Teil 3 - Erinnerungen eines Monsters

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Die Transformation war vollendet. Elias stand wieder in einer anderen Umgebung, allerdings nur vor seinem inneren Auge.

Er stand vor dem Eingang einer U-Bahn Station. Durch einen Blick auf das Schild über dem Tor fand er heraus, dass es sich um die Station Köln/Bonn Flughafen handelte.

Um ihn herum herrschte pures Chaos.

Überall hörte man verzweifelte Schreie und eine gigantische Masse an Menschen versuchten in den Untergrund zu kommen.

Elias ließ seinen Blick über die Gesichter der Personen wandern und sah Angst und Verzweiflung. Er schaute sich weiter um und konnte eine kleine Gruppe von Polizisten in voller Rüstung auf die Traube aus verzweifelten Seelen zuhechten sehen. Eine Polizistin hob ihre Maschinenpistole 5 und gab eine Salve in die Luft ab. Sofort veränderte sich die Situation drastisch.

Einige Leute versuchten mit noch größerer Anstrengung in die Station einzudringen, wurden dort aber von weiteren Polizei Spezialeinheiten aufgehalten, während die andere Hälfte vom Eingang wegstürzte. Das, was vermutlich die Situation entschärfen sollte, hatte sie nur noch schlimmer gemacht.

Plötzlich gab es eine Explosion mitten in der Menge vor der U-Bahn Station. Blut spritzte im hohen Bogen durch die Halle und traf einige der flüchtenden in die Augen. Körperfetzen flogen an die eben noch blank polierten Fenster des Flughafens.

In der Menschentraube hatte sich ein Selbstmordattentäter hochgesprengt und alle um sich herum, auch die Polizisten mit sich ins Jenseits gezerrt.

Einige der Personen, die eben noch geflüchtet waren hatten dies mit angesehen und erkannten ihre Chance. Sie sprinteten auf den Ort des Geschehens zu und durchquerten das Feld aus Fleischfetzen und leicht verbrannten Leichen.

Die andere Gruppe von Polizisten eröffnete das Feuer auf die Menschen.

Elias sah ihnen die Überforderung an.

Ein gutes Dutzend Menschen war bereits in den Untergrund verschwunden, während manche an der Oberfläche von einer Kugel erwischt wurden und den Berg aus toten, blutigen Körpern wachsen ließen.

Dann ertönte plötzlich eine laute Sirene. Im selben Moment begannen die Hermetischen Tore der Station sich zu schließen.

Die Polizisten schrieen sich Kommandos zu und stürmten zu der sich schließenden Pforte, erreichten diese allerdings zu spät.

Mit einem dumpfen ‚Klack' verriegelte sich das Tor und ließ die anderen draußen alleine.

Und dann wiederholte es sich erneut.

Zuerst hörte man nur ein lautes Rauschen von Triebwerken eines russischen Bombers. Als nächstes folgten die lauten Schüsse eines Flugabwehr-Geschützes.

Das letzte Geräusch der Welt von vor der Apokalypse war der enorme Lärm einer Atomexplosion und der Detonation einer Giftgas-Bombe.

Während sich die Helligkeit einer zweiten Sonne über dem Flughafen aufbaute, hörte Elias erneut den Schwarzen.

„Ich habe es überlebt." Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu „Meine Kinder und meine Frau nicht."

Die Umgebung um sie herum wurde abrupt zu einem schwarzen Nichts in dem der Mutant fast unsichtbar wurde.

„Vier Monate lang war alles mehr oder weniger normal. Wir kämpften uns irgendwie durch die Situation durch. Essen plünderten wir aus einem Zug der nicht weit weg im Tunnel stecken geblieben war. Wir hatten allerdings weder Gasmasken noch Waffen. Jeder an der Station wusste, dass wir es nicht lange durchhalten würden. Allein schon in den ersten fünf Tagen starben sechs Mann. Danach waren es nur noch dreiundzwanzig Überlebende" begann er zu erzählen. „Es grenzte schon fast an ein Wunder, dass die Decke der Station nicht bei der Explosion eingestürzt war. Die Strahlung wurde auf jeden Fall nicht aufgehalten und das Gas drang bereits nach wenigen Stunden über das Belüftungssystem unter die Erde" setzte er fort.

Elias sah in die Augen des Schwarzen und glaubte erkennen zu können, dass sie traurig aussahen.

„Nach vier Monaten ging uns das Essen aus. Erste Menschen verschwanden. Erst die Kinder. Gleichzeitig schien es, als ob die anderen weniger Hunger hatten. Eines Tages betrat ich einen kleinen Raum der an einen Tunnel angrenzte und sah, wie eine Frau über ihr eigenes Kind gebeugt auf dem Boden saß. Sie hörte mich und drehte sich erschreckt um. An ihrem Mund lief das Blut ihrer Tochter herunter. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf den blutigen Körper des Kindes. Die Hüfte fehlte fast vollständig und da, wo eigentlich die linke Wange hätte sein müssen klaffte ein tiefes Loch.

Danach habe ich diese Frau nie wieder gesehen.

Auf diese Weise wurden es immer weniger Leute, solange, bis nur noch acht Männer und ich übrig waren. Unsere Haut veränderte sich und einige erlangten langsam aber sicher die Fähigkeit, über Gedanken kommunizieren zu können. Uns war klar, dass das an dem Gas lag.

Über ein Jahr hat sich unser Körper langsam immer weiter verändert, solange, bis wir alle so waren, wie ich jetzt" endete der Mutant.

„Also gibt es mehr von euch?" fragte Elias nach.

Der Schwarze antwortete „Es GAB mal mehr von uns. Dann wurden sie von Menschen erschossen. Seitdem bin ich der einzige unserer Art."

Sie wurden erschossen? Doch nicht etwa von Dom Soldaten? Elias versuchte sich zu erinner, ob jemals irgendjemand von solchen Kreaturen erzählt hatte. Ihm fiel nichts ein.

„Es waren nicht deine Leute" las er seine Gedanken. „Sie kamen aus dem Untergrund" fügte er hinzu.

Die Wilden. Die, die sich nicht dem Führer unterwerfen wollten.

Plötzlich wurde Elias aus seinen Gedanken gerissen, als er hinter ihm das entsichern einer Waffe hörte.

Langsam drehte er sich mit erhobenen Händen um. Vor ihm stand sein Freund von der Dom Truppe: Markus.

Nun zielte er mit seiner modifizierten Kalashnikov abwechselnd auf den Schwarzen und dann wieder auf ihn.

„Geh zur Seite Elias."

Metro 2033 - In die Schatten | Eine Metro Kurzgeschichten-ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt