl der Hilflosigkeit zu entkommen schnallte ich mich ab, ohne auch nur einen Blick der anderen Passagiere auf mich zu ziehen. Rasch versuchte ich meine Schwester ebenfalls abzuschnallen, doch Maya reagierte nicht. Ihre Augen waren glasig und auf der Rückenlehne vor ihr schien sie ihr Leben ablaufen zu sehen. "Maya!" Schrie ich, den Lärm, den Wind und die Schreie der anderen niederkämpfend. "Maya, hör mir zu!" Rief ich ein weiteres Mal Sinnlos in ihre glasigen Augen, die starr die Rückenlehne vor ihr anstarrten. "Wir müssen nach hinten." Schrie ich schon beinahe heiser mit Tränen in den Augen. Panik versuchte meine bis jetzt so gefasste Konstitution aus dem Gleichgewicht zu bringen. Endlich gelang es mir den Gurt loszumachen, woraufhin sie mir geradezu in die Arme flog, getrieben von der Schwerkraft, die von der nun noch bedrohlicheren Steillage hervorgerufen wurde, welche das Flugzeug erreicht hatte.

Sie in den Armen haltend versuchte ich den Gang hochzuklettern. Ein unmögliches Unterfangen. Die Steillage wurde immer größer, der Gang schien immer mehr einer Felswand zu gleichen und Koffer, Dreck und ein Servierwagen flogen mir entgegen.

Alleine hätte ich mich vielleicht noch an den Streben hochziehen können, die die Sitze verankerten, doch mit einer dreijährigen auf dem Arm schloss sich diese Option aus.

Dann ruckte es. Ein weiteres Mal. Langsam, ganz langsam begann das Flugzeug sich scheinbar zu fassen. Die Nase richtete sich geradezu in Zeitlupe auf und der Rauch wich langsam. Die Schreie verstummten langsam. Lediglich das Murmeln der Gebete meiner Sitznachbarin erreichte meine Ohren noch.

Ich wagte kaum zu atmen. Langsam ging das Flugzeug wieder in die Waagerechte und mir wurde bewusst, dass ich auf dem Boden des Flugzeuges lag, mit der einen Hand die Strebe umklammernd, mit der anderen meine, inzwischen aus dem Schock erwachte und leise weinende Schwester, haltend.

Auf wackeligen Knien stand ich auf und wagte kaum zu atmen. Ich sah den Gang entlang in Richtung Cockpit, aus dem gerade eine junge Stewardess hervorgewankt kam, welche sich schief lächelt an die Passagiere wandte und ihnen Mut zusprach. Schließlich stand sie vor mir, während ich noch immer auf das nächste Absacken wartete und den Gang blockierte. "Entschuldigen sie, aber wären sie so gut sich wieder auf ihre Plätze zu begeben? Es gab nur leichte Turbulenzen, aber alles wieder unter Kontrolle!" Strahlte sie mich schief an und versuchte meinen Arm zu packen und mich zu meinem Platz zu führen.

Mit einem unwilligen Schütteln meines Armes wurde ich sie wieder los, was dafür sorgte, dass ihr falsches Grinsen von einem kurzen unzufriedenen Schmollmund unterbrochen wurde, bevor sie wieder in ihre alte Rolle fiel.

"Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich muss sie bitten sich wieder auf ihren Platz zu begeben." Erklärte sie mir in einem schärferen Tonfall. Langsam regte ich mich nun, da ein weiteres Motorenheulen ausblieb und es schien, als sei das übelste Überstanden. Ich sah knapp auf meinen und Mayas Platz und wollte mich schon auf eben diesen begeben, als mich eine Stimme im hintersten meines Kopfes zögern ließ. "Natürlich Ma'am, verzeihen sie." Meinte ich mit einem reumütigen Ausdruck im Gesicht, der ihr Gesicht sofort erweichen ließ. "Wir wurden ein wenig durchgeschüttelt und sind den Gang hinab gepurzelt, aber selbstverständlich gehen wir augenblicklich zurück." Wie auf Kommando drehte in diesem Augenblick meine Schwester ihren Kopf in ihre Richtung und guckte sie aus solchen Kulleraugen an, dass die Stewardess, wie so viele andere vor ihr, verzückte Laute von ihr gab und der sie zu einem willigen Spielzeug meiner kleinen Schwester machte. Sofort kramte sie in ihrem Kleid und förderte ein halbes Dutzend Bonbons hervor welche sie ihr in die kleinen Hände drückte, während ich langsam rückwärtslief und ihr zusicherte, dass wir uns nun unverzüglich auf unsere Plätze begeben würden, die ganz im Heck des Flugzeuges seien, aber nicht ohne, dass sie sich vorher erst noch felsenfest davon überzeugte, dass wir die Purzelei auch unverwundet überstanden hatten. Schließlich stand ich, meine Schwester, die nun ausgesprochen damit beschäftigt war sich die Bonbons in den Mund zu schieben ohne dass diese hinabfielen, immer noch tragend ganz am Ende des Ganges und überlegte, was mich geritten hatte mich ausgerechnet hierher zu begeben.

Port SûrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt