Havanna 1

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Schnaufend schob ich den letzen Karton in das neue Zimmer.
„Havanna?"
Hörte ich die liebreizende Stimme meiner Tante Eva.
Seufzend ging ich runter in die Küche, dort saßen auch schon mein älterer Cousin, Milan und Eva.

Lustlos lies ich mich auf den Stuhl fallen und fing an in meinem Essen zu stochern.
Nach einer Zeit spürte ich brennende Blicke auf mir, so hob ich meinen Kopf und sah die mitleidigen Augen meiner Tante.

„Kind du musst etwas essen."
Seufze sie und schob mir, um ihre Aussage zu unterstützen den Teller ein Stück mehr unter die Nase.

„Hab keinen Hunger."
Kalt sah ich sie an, traurig blickte sie wieder weg.
Mir tat es weh, aber ich konnte nicht mehr nett sein, das war ich schon zu lange.

„Hava, ich möchte dich morgen mit zu meinen Freunden nehmen, damit du jemanden kennst wenn du auf unsere Schule wechselst."
Schlug Milan rettender Weise das Thema um, doch von seiner Idee überzeugt war ich nicht.

„Keine Lust."
Murmelte ich.
Doch ich hatte Lust, aber ich konnte nicht.

„Doch, hast du. Lügen konntest du noch nie, smiley."
Trällerte er überlegen, vernichtend starrte ich ihn an.
Smiley nannte er mich immer, früher.
Früher war noch alles gut.
Noch weniger motiviert stand ich auf und räumte meinen Teller weg, danach ging ich hoch.

„Na wunderbar Milan."
Seufzte Eva frustriert.
Es tat mir ja leid.

Oben in dem Zimmer betrachtete ich es genauer.
Es war groß und hell.
Zwei große Fenster, zwischen ihnen mein Doppelbett, dieses war grau.
Gegenüber meines Bettes an der wand, hing knapp neben der Tür ein Fernseher, darunter ein grauer Schreibtisch.
Mein Schrank war hinter der Tür.
Weiß, mit Spiegel.

Zwei kleine Kommoden standen auf der anderen Zimmerseite.
Zwischen ihnen stand ein weißer Schminktisch.
Der Boden, bestand aus grauen Fließen.
Unter meinem Bett lag ein großer Teppich.
Der Boden war außerdem mit einer Fußbodenheizung ausgestattet.

An sich war es wunderschön, die schwarzen Vorhänge gaben dem ganzen einen düsteren Touch.

In Gedanken ging ich zu einem meiner Fenster und öffnete dieses sperrangelweit.
Ich lehnte mich, tief durchatmend weiter hinaus und schloss die Augen während ich mein Gesicht zur Sonne richtete.

Meine langen schwarzen Haare wehten umher.
Ich öffnete meine dunkelblauen Augen wieder und traf geradewegs auf einen breiten Körper.

Ein Junge in meinem Alter stand auf seinem Balkon, indem Haus von unserem gegenüber und rauchte, während er mich betrachtete.

Er hatte ein Shirt und eine Jogginghose an, seine ebenfalls schwarzen Haare lagen verwuschelt auf seinem Kopf, was echt heiß aussah.
Er lehnte lässig am Geländer und runzelte verwirrt die Stirn.
Durch dieses Detail geriet ich wieder in die Realität und schloss mit einem abweisenden Blick zu ihm rüber mein Fenster.

Verzweifelt warf ich mich aufs Bett und sah auf die Uhr.
Kurz nach sieben.
Die Sonne schien noch, es war warm.
Hinter unserem Garten war ein Strand.
Ich hatte langweile.

Schnell stand ich auf und schnappte mir Handy, samt Kopfhörer.

Nachdem ich die Treppe runter gelaufen war, zog ich mir meine Turnschuhe an und ging locker den kleinen Sandweg um das Haus herum.

Nachdem ich von außen schon das Ende unseres Gartens erreichte konnte man schon den Strand sehen.
Der Sand war fein und nahe zu weiß.
Ein Traum.
Das Wasser war klar und hell.
Ich zog mir meine Schuhe aus und nahm sie in die Hand.
Mit Kopfhörern in den Ohren lief ich mit den Füßen im Wasser, am Strand entlang.

Komplett in meiner eigenen Welt merkte ich erst spät das jemand neben mir her lief.
Verwirrt drehte ich mich zu der großen Gestalt als mich etwas an der Schulter berührte.

Der junge Mann hatte strahlende grüne Augen und dunkelbraunes Haar.

Ich nahm meine Kopfhörer raus und sah ihn dann nicht mehr an sondern wendete meinen Blick weiter nach vorne.

„Hey ich bin Owen, und du?"
Grinste er mich an.

„Cool."
Gab ich desinteressiert von mir.
„Und du?"
Neugierig sah er mich an.

„Havanna."
Zischte ich genervt.

„Nicht so gesprächig?"
Lachte er leise.
Darauf antwortete ich nicht, dies war wohl Antwort genug für ihn und ein Grund mich nun weiterhin zu nerven.

Ganze zwanzig weitere Minuten quasselte er mich mit unwichtigen Dingen voll.

Er war ganz lustig, und sympathisch.
Doch das war egal, wir würden keine Freunde werden.

Kurz vor meiner Haustür hörte er auf zu reden, erleichtert atmete ich aus und sah ihn wütend an.

„Wie viel kann ein Mensch reden?"
Ungläubig sah ich ihn an.

„Baby, ich bin kein Mensch, ich bin Gott."
Grinste er überheblich.
Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf meine Lippen.

Sofort drehte ich mich um und schloss die Haustür auf.

„Bye."
Meinte ich noch kalt ehe ich die Tür schloss und zurück ins Zimmer lief.

Nachdem ich mich duschte stellte ich mich vor meinem Spiegel, am Kleiderschrank.

Meine Rippen, deutlich sichtbar.
Meine Oberschenkel, zu dünn.
Mein Bauch, nur noch Haut.
Meine Finger, knochig.
Meine Wangenknochen, stechend.
Meine Augenringe, zu tief.

Ich sah einfach beschissen aus.
Anders konnte man es nicht ausdrücken.
Traurig nahm ich mir Klamotten und zog sie an.
Dann stöpselte ich mein Handy an den Strom und legte mich erschöpft ins Bett.

Ich wollte den ganzen Tumult hier garnicht.
Aber die Therapeuten meinten.

,familiäres und stabiles Umfeld, stützt dich.'

Jaja was ein scheiss.
Ich brauchte sie alle nicht.

Ich war stark!
So wurde ich erzogen!
Ich hatte niemanden mehr!
Niemand der auf mich aufpasste, niemanden der mir einen Kuss gab bevor ich ins Bett ging, niemand der sich mit mir Stritt, niemanden mehr der mit mir kuschelte.
Ich musste all das ersetzen, doch das konnte ich einfach nicht.
Es ging nicht.

Mit diesem Gedanken schlief ich ein, fiel in einen traumlosen Schlaf.


~A💋
Erster Einblick zu Havanna :))
Was haltet ihr von ihr?
Danke fürs lesen ❤️

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