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Kaum hatten wir den Korridor betreten, bogen weitere Soldaten um die Ecke. Sie hatten die Schwerter bereits gezogen und fixierten mich feindselig.
Zwar hatte ich keine Ahnung, wo der König war, aber er hatte wohl den Befehl an alle gegeben.

Seufzend trat ich vor das zitternde Königspaar und verfiel in den Zustand von eben. Die Zeit verzögerte sich, ich raste auf die Leymalier zu und machte mit schwingenden Klingen kurzen Prozess mit ihnen.

Als ich die Zeit wieder los ließ und alles an seinen Platz rückte, fielen vor mir ein Dutzend tote Körper zu Boden und offenbarten mir wieder die Sicht auf Drystand und Chara.

Sie zuckten sichtlich zusammen, als die Soldaten für sie innerhalb eines Blinzeln einfach umkippten. Die Prinzessin sah zwischen den Leichen und mir hin und her.
„Was... was für eine Magie ist das?", keuchte sie mit blassem Gesicht.
Auch Drystan war inzwischen kalkweiß, doch er konnte nur stumm den Kopf schütteln.

„Wir müssen weiter", erinnerte ich sie kühl.
Zu meiner Ungeduld nur langsam, traten sie über die Leichen und bemühten sich darum nicht zu genau auf aufgeschlitzte Kehlen, Bäuche und abgetrennte Gliedmaßen zu schauen.

In mir brodelte nach wie vor ein kaltes Feuer, das meine Sinne schärfte, die Klingen in meiner Hand formte und mir Kraft gab.

Grimmig setzte ich meinen Weg durch die Gänge fort, vergewisserte mich immer wieder, dass die beiden mir folgten. Drystan und Chara waren im Gegensatz zu mir komplett ausgelaugt, stolperten über ihre eigenen Füße und hatten Mühe mit mir Schritt zu halten.
Aber die Burg war voll mit Allstairs Soldaten und je schneller wir hier raus kamen, desto besser. Ich wusste nicht, was gerade in mir abging oder wie lange ich es aufrecht erhalten konnte.

Es kamen weitere Männer und Frauen, die ich alle beseitigte, bevor sie den ersten Schlag ansetzen konnten. Mühelos erreichten wir den Kerker.

Als auch der Wachposten dort in seinem eigenen Blut lag, musste ich mich wegen einem plötzlichen Schwindelanfall an der eisigen Mauer abstützen.
Neben mir stolperte die Prinzessin gefolgt von Drystan zu der Zelle, wo Virginia noch immer an die Wand gelehnt saß. Das verletzte Bein von sich gestreckt, die Augen halb geschlossen, fanden wir sie im schwummrigen Licht der Kerkers vor.

Als Chara sich vor Anstrengung keuchend an die Gitterstäbe klammerte, hob die Leibwächterin den Kopf. Ihre Augen wurden groß als sie die Prinzessin ohne Wachen sah.

„Chara!", Virginia zog sich an der Wand hoch und humpelte mühsam zu ihrer Prinzessin, „Wie seid Ihr-"
Ihr Blick fiel auf mich und sie verstummte. Langsam sah sie an meiner blutbesudelten Gestalt hinunter, ehe sie schluckte. Ich stand direkt neben einer der kargen Fackeln, sodass vor allem meine feuchten Hände glänzten.

„Wir müssen schnell hier raus. Ich weiß nicht, wie lange ich den Soldaten standhalte."
Müdigkeit meldete sich hinter meinen Augen, als ich den toten Wachmann den Schlüssel abnahm und zu der Zelltür rüber ging, um sie aufzuschließen. Unwillkürlich wich Drystan ein Stück zurück.
Und wieder ignoriere ich das Gefühl, das es auslöste.

„Schnell", sage ich knapp und öffnete mit einer galanten Geste die Tür der Zelle.
Virginia humpelte wortlos heraus, verzog vor Schmerz das Gesicht.
Sofort war Chara neben ihr und legte ihr einen Arm um die Schulter. Als Drystan die andere Seite übernahm, entspannten sich ihre Züge etwas.

Wir schlugen den Rückweg ein, wobei wir an weiteren Soldaten vorbei kamen, die ich auf dem Weg hierhin getötet hatte.
Virginias Augen glitten beunruhigt über die leblosen Körper. Dann bemerkte sie: „Ihr habt gar keine Waffen bei euch."
Es war Drystan, der nach kurzem Schweigen antwortete: „Wir haben Nemesis."
Sofort spürte ich Virginias Augen in meinem Rücken, aber ich drehte mich nicht um, sondern führte uns aus dem Kerker raus und schlug den schnellsten Weg zum Ausgang ein. Dieser führte über den Dienstbotengang.
Dafür drückte ich in einem alten Zimmer der Burg mit vermoderten Möbeln ein großes, blasses Gemälde beiseite, sodass es sich wie eine Tür öffnete.

Nemesis - Blut und Schwerter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt