Ein alter Freund

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5. Kapitel
/(ʘᴥʘ)\

Ich hatte Izuku widerwillig in ein Taxi gesetzt und schlurfte zurück in die Wohnung. Verdammte Kacke, so war das nicht geplant. Verwirrt ließ ich mich auf das Sofa sinken. Mein Herz raste immer noch. Ich verstand das alles nicht. Warum hatte er das getan und warum hatte ich ihn nicht aufhalten können? Warum hatte ich zugelassen, dass meine Lust die Oberhand gewann? Hatte ich ihn so vermisst? Ich hatte kein Recht, ihn zu vermissen.

Glaubte er vielleicht, das tun zu müssen? Oder war es der Alkohol? Selbst wenn er mich nach all der Zeit nicht hasste, was eigentlich unmöglich war, konnte er mir doch nicht vergeben haben. Möglicherweise machte ich mir nur zu viele Gedanken und es war einfach nur Sex. – So wird es wohl gewesen sein.

Wo ist nur mein süßer unschuldiger Izuku hin? Dabei sah er immer noch so aus, als könnte er kein Wässerchen trüben. Aber was hat er da gesagt? Er ist ein Profi. Oh Götter, bei dem Gedanken, was all diese Männer mit ihm gemacht hatten, wurde mir schlecht. Aber ich hatte kein Recht, über ihn zu urteilen. Und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst war, war es auch meine Schuld, dass er zum Stricher geworden ist. Hätte ich ihn damals nicht weggestoßen und wäre stattdessen für ihn dagewesen, wäre das alles nicht passiert. Ich war derjenige, der sich abgewandt hatte und nicht nur weggegangen war, sondern ihn gequält hatte. Also wieso glaubte ich, mich beschweren zu dürfen.

Vielleicht will er sich auch einfach an mir rächen. Dann würde sein Verhalten wenigstens Sinn ergeben. Und ich hätte es mehr als verdient. Also würde ich ihm seine Rache lassen und dieses perfide Spiel mitspielen, auch wenn es mich innerlich töten würde.

Kälte schlich sich ich meinen Körper und ließ mich zittern. Doch meine Haut schien schmerzhaft zu brennen. Hatte ich doch für eine Sekunde gehofft, er könnte mich vielleicht wieder lieben? Was für eine dumme und naive Vorstellung.

Die nächsten Tage waren der Horror. Es gab nahezu keine Minute, in der mir der Mistkerl nicht durch den scheiß Kopf spukte. Auf der einen Seite machte ich mir Sorgen um ihn, auf der anderen sah ich ihn immer noch vor mir knien mit meinem Schwanz im Mund. Fuck! Mir war echt nicht mehr zu helfen. Wie früher raubte er mir den Schlaf und zerrte an meinen Nerven. Wusste ich doch, warum er dieses Spielchen mit mir spielte. Am dritten Tag hatte ich immer noch keine Rückmeldung von Izuku bekommen. Da ich so neben der Spur eine Gefahr für mich und meine Mitmenschen war, nahm ich mir den Rest des Tages frei.

Am Nachmittag besuchte mich Eijiro Kirishima. Ein Freund aus der U.A.-Oberschule. Unglaublicherweise hatten wir mal eine kleine Affäre an der Akademie, aber mussten bald feststellen, dass die nervige Kackfrisur und ich zusammen nicht funktionierten. Unserer Freundschaft hatte das keinen Abbruch getan. Größtenteils jedenfalls.

Eijiro hatte sofort bemerkt, dass mich etwas beschäftigte und mit seiner liebenswerten, aber hartnäckigen und nervtötenden Art, darauf bestanden, dass ich ihm erzählte, wo mich der scheiß Schuh drückte. Da er mich eh damit in den Wahnsinn getrieben hätte, berichtete ich ihm die ganze Geschichte angefangen an der Mittelschule. Seine Reaktion lag irgendwo zwischen Entsetzen und Bedauern. Natürlich war es ihm nicht entgangen, wie sehr ich unter der Situation litt und alles, was er mir raten konnte, war mich bei Izuku zu entschuldigen und mich dann aus der ganzen Sache zurückzuziehen. Ich befürchtete nur, dass ich diesen Rat, so weise und gutgemeint er auch sicher war, nicht annehmen konnte. Nicht nachdem ich Izuku wiedergefunden hatte und ich diese scheiß Tatsache gleichermaßen hasste wie liebte. Zudem wollte ich ihn aus dieser Bar herausholen. Wenn ich auch noch nicht wusste wie.

Spät in der Nacht piepte mein Smartphone und riss mich aus meinem Schlaf. Schlecht gelaunt griff ich danach und las blinzelnd die Nachricht.

Bin in fünfzehn Minuten bei dir. Mach Kaffee! – Izuku

Ich starrte auf das Display meines Handys. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff. Fuck! Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Grummelnd stand ich auf und zog mir Trainingshosen und ein Shirt an. Dann machte ich immer noch grummelnd Kaffee. Was bildete der sich ein, mir solche Anordnungen zu schicken? Und das mitten in der Nacht. Wehe es war nicht wirklich wichtig. Kurz darauf klingelte es und ich schlurfte müde zu Tür. Als ich öffnete, machte mein Herz vor Entsetzten einen unangenehmen Salto.

Izuku stand vor mir und grinste mich an, als ob nichts wäre. Dabei war sein linkes Auge blau und seine Lippen verschwollen. Ich war wie erstarrt.

„Willst du mich nicht hereinbitten?"

Ich griff nach seinem Arm, um ihn hereinzuziehen, aber er zog zischend die Luft ein und ich ließ ihn erschrocken los, trat zu Seite und gab den Weg frei.

„Verdammt, wer war das? Dem prügle ich die Scheiße aus dem Leib!"

„Ach was, das ist nicht so schlimm. Außerdem hat das schon unsere Security erledigt."

„Verdammt, Izuku!"

„He, wirklich nur halb so schlimm. So was passiert. Und da ich jetzt ein paar Tage nicht auftreten kann, dachte ich, ich komm mal vorbei und erzähl dir, was ich so herausgefunden habe."

„Setzt dich! Ich hole dir einen Kühlbeutel. Und ein paar Schmerztabletten." Ich war völlig von der Rolle. Wie konnte Izuku noch immer dastehen und lächeln. Wer konnte dem kleinen Sonnenschein nur so etwas antun? Ich hatte das starke Bedürfnis, etwas in die Luft jagen zu müssen.

Auf einmal wurde mir bewusst, dass auch ich ihn in der Mittelschule verprügelt hatte. Als mir die Bilder in den Kopf kamen, zitterte ich auf einmal so, dass ich fast das Glas nicht halten konnte. Ich war ein beschissenes Monster.

„Danke." Er nahm die Tabletten und legte sich den Kühlbeutel auf das Auge. „Hast du einen Kaffee für mich?"

Ich schwankte erneut zur Küche. „Ja, warte! Und dann erzählst du mir was passiert ist und wer dieses Dreckschwein war."

Du bist das Dreckschwein – echote es in meinem Kopf. - Du bist schuld. Einfach an allem.

Die untilgbare Schuld schien mir mit blankem Stahl in die Lungen zu stechen. Mir die Luft zum Atmen zu nehmen. Dennoch versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen, und setzte mich neben ihn aufs Sofa. Ich schaffte es kaum, ihm in die Augen zu sehen.

„Zeigst mir deinen Arm!"

Er lächelt, aber es erreicht nicht seine Augen. Sie sagten eindeutig, spare dir deine Scheinheiligkeit. „Das ist ja lieb von dir, dass du dich um mich sorgst, aber wirklich nicht nötig", trällerte er stattdessen.

„Mach schon!", knurrte ich ungeduldig. Ich würde mir das auf jeden Fall ansehen.

Er zog das eng anliegende Rollkragen-Shirt aus und ich stöhnte entsetzt auf. Sein rechter Oberarm war tief dunkelrot verfärbt, an der Stelle, wo sich offensichtlich eine Hand wie ein Schraubstock darumgelegt hatte. Aber was mich wirklich entsetzte war das Würgemal an seinem Hals.

Wut kochte in mir auf. „Wer zum Teufel war das?"

Er zog sein Shirt wieder an. „Das war Han Chen. Alias Parrot. Er ist Chinese, weißt du. Ich hab ihn einfach gefragt, welche und für wen er die dreckigen Drogen vertickt. Da ist er ausgerastet und auf mich losgegangen. Wer kann denn ahnen, dass er so empfindlich ist."

„Du hast was ...? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Verfluchte Scheiß, wie dämlich kann man den sein?"

Ich war auf den Beinen. Ballte die Hände zu Fäusten, damit mir keine Funken daraus entwichen. Was hatte dieser König der Vollpfosten sich dabei gedacht?

Er senkt den Blick. „Das war wohl wirklich dumm."

„Allerdings! Verdammt Izuku, was wenn die Security nicht rechtzeitig eingegriffen hätte. Verstehst du das unter sei vorsichtig?" Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich hätte ihn am liebsten geschüttelt. „Willst du dich umbringen lassen?"

Er zog das Genick ein, als würde er erwarten, dass ich ihm auch eine scheuern würde. Machte ich ihm Angst? Er war quirklos und erst jetzt begriff ich, wie zerbrechlich ihn das eigentlich machte. Ich setzte mich wieder neben ihn. Sanft zog ich ihn an meine Brust und umarmte ihm.

„Verdammt, du bescheuerter Nerd, ich hab dich doch eben erst wiedergefunden", sagte ich mehr zu mir selbst als zu ihm.


No Right To Love YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt