Willst Du Mich (umgedreht)

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Es war Ende September, der deutsche Radiopreis stand an und für Lena war es das wohl aufregendste Event seit langem. Zum einen zauberte die Elbphilharmonie eine atemberaubende Atmosphäre und es war eine Ehre dort heute mit Nico auftreten zu dürfen. Zum anderen kribbelte ihr ganzer Körper, wenn sie an den Mann dachte, den sie heute dort endlich wiedersehen würde. Mark. Ihr einstiger guter Kumpel, inzwischen… Ja, was waren sie inzwischen? Sie hatten dem ganzen noch keinen Namen gegeben. Aus einem Abend unter Freunden wurde ein unvergessliche Nacht. Dass das keine einmalige Sache bleiben würde, war beiden schnell klar, doch der vollgepackte Terminkalender im Sommer verhinderte, dass die beiden sich regelmäßig sehen konnten. Und so war es jedes mal eine neue Überraschung, was bei einem Aufeinandertreffen passieren würde. Lena wusste längst, dass sie sich in ihn verknallt hatte und er gab ihr oft das Gefühl, dass es ihm ähnlich ging. Aber wirklich über ihre Gefühle gesprochen, hatten sie noch nicht.

Und so spürte Lena den ganzen Tag über eine Aufregung in sich, die auch ihrem Team nicht verborgen blieb. Philipp und Bella schoben Lenas Verhalten jedoch auf die Größe und Bedeutung des Events. Dieses verlief dann ebenso reibungslos wie erfolgreich. Lena hatte Mark nur kurz auf dem roten Teppich gesehen, da waren sie beide jedoch gerade in Interviews verwickelt. Außerdem wollten sie sich vor der Öffentlichkeit keinesfalls etwas anmerken lassen. Im Gebäude angekommen waren dann beide mit den Vorbereitungen für ihre Auftritte beschäftigt. So hatte Lena auch keinen blassen Schimmer, wo Mark während der Veranstaltung überhaupt saß. Ihr Blick glitt immer wieder suchend über die Ränge, aber sie konnte ihn nicht sehen. Ihr blieb auch verborgen, wie er sie während ihres Auftritts anschaute. Sein Blick klebte förmlich an ihr und er musste sich wirklich zusammenreißen, sie nicht ganz so offensichtlich anzustarren. Lena ging es nicht anders, doch sie hatte das Glück, Marks Auftritt aus dem Backstagebereich beobachten zu können. Eigentlich wollte sie dort auf ihn warten, doch da sie sich für die anschließende Aftershowparty noch umziehen wollte, ging sie gerade in dem Moment in Richtung ihrer Garderobe, als Mark die Bühne verließ. Auch er war etwas enttäuscht darüber, sie nicht anzutreffen.

Erst fast zwei Stunden später, auf der Aftershowparty, sah sie ihn dann so richtig an diesem Tag. So, dass sie einfach hätte auf ihn zugehen können, ihn umarmen können und sie miteinander reden könnten. Genau das war ihr Plan. Sie fixierte sein Käppi, das sie in der Menge erblickte und steuerte geradewegs auf ihn zu. Er stand mit dem Rücken zu ihr und sah sie daher nicht. Kurz bevor Lena bei ihm ankam, erblickte er Sarah vor sich. Sie arbeitete in der Plattenfirma, bei der unter Vertrag war. Ohne lange zu zögern, ging er auf sie zu. Was er nicht wissen könnte, war, dass Lena genau hinter ihm stand und die Szene mit einem unguten Gefühl im Bauch beobachtete. Das Lächeln, das eben noch ihre Lippen geziert hatte, fror ein. Sie kannte die blonde Frau nicht, aber wie sie Mark ansah, gefiel Lena überhaupt nicht.

Mit einem Seufzen zog sie sich in die Lounge zurück und ließ sich von Bella einen Sekt reichen. Nach anstoßen war ihr nicht, aber sie brauchte Ablenkung. Also nippt sie an dem Glas und unterhielt sich mit ihrer Freundin. Ihr Blick lag dabei fast durchgehend auf Mark, der an der Bar saß, einige Meter von ihr entfernt. Gerade hatten er und Sarah einen Cocktail bestellt, mit dem sie nun anstießen. Auch Bella bemerkte, dass Lena das Geschehen beobachtete. „Kennst du sie?“, fragte sie die Sängerin. Lena schüttelte nur den Kopf. „Sie sieht nett aus.“, fügte Bella dann hinzu. „Hm.“, mehr konnte Lena nicht von sich geben. „Und sie scheinen sich gut zu verstehen.“ Bella wusste nicht, wie sehr sie Lena mit ihren Worten verletzte. Denn auch ihr hatte Lena nichts von dem erzählt, was sich in den letzten Wochen zwischen ihr und Mark entwickelt hatte. Hauptsächlich, weil Mark das nicht wollte. Sein Privatleben sollte privat bleiben. Lena hatte sich damit abfinden können, doch in diesem Moment zweifelte sie. Wollte er sich vielleicht damit nur alle Optionen offen halten? Wollte er sie überhaupt? Oder war sie nur ein netter Lückenfüller? Ihre Laune sank augenblicklich und sie musste aus der Situation raus, sonst würde sie wohl durchdrehen.

„Entschuldige mich kurz.“, sagte sie nur zu Bella und marschierte in Richtung Toilette davon. Im Bad atmete sie dann tief durch. Sie versuchte, ihre Gedanken abzuschütteln, bevor sie kaltes Wasser über ihre Handgelenke laufen ließ. Kurz holte sie dann den Lipgloss hervor und trug ihn vorsichtig auf. Ihr Kopf war zwar noch nicht frei, aber sich auf der Toilette zu verstecken, würde auch nichts ändern. Also verließ sie das Bad. Als sie aus der Tür heraus war, versuchte sie den Lipgloss zurück in ihre kleine Tasche zu packen und stieß dabei mit jemanden zusammen. „Oh, sor…“, weiter kam sie nicht. Als sie den Blick hob, schaute sie genau in die blauen Augen, die sie so vermisst hatte. Auf Marks Lippen legte sich ein Lächeln, das Lena eigentlich erwidern wollte. Doch sie konnte nicht. „Hey.“, sagte Mark mit sanfter Stimme. „Hey.“, antwortete Lena, deutlich weniger sanft. „Alles okay?“, fragte Mark sofort. „Klar.“, sagte sie, doch ihre Augen sagten etwas ganz anderes. „Okay… Lust auf ein Getränk auf der Terrasse?“ Er wollte sie nicht direkt wieder gehen lassen.
„Die Blonde hat wohl keine Lust?“, die Worte kamen ohne nachzudenken aus Lenas Mund und sie bereute sie sofort. „Sarah?“
„Was weiß ich, wie sie heißt.“
„Bist du eifersüchtig?“, fragt Mark ungläubig.
„Dazu habe ich keinen Grund. Wir sind nicht zusammen.“ Die Worte trafen Mark und auch Lena selbst spürte den Schmerz. Eigentlich hätte er sich jetzt am liebsten umgedreht und wäre gegangen, um die Situation zu entfliehen, aber er wusste, wenn er jetzt nicht kämpfen würde, hätte er sie wohlmöglich verloren.

Also griff er nach ihrer Hand und zog sie mit sich. „Was hast du vor?“, fragte sie, war etwas überrascht von seiner spontanen Aktion. „Mit dir dorthin gehen, wo wir in Ruhe reden können.“ Und so liefen sie den Gang entlang, die Treppen nach oben, und über einen Seiteneingang aus dem Gebäude heraus. Hier waren sie ungestört. „Willst du das denn?“, fragte Mark sie dann direkt. „Was?“ Kurz atmete Mark durch. „Mit mir zusammen sein?“ Mit großen Augen schaute Lena ihn an. Es war ungewöhnlich für ihn, so offen zu sprechen. Und es war ungewöhnlich für sie, es in dieser Situation nicht zu können. Etwas überfordert zuckte sie mit den Schultern. „Was willst du denn?“, stellte sie dann die Gegenfrage. Mark musste schlucken. Er wusste, dass er ihr sein Herz offenlegen musste. Egal, wie schwer es ihm gerade fiel.

„Ich will dich.“, murmelte er. „So richtig.“, fügte der Sänger dann noch hinzu. Für einen Moment, der sich für Mark wie eine Ewigkeit anfühlt, reagierte Lena nicht. Doch nur einen Augenblick später, landeten ihre Hände am Kragen seines Hemdes. Daran zog sie ihn ein Stück zu sich und legte sehnsüchtig ihre Lippen auf seine. Wie automatisch landeten seine Hände auf ihrer Taille und er zog sie näher an sich. Ein Seufzen verließ ihre Lippen, als sie sich kurz darauf lösten. Ihre Köpfe waren immer noch nah beieinander. Sie konnte seinen Atem spüren und verlor sich einen Augenblick später in seinen Augen. „Ich will dich auch.“, flüsterte sie dann mit rauer Stimme. Ein Lächeln konnte sie noch auf Marks Lippen erkennen, bevor sie in einem weiteren Kuss versanken.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 09, 2022 ⏰

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