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"Setz dich bitte.", forderte mich meine Mutter auf. Ich erkannte, dass sie sehr sauer auf mich war. Ich ging auf die Couch zu und setzte mich langsam auf das grüne Polster. Ich blickte sie nicht an. "Rede bitte mit mir, Mila. Was ist los mit dir?" Ich überlegte, was ich sagen sollte. Die Wahrheit? Nein, besser nicht. "Ich...ich kann nicht. Es tut mir leid.", stotterte ich. "Mila ich mache mir Sorgen. Hast du jemanden gefunden? Du kannst mit mir darüber reden. Ich bin die letzte, die dir eine Beziehung verbieten würde.", sie blickte mich nun nicht mehr so böse an. Sollte ich ihr einfach sagen, dass ich jemanden kennengelernt habe? Vielleicht würde sie dann die Sache auf sich beruhen lassen. "Okay...", ich räusperte mich, "Ja, du hast recht. Ich habe jemanden kennengelernt.", mein Herz pochte, als ich an Kaja dachte. "Wie heißt sie oder... er?", erstaunt sah ich meine Mutter an. "Aber..., woher weißt du-", ich konnte meinen Satz nicht beenden, da mich meine Mutter unterbrach."Mila, du bist mein Kind. Niemand kennt dich so gut wie ich. Ich liebe dich und mir ist das so egal, ob du einen Mann oder eine Frau mit Nachhause bringst. Ich möchte, dass du glücklich bist und in erster Linie möchte ich, dass du mit mir redest. Nein besser, dass du weißt, dass du mit mir reden kannst.", mit diesen Worten zog sie mich in eine feste Umarmung. "Vielleicht lerne ich die Fremde ja mal irgendwann kennen.", flüsterte sie mir ins Ohr. Ich musste grinsen. Ich löste mich aus der Umarmung und sah meine Mutter an. "Tut mir leid, Mama. Ich wollte dir keine Sorgen bereiten. Das war wirklich nicht meine Absicht.", sagte ich. "Es ist okay. Ich möchte trotzdem nicht, dass so etwas wie heute noch einmal vorkommt. Bitte lass das eine einmalige Sache gewesen sein, Mila Kant." ich nickte und entschuldigte mich noch einmal und drückte meine Mutter zum Schluss, dann flitze ich in mein Zimmer und griff zu meinem Handy. Ein Blick auf den Bildschirm zeigte mir, dass etwas in der Klassengruppe los war. Ich öffnete den Chat und runzelte die Stirn. Alle redeten von einer Klassenfahrt. Hatte ich etwas verpasst? Ich schrieb sofort Leni.

"ey, sag mal. was reden die den alle von einer klassenfahrt?"

"ohhh sorrryyyy. das war alles so aufregend heute morgen mit deine ma und so. das hatte ich komplett vergessen zu erzählen. wir fahren in einem monat auf klassenfahrt. du warst ja die erste doppelstunde nicht da, da wurde uns das mitgeteilt."

"wo gehts hin? welche lehrer kommen mit?"

"wir fahren an die nordseite und frau winter und herr harlich kommen mit. ich glaub die beiden sind mega entspannt. ich freuu mich milaaaaaaa!!!!!"

"ahh, gut zu wissen. ich freu mich auch."

Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht wirklich, ob ich mich freute. Auf der einen Seite hasste ich Klassenfahrten, da ich nicht gern woanders übernachtete und ich es hasste, ein Zimmer mit anderen Leuten zu teilen. Auf der anderen Seite, würde ich Kaja eine ganze Woche lang ganz nah sein, aber wir könnten es nicht ausleben. Herr Harlich war ein netter Lehrer und ich freute mich, dass er mitkam. Kaja und er waren die entspanntesten Lehrer an der Schule, also würde die Klassenfahrt sehr viel Freiraum bieten. Herr Harlich unterrichtete mich in Biologie. Er war ungefähr so alt wie Kaja. Da fiel mir etwas auf. Wie alt war Kaja überhaupt? In diesem Moment fiel mir auf, dass ich das wenigste von ihr wusste. Eigentlich wusste ich nichts. Ein komisches Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Ich würde wohl ein paar Dinge ansprechen müssen, wenn wir uns das nächste Mal sahen, aberr erstmal entschied ich mich, ihr zu schreiben.

"hey kaja, hast du schon die neuigkeiten gehört?"

"Ja!" Ich finde es total toll. Eine ganze Woche Urlaub mit dir. Auch wenn ich eine Klassenfahrt für mich eher weniger als Urlaub bezeichnen kann. ;)"

"denkst du, dass das so einfach geht? immerhin wird die halbe stufe da sein."

"Wir werden schon einen Weg finden, Mila, mach dir da mal keine Sorgen."

"wenn du das sagst ;)."

"Es wird sich bestimmt ein Moment finden, wo du dich in mein Zimmer schleichen kannst, wenn du weißt, was ich meine."

Ich lachte, gab der Nachricht ein Herz und legte mein Handy zur Seite. Nach dem Abendessen, brachten meine Mutter und ich Franz ins Bett und lasen ihm zusammen eine Geschichte vor. Naja. Ich las und sie räumte ein wenig sein Zimmer auf. Dann gingen wir hinunter in die Stube und sahen uns zusammen einen Horrorfilm an. Freitags verbrachten meine Mutter und ich immer den Abend zusammen. Manchmal spielten wir ein Brettspiel oder sahen uns einen Film an. Ab und zu redeten wir auch einfach, bis spät in die Nacht. Manchmal wünschte ich mir, wir würden mal einen Abend über den Tod meines Vaters reden, aber sobald ich das Thema auch nur anschnitt, wechselte sie das Thema, so schnell sie konnte. Diesen Abend entschieden wir uns für den Horrorfilm, der schon seit Ewigkeiten auf unserer Liste stand. Er war wirklich sehr gruselig. Meine Mutter hatte Popcorn gemacht und wir tranken ein Bier. Es war ein wirklich schöner Abend. Nachts, als wir unseren wöchentlichen Mädelsabend beendet hatten, ging ich hoch auf mein Zimmer und legte mich ins Bett und schlief ein. Ich war froh, dass ich ausschlafen konnte, da es morgen Samstag war. Ich träumte, wie ich in die Schule kam, aber auf Lenis Platz saß meine Mutter und zeigte nach vorn, wo Kaja stand. Sie sagte die ganze Zeit Sachen, wie "Ich weiß es. Ich weiß alles." und "Ich kenne dein Geheimnis Mila, ich bin deine Mutter." Kaja stand nur vorn und unterrichtete ganz normal. Ich schlief diese Nacht sehr unruhig. Mitten in der Nacht wurde ich von einem merkwürdigen Geräusch geweckt. Ich setzte mich auf und lauschte. Das Geräusch kam von meinem Fenster. Etwas pochte, so als würde jemand einen Stein dagegen werfen. Mein Herz schlug schnell in meiner Brust. Ich hätte mir nicht mit Mama diesen Horrorfilm angucken sollen. Das Geräusch hörte nicht auf. Ich redete mir ein, dass es Geister nicht gab, obwohl ich genau wusste, dass ich durchaus anderer Meinung war und erhob mich. Vorsichtig ging ich zum angekippten Fenster. Dort stand jemand und warf kleine Steinchen von der Straße an mein Fenster. Jetzt fühlte ich mich nicht mehr wie in einem Horrorfilm, sondern wie in einer True Crime Dokumentation. Die Gestalt ging unter die Laterne, um neue Steine zu suchen, dann erkannte ich sie. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Dort stand Sam, das Mädchen aus meinem Fußballteam. Ich öffnete das Fenster. "Bist du irre?!", zischte ich nach unten. Das war das einzige, was ich raus bekam. 

stirb nicht an Herzdrücken (txs)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt