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10 - Zwischen Sand und Sternen

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"Wenn ich zuhöre, habe ich den Nutzen. Wenn ich spreche, haben ihn andere."

✶✶✶

Wir erreichten unseren zweiten Rastplatz, als die Sonne unterging. Mittlerweile konnte man die Palmenhaine von Jaradin in der Ferne sehen. Es war nur noch ein halber Tagesmarsch, bis ich zuhause ankommen würde.

Luay baute unser Lager auf, indem er die Zeltplane in die Luft warf und dann mit einem Windstoss aufblies. Selbst das Zelte aufschlagen musste mit Magie geschehen. Ich rollte mit den Augen, als er sich mir grinsend zuwandte.

„Ziemlich lässig, was?", meinte er.

„Angeber", grummelte ich mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

Ich erhielt abermals Zahirs Zelt für die Nacht und säuberte meine Wunden, während die Herren draussen den Sitzplatz aufstellten. Der Schnitt an meinem Kinn brannte höllisch, als ich mit dem Wüstenlilienwasser darüber strich. Meine Schürfungen an den Beinen, Armen und an meinem Oberkörper waren allerdings schon gut verkrustet.

Meine Eltern würden dennoch Fragen stellen, weshalb ich mit solchen Verletzungen nach Hause kam. Das war klar. Bis dahin musste ich mir noch eine gute Geschichte ausdenken, die ich ihnen erzählen würde.

Zum Abendessen gab es eine vielfältige Auswahl an Mezze, die sich dieses Mal Zahir gewünscht hatte.

Unzählige Teller mit Baba Ganoush, Taboulé, Falafel, Kibbeh Nayé, Jogurt und Oliven lagen vor uns. Wir waren hungrig und assen gierig, dabei fiel mir auf, dass Zahir alle Falafel hortete. Auf meinen fragenden Blick antwortete er bloss, dass es anscheinend sein Lieblingsessen sei.

Ich schmunzelte.

Meine Grossmutter konnte die leckersten Falafel zubereiten, das war nebst dem Couscous eines ihrer Spezialitäten. Schnell schob ich den Gedanken zur Seite, bevor sich mein Herz vor Sehnsucht zusammenziehen würde. Ich vermisste sie jetzt schon so schrecklich und dabei waren kaum sieben Tage seit meiner Abreise vergangen.

Nach dem Essen verabschiedete sich Luay von uns und verschwand in seinem Zelt.

Ich holte mein Buch hervor und blätterte darin, während sich Zahir der Länge nach auf den Rücken legte und in den Nachthimmel starrte. Bestimmt sinnierte er, so, wie er es während unserer heutigen Reise schon getan hatte. Den ganzen Weg durch die Wüste war er schweigsam gewesen. Auf meine Frage hin, warum er denn so viel nachdenken müsse, hatte er bloss erwidert, es sei eine Lektion, die er lernen müsse.

Ich blätterte bis zu Seite 361 meines Buches und wollte anfangen zu lesen, da spürte ich, wie sich Zahir aufsetzte und mir über die Schulter schielte.

„Was liest du da?"

Ich klappte das Buch augenblicklich zu. Ein dummer Reflex einer Kasbahrin, die befürchtete, mit dem Lesen ein Verbrechen begangen zu haben.

„Oh." Ich räusperte mich und hoffte, dass er meinen Schreck nicht bemerkt hatte. „Es ist ein Buch, das mir meine Grossmutter für die Rückreise geliehen hat."

„Ist es eine Fabelgeschichte?"

Ich schüttelte den Kopf, was dazu führte, dass mir mein Kopftuch wieder auf die Schultern fiel. Diese Turbane waren einfach nicht dafür gemacht, so über den Scheitel gelegt zu werden. Ich scherte mich nicht darum.

„Nein", erwiderte ich. „Es ist ein Geschichtsbuch. Es handelt von einem mächtigen Mann, der vor langer Zeit lebte und über ein grosses Reich regierte."

„Klingt fast wie ein Märchen."

Ich lachte auf und strich mit meinen Fingern über den ledernen Buchdeckel. Zeitzeugnisse wirkten manchmal wirklich wie fantastische Geschichten, verrückte Ereignisse, die so fern in der Vergangenheit lagen, dass man sich nicht mehr sicher sein konnte, ob sie tatsächlich einmal geschehen waren.

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von Fleur
@FleurDeCel
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