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past pov. jeongguk
Ich war so tief unten. Seit unserem Ausflug aufs Meer waren zehn Tage vergangen und ich konnte mir kaum vorstellen, vor einer Woche noch so unendlich glücklich gewesen zu sein. Ich hatte keine Erinnerung daran, wie es sich anfühlte.
Yoongi ließ mich den Großteil des Tages im Bett verbringen, machte mir zum Abendessen eine Suppe, die ich nicht anrührte und legte sich schließlich wortlos neben mich. Er hielt mich in der Nacht, wenn ich nicht schlafen konnte und ließ mich nicht los, wenn ich Träne um Träne vergoss.
"Ich bin hier", flüsterte Yoongi immer wieder und drückte sich fest an mich, "Du kannst mit mir reden oder du kannst es lassen, aber ich bin hier."
Mein Verstand wollte sterben, mein Körper wollte leben und dazwischen hing ich am seidenen Faden; zum Zerreißen gespannt.
So hoch oben, so tief unten, doch immer gebunden, niemals frei.
Ich sprach nicht.
Ich wusste, dass es nichts ändern würde.
Am nächsten Tag wurde es nicht besser. Ich starrte die weiße Wand an, bis meine Augen schmerzten. Ich empfand nichts als drückende Leere und spürte nicht das kleinste bisschen Freude, als Yoongi mir leise von seinem Tag berichtete.
Er tat das nicht, weil ich ihn gefragt hatte, sondern weil seine Freunde aus der Selbsthilfegruppe für Angehörige ihm das geraten hatten.
Da zu sein.
Einfach nur da zu sein.
Wenn es mir so schlecht ging, besuchte er sie viel öfter und vermutlich genoss er es insgeheim, für ein paar Stunden von mir wegzukommen.
Ich verstand nicht, warum er mich nicht verließ. Es wäre so viel leichter für ihn.
Ich verstand nicht, wie er mich lieben konnte, wo ich doch offensichtlich so kaputt war. Wahrscheinlich blieb er bloß mit mir zusammen, weil er sich für mich verantwortlich fühlte. Ohne mich wäre er so viel besser dran. Und ich hasste mich dafür, ihn nicht freizugeben, obwohl ich darum wusste, wie schwierig es mit mir war.
Ich konnte ihm nicht geben, was er verdiente und im Gegenzug verdiente ich ihn nicht. Kein bisschen.
"Gguk-ah?", Yoongi sprach mich ganz normal an. Nicht so, als hätte ich ihn die letzten drei Tage mehr oder weniger ignoriert, "Hast du darüber nachgedacht, eine Sitzung mit Dr. Lee auszumachen? Du weißt schon, wegen nächster Woche."
Nächste Woche.
Yoongi würde nächste Woche für fünf Tage geschäftlich nach Japan fliegen. Er hatte dem Ganzen schon vor einem Monat zugestimmt und wir hatten im Vorhinein ausführlich darüber gesprochen.
Er würde sein Handy ständig eingeschaltet und den Klingelton auf laut lassen, sodass ich ihn jederzeit anrufen konnte.
Wenn ich es alleine nicht aushielt, würden seine Eltern mich sofort abholen und für die fünf Tage bei sich in Daegu wohnen lassen.
Ansonsten bestand Yoongi darauf, dass ich mit meiner Therapeutin Dr. Lee nächste Woche mehrere Therapiestunden vereinbarte, die mit mir dann besprechen konnte, wie die fünf Tage verliefen... ohne ihn.
Ohne ihn.
Das klang so grundlegend falsch in meinen Ohren, dass ich mein altes Ich dafür hasste, der ganzen Sache überhaupt zugestimmt zu haben. Damals dachte ich, das würde schon klappen. Fünf Tage. Vier Nächte. Das war praktisch nichts.
Doch in diesem Moment hörten sich fünf Tage nach einer unüberwindbaren, schwarzen Ewigkeit an, in der ich völlig auf mich selbst gestellt war.
"Ich will nicht, dass du gehst", flüsterte ich rau, den Blick nicht von der Wand nehmend.
Seufzend ließ Yoongi sich auf der Bettkante nieder. Für einen Moment schwiegen wir und um die Stille zu füllen, begann er vorsichtig damit, durch meine dunklen Haarsträhnen zu streichen.
"Wir haben das doch besprochen, Ggukie. Es sind nur fünf Tage. Wir telefonieren jeden Abend und ehe du dich versiehst, bin ich wieder bei dir."
Ich wollte nicht weinen. Ich wollte wirklich nicht weinen. Ich war erwachsen. Yoongi und ich hatten zuvor auch schon Tage getrennt verbracht. Fünf Tage würde ich durchhalten.
Bestimmt.
Sicher.
Nicht.
Trotz bester Bemühungen konnte ich die Tränen schlussendlich nicht zurückhalten. Doch das war okay. Mein Hyung war ja da. Und er umschloss mich mit seiner Wärme.
