1. Szene - Potsdam
Die Vögel zwitscherten in den Bäumen. Es war ein milder Morgen im Spätsommer und Linda reichte Katja eine Tasse Kaffee. Warum konnte es nicht immer so sein? Sie, frischer Kaffee und die wunderschöne Frau neben ihr.
„Geht's dir gut?", fragte Linda, die nur in Slip und T-Shirt auf dem Balkon stand und auf den Garten schaute. Katja nickte und schlang die Arme von hinten um die Blondine. „Wenn ich bei dir bin geht's mir immer gut.", sagte sie und küsste Linda flüchtig auf die Wange. Katja lehnte sich mit der Stirn an die Schulter der anderen. Einen Moment genoss Linda die Umarmung und streichelte Katjas Hand auf ihrem Bauch, dann drehte sie sich um und zog die Ältere seufzend an sich. Sie schloss die Augen und lächelte. „Ich würde gerne jeden Morgen so beginnen", murmelte sie in Katjas Haaransatz.Heute Nachmittag würde Björn zurückkommen und der Schatten des nahenden Abschieds hatte sich bereits über die beschauliche Szene gelegt. „Vielleicht irgendwann mal. Wenn es nur noch uns beide gibt und die Welt weniger kompliziert ist", flüsterte Katja an Lindas Hals. Diese erwiderte nichts. Beide Frauen wussten, dass eine öffentliche Bekanntmachung ihrer Beziehung nicht einfach werden und auf viel Gegenwind stoßen würde. Gerade, weil Linda noch immer verheiratet war. Leider auch, weil sie beide Frauen waren.
Meistens gingen die Politikerinnen dem Gespräch über ihre gemeinsame Zukunft aus dem Weg und genossen das hier und jetzt.Schweigend, aber nah aneinander gekuschelt, tranken die beiden ihren Kaffee in der Sonne.
„Ich muss langsam los", sagte Katja irgendwann traurig. Linda nickte. Die Blondine hasste es sich nach einer gemeinsamen Nacht von Katja zu verabschieden. Vor allem, weil sie nie wusste, wann sie wieder neben ihr aufwachen durfte.
Linda ergriff die Hand der anderen und zog sie nochmals näher an sich. Katja strich ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Linda küsste sie und Katja legte die Arme um ihre Taille. Linda kam sich wieder einmal vor wie ein Teenager, der zum ersten Mal verliebt war.Kichernd vertiefte sie den Kuss und spürte Katjas Zunge an ihren Lippen, bevor sie diese mit ihrer empfing. Linda's Hände streichelten frech über Katjas Po.
„Wenn du so weiter machst, dann überlege ich mir das mit dem Gehen nochmal", murmelte Katja schließlich, die eine Hand schon halb unter Lindas T-Shirt, die andere zwischen ihren Oberschenkeln. „Nichts wäre mir lieber, aber du weißt es geht nicht", erwiderte Linda gequält an Katjas Lippen. Nach einer Weile löste sie sich von der Dunkelhaarigen.2. Szene - Bundestag
Man spürte nun deutlich, dass es auf den Winter zuging. Linda kam gerade aus Katjas Büro. Die beiden hatten die Mittagspause miteinander verbracht. Seit fast einem Jahr lief das mit Katja nun und Linda konnte sich nicht daran erinnert jemals so glücklich gewesen zu sein. Trotzdem war es natürlich anstrengend. Das Versteckspiel vor den Kollegen und der Presse und die Situation mit Björn. Katja verstand, dass all das für Linda nicht einfach war, zumal auch die Hamburgerin darunter litt ihre Liebe nicht offen zeigen zu dürfen.
Linda war vorher nie mit einer Frau zusammen gewesen. Da bedeutete es einen enormen Schritt den sicheren Hafen der Ehe zu verlassen und sich in ein komplett unbekanntes Gefilde zu stürzen. Und das alles auch noch während sie in der Öffentlichkeit standen.Lindas Schritte trugen sie zur nächsten Toilette. Heute stand nur eine kurze Plenarsitzung an, die die meisten Abgeordneten aus ihren Büros verfolgten und so war es auf den Gängen angenehm leer.
Als Linda aus der Kabine trat und zu den Waschbecken schritt, bemerkte sie eine zweite Person, die in einer Ecke an der Wand lehnte. Linda verdrehte innerlich die Augen. „Guten Tag, Frau Teuteberg", säuselte eine viel zu gut gelaunte Alice Weidel.Die Fraktionsvorsitzende der AfD kam auf Linda zu. "Frau Weidel", erwiderte sie nur. "Sie haben wohl gerade ihre... Parteiführung besucht?", fragte diese.
Linda hob eine Augenbraue. "Seit wann interessieren Sie sich denn für die Arbeitsabläufe der FDP? Denken sie etwa endlich über einen Parteiwechsel nach?", fragte sie.
Weidel zuckte mit den Schultern. „Naja zugegeben: hätte ich früher um die Umstände in Ihrem Schuppen gewusst, dann hätte ich mein Glück wohl mal bei Ihnen versucht." Weidel grinste zweideutig. "Bzw. Bei ihrer Partei", fügte sie dann hinzu.Verwirrt sah Linda die AfDlerin an. „Von welchen Umständen faseln Sie?", fragte sie nach.
Weidel machte einen Schritt auf sie zu. "Na dass Sie und die liebe Kollegin Suding wohl zum anderen Ufer gewechselt sind. Ich persönlich kann das nur jeder Frau empfehlen, aber Ihnen beiden hätte ich so viel Geschmack gar nicht zugetraut. Wobei Sie ja leider eher auf den dunklen Typ abzufahren scheinen."Lindas Gedanken begannen zu rasen. Was war das denn? Woher konnte Weidel das wissen? Hatten Linda und Katja sich zu auffällig verhalten? Sie achteten im Bundestag eigentlich sehr penibel darauf nicht zu vertraut miteinander umzugehen, aber das eine oder andere Mal, hatten sie es nicht verhindern können, dass es auch in der ein oder anderen dunklen Ecke im hohen Haus heiß herging.
"Ich weiß nicht was sie meinen", sagte Linda schließlich. "Sie wissen ganz genau was ich meine", giftete Weidel nun. "Mir soll es ja egal sein, was sie beide in ihrer Freizeit treiben, aber finden sie nicht auch, dass es einen ganz unangenehmen Beigeschmack hat, dass sie mit der stellvertretenden Parteivorsitzenden vögeln und urplötzlich, ganz überraschend für alle als Generalsekretärin vorgeschlagen werden? Während der ganze Vorstand auch noch hinter dieser Entscheidung steht?"
Darüber hatte Linda tatsächlich noch nicht nachgedacht. In all den Monaten seit ihrer Wahl nicht. "Was wollen sie mir hier unterstellen?"
Alice Weidel grinste böse. "Nichts. Aber wichtig ist auch nur was der Wähler Ihnen unterstellen würde, wenn er herausfindet, dass Sie ihren Mann mit einer Ihrer Chefinnen beschissen haben. Möglicherweise, dass die FDP Sex als Einstellungskriterium für Top-Posten sieht?"Linda wollte protestieren, wollte Weidel anschreien, dass sie Katja liebte und es nicht nötig hatte sich hoch zu schlafen. Doch ihr Protest hätte der Faschistin nur allzu gut gefallen.
"Ich weiß nicht, was Sie sich einbilden, Frau Weidel, aber mein Verhältnis zu Frau Suding war immer freundschaftlich-professionell. Vielleicht wissen Sie das nicht, aber in unserer Partei bekommen Frauen Posten aufgrund ihrer Leistung." Mit diesen Worten wand Linda sich zum Gehen, doch hinter ihr lachte Weidel nur. „Für Sie gehört es also zu einem freundschaftlich-professionellen Verhalten, sich schon in aller Herrgottsfrühe halbnackt das Gesicht von Suding ablecken zu lassen?", fragte Alice Weidel hämisch. „Und wer weiß was sonst noch. In Ihrem Haus. Wirklich Teuteberg, ich habe Sie für schlauer gehalten."
Linda erstarrte. Oft kam es nicht vor, dass Katja und sich bei ihr trafen. Jemand musste sie gesehen haben. Weidel schüttelte den Kopf und flüsterte Linda noch im Vorbeigehen ins Ohr: „Scheint fast so, als ob Ihre Nachbarn keine FDP-Wähler wären, Frau Teuteberg."
3. Szene - Katjas Büro
„Sie hat was?", fragte Katja aufgebracht. „Ich weiß nicht, ob sie Beweise hat, aber wir wissen beide was passiert, wenn sie dieses Gerücht in Umlauf bringt. Das wäre mein Untergang. Deiner vermutlich auch. Von den Umfragewerten ganz zu schweigen", sagte Linda leise.
Katja schloss die Augen und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Und sie wird es ausplaudern. Ich meine, was hat sie zu verlieren? Wir können ihr wohl kaum etwas Brauchbares für ihr Schweigen anbieten."
Linda schüttelte den Kopf. „Sie will uns ruinieren. Einen Skandal erzeugen. Nächstes Jahr ist Bundestagswahl, vielleicht will sie es erst kurz vorher öffentlich machen und uns noch korrupter dastehen lassen als die CSU."Katja öffnete die Augen und sah Linda an. „Wir haben nur eine Möglichkeit. Wir müssen ihr zuvor kommen."
Linda rutschte das Herz in die Hose. Sie wusste, dass sie Katja nicht ewig hinhalten konnte, aber sie war einfach nicht bereit hierfür. Die Angst, vor dem was dann kommen würde war zu groß. Sie wusste, sie liebte Katja mehr als Björn. Vielleicht hatte sie in ihrem Leben noch nie jemanden so geliebt. Doch sie war nicht bereit für die Fragen, die man ihr stellen würde. Sie wollte sich kein Lable aufdrücken lassen, wollte nicht, dass die Leute Erwartungen an sie stellten, nur weil sie mit einer Frau zusammen war. Wollte nicht, dass das, was sie mit Katja hatte, diskutiert und entzaubert wurde.„Katja... ich weiß nicht, ob das die Lösung ist. Sobald jemand etwas von uns erfährt wird das Gerede so oder so los gehen - ganz egal wer die Beziehung öffentlich macht. Und dann haben wir den Salat", gab Linda zu bedenken. "Mal ganz davon abgesehen: Das hält Weidel nicht davon ab ihre abstruse Theorie in Umlauf zu bringen."
Katjas Blick war unergründlich. „Was schlägst du stattdessen vor?"
Linda überlegte. „Lass uns erstmal mit Christian sprechen. Und dann sehen wir weiter. In erster Linie ist das auch ein Angriff auf die Partei. Er sollte es wissen."
Katja nickte zustimmend, aber Linda spürte, dass ihre Geliebte sich ein anderes Vorgehen erhofft hatte.
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Macht und ihr Preis - ein Drama in 3 Akten
FanfictionLinda Teuteberg wird zur FDP-Generalsekretärin ernannt. Unterstützung erfährt sie unter anderem von ihrer Kollegin Katja Suding. Doch nach einem Jahr verliert sie den Posten. Wegen Umfragewerten? Nein. Hinter den Kulissen spielte sich ein ganz ander...