Nun stand ich da, umgezogen in meiner Arbeitskleidung, sah mir den Himmel in der Morgendämmerung an, zog an der Zigarette und trank nebenbei meinen Kaffee to go. Ich war mir ziemlich sicher, hier in aller Ruhe zusein und verfiel in meine Gedanken.
Plötzlich legte mir jemand seine Hand auf den Rücken und ich erschrak. Traute mich gar nicht, mich umzudrehen und bestimmt war's auch nur eine Einbildung meiner Gedanken.
„Ich wollte Dich nicht erschrecken Julie. Rauchst du auch? Das wusste ich gar nicht" war da plötzlich wieder ihre warme und so samtige Stimme.
Wie versteinert blieb ich stehen, doch etwas sagen musste ich.
„Ich hatte gar nicht mit dir gerechnet Petra, Du rauchst also auch?" lächelte ich und hob dabei meine Augenbrauen an. Sie kam direkt vor mich und steckte sich ihre Zigarette an.
„Ist uns wohl gestern entgangen, manchmal ist das bei einer sehr netten Gesellschaft so" sagte sie und sah mir dabei direkt in die Augen.
Ich nickte und nippte an meinem Kaffee, als ich den Rest meiner Zigarette ausdrückte.
„Heute ist die Morgendämmerung wunderschön, in all den Farben findest Du nicht auch?"
Ich überlegte und musste schmunzeln, sie fand auch immer etwas zum Reden.
„Sehe ich auch so, vor allem die Vögel die ihr Lied jeden Morgen zu diesem Schauspiel singen, machen das umso runder. Ich lausche sehr gerne dann und genieße diese Kraftgebende Ruhe." antworte ich ihr. Sie sah mich kurz an und stellte sich dann neben mich.
Und sah sowie ich, in den Himmel. Ich lächelte, trank meinen letzten Schluck aus meinem Becher und sah sie flüchtig an als sich für einen Moment unsere Blicke gekreuzt haben.
„Ich glaube wir müssen los Petra, wir haben gleich viertel vor" unterbrach ich die Stille.Wenig später waren wir dann im Stationszimmer, wo der Nachtdienst, die anderen Kollegen von dem Frühdienst und die diensthabende Ärzte versammelten.
Heute hatte ich noch Welpenschutz, sagte mir Martin unser Arzt lächelnd. Er war um die 40 Jahre, sah gut aus mit seinen graublauen Augen und den dunklen Haaren.
Loel die den Nachtdienst hatte, erzählte uns das wir 5 Neuzugänge in der Nacht hatten. Alle anderen waren ruhig, der ein und andere verlangte Schmerzmedikationen und ansonsten war's eine untypische ruhige Schicht.
Martin sah mich oft an, ich war deshalb etwas nervös, weil auch nicht wusste, was er von mir erwartet als die "neue Schülerin"
Die Übergabe war recht schnell vorbei und so hatten wir noch etwas Zeit, um uns vorzubereiten.
Ich wollte gerade die Medikamente fertigen als Martin mich wieder ansah und meinte: „Julie kommt heute mit mir mit! Sie ist Oberkursschülerin, das kann ich gut gebrauchen und so sehe ich auch, wie gut sie wirklich ist" zwinkerte er mir zu. Mir war das wirklich etwas unangenehm aber wenn er das als Chefarzt so meint, muss ich dem Wohl befolgen dachte ich.
Petra hob direkt den Kopf, ihr Gesicht verriet dass sie mit seinem Vorschlag gar nicht einverstanden ist.
„Martin, sie ist meine Schülerin und offen unter uns gesagt, gebührt deine Aufmerksamkeit nicht ihrer sondern deinen Assistenzärzte, die jeden Moment hier auftauchen werden. Ein andermal vielleicht, ich muss jetzt mit Julie los!" erwiderte ihm Petra, dabei war ihre Stimme bei weitem nicht mehr wie heute früh sondern sehr schwer und bestimmend. An ihrer Haltung sah ich, wie sie darüber dachte.
Martin nahm Petra mit in das Nebenzimmer, sie schlossen die Tür und ich stand in dem Dienstzimmer. Ich konnte jedes Wort von Martin verstehen.
„Petra, muss ich Dir erklären wie unsere Hierarchie ist? Du bist Stationsleitung aber kein Chefarzt und wenn ich sage, dass ich deine Schülerin mitnehme ist das so"
„Ach so ist das also? Wenn's aber um wichtige Entscheidungen geht, dann soll ich dir helfen? Oder unser derzeitigen Chefarzt der Dir den Posten hier gibt? Nein sie bleibt bei mir"
Sie fechten noch eine Weile mit ihren Worten hin und her. Ich konnte mir auch nicht erklären, was das Ganze sollte und was Petra dazu brachte, so zu reagieren.
Irgendwann kam Hilde unsere älteste Kollegin dieser Station hinzu. Sie sah mich alleine herumstehen und nahm mich mit.
„Julie mach Dir bitte nichts daraus. Ich kenne Petra schon lange genug, quasi wie sie ihre Ausbildung bei uns hier gemacht hat"
Ich sah Hilde bedrückt an und hatte zugleich auch ein unschönes Gefühl. Offiziell war dies mein aller erster Arbeitstag auf dieser Station und der begann dann so? Was sollte meine PDL denken und die Chefin des Krankenhauses?
„Hilde, was haben die beiden denn nur so gegeneinander?" fragte ich sie, als wir die Medikamente für die Patienten einteilten.
„Ich weiß auch nicht, so der ein oder andere meint, Petra sei in Martin verliebt und alles was ihr eine Konkurrenz sei, würde sie eben nicht bei ihm dulden. Angeblich gabs deshalb hier auch nur ganz selten Schülerinnen und Schüler auch nicht. Aber wenn Du mich fragst, glaube ich all dem kein Wort! Petra ist einzig, sie wirkt immer taff, setzt sich unglaublich für uns ein. Für sie ist keine arbeit zu viel. Da musst Du dir selbst ein Bild davon machen. Das einzige was ich noch weiß ist, dass es ihr eine Zeitlang nicht so gut ging. So aber jetzt müssen wir die Medikamente verteilen, die müssen nämlich nüchtern sein. Ansonsten kann Manfred das Essen nicht verteilen" lächelte Hilde kurz und ging gemeinsam mit mir die Medikamente austeilen.
Ich war etwas verwirrt über die Aussage von Hilde,doch versuchte mir, vor ihr nichts anmerken zulassen.
Nachdem wir die Medikamente verteilt hatten und etliche Infusionen weiter waren, fand ich's irgendwie seltsam das Petra nicht mehr im Stationszimmer war.
Da wir allerdings jede Menge zutun hatten, machte ich erstmal meine Arbeit. Um 11 Uhr war's wieder ruhiger und so ging ich in die Pause.
Ich saß schon eine Weile auf der Bank, als Momo zu mir kam. Und sich neben mich setzte.
„Guten Morgen Julie, ist heute etwas stressig" begrüßte sie mich und hielt mir ein Wasser entgegen.
Etwas verblüfft aber auch Dankbar nahm ich das Wasser dankend an.
„Woher wusstest du das ich hier bin Momo?" fragte ich sie.
Sie sah mich an mit einem sehr einfühlsamen und beruhigenden Blick.
„Das hast Du mir wohl erzählt" meinte sie zwinkernd.
Ich lachte, weil das unglaublich war, Momo hatte ein gutes Gefühl aber gesagt hatte ich ihr nie etwas.
„Heute ist es wirklich stressig, da hast du recht Momo" sagte ich mit einer traurigen Stimme.
Sie hob ihren Kopf und sah mich mit einem fragenden Blick an und meinte dann: „ Ich glaube, du denkst darüber nach was heute morgen mit Petra und Martin war! Julie, bitte mach dir da keinen Vorwurf. Ich weiß für Dich sieht das alles so aus, als seist du an etwas schuld. Wo du aber keine Schuld hast. Wenn wir etwas Ruhe haben, reden wir mal mit einander. Weißt du was? Gib mal deine Handynummer oder ich gebe Dir meine?" lächelte sie aufmunternd dabei. Ich gab ihr mein Handy und als sie ihre Nummer eintippte sagte ich: „ja ich mache mir Gedanken, woher wusstest du das jetzt wieder? Mir war das total unangenehm, Martin und Petra streiten zuhören. Was ist, wenn das die PDL oder die Chefin erfahren wird. Sie denken doch sonst etwas"
„Ach Julie, ich glaub nicht dass die beiden etwas in dich interpretieren. Wir reden da nachher mal ganz in Ruhe darüber. 15 Uhr in der Lindenstraße, da gibt's super tollen Kaffee und Kuchen. Kein Nein Momo. Du kommst" meinte Momo und nahm mich in den Arm und drückte mich liebevoll. Diese Umarmung habe ich wirklich gebraucht und tat mir gut.
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Am Ende eines Tages, denkst Du an Menschen, die Dir wichtig sind.
Romance„Ich glaubte, mich selbst zusehen, als würde meine eigene Seele, vor mir stehen! Was ist nur los mit mir?" Die Tage vergingen, doch das Gefühl einer tiefen Sehnsucht, einer unbekannten Lücke, wuchs immer mehr! Finde heraus, was Du fühlst... Diese...