Er hatte nicht nur ein Hemd angezogen, sondern es offen sichtlich sogar vorher gebügelt. Wenn das kein Beweis war, dass er mehr als nur Sex wollte!
Man sah Mats an, dass er einen ausgiebigen Sommerurlaub genossen hatte. Seine Haut war an den Armen zwar nur leicht gebräunt, doch dafür tummelten sich viele kleine Sommersprossen auf seiner Nase, und die Haare waren so sehr ausgeblichen, dass die Haarspitzen weißblond waren.
Das Herbstwetter zeigte sich von seiner besten Seite. Es fühlte sich wie Hochsommer an, und es lief erstaunlich gut zwischen uns. Wir hatten schon eine Stunde in einer Eisdiele verbracht, ohne dass es zu einer unangenehmen Stille gekommen war. Viel mehr konnte man bei einem ersten Date doch nicht erwarten!
»Wie viele Tinder-Dates hattest du denn schon?«, fragte er, als wir auf einem Steg saßen und unsere Füße im Wasser baumeln ließen.
Verlegen sah ich auf die glitzernde Wasseroberfläche. »Das ist mein erstes«, gab ich zu und sah auf meine Füße.
»Echt?«, fragte er, und es klang sogar recht erfreut.
»Meins auch.«
Überrascht sah ich zu ihm auf. »Wirklich?«
»Ja, eigentlich ist Tinder gar nicht meine Welt, aber mein Bruder hat mich dazu überredet. Ich bin kein Mann für One-Night-Stands.«
Sofort schlug mein Herz schneller. Ich hatte das Gefühl, dass lediglich meine Rippen es davon abhielten, aus meiner Brust zu springen.
»Du hast vielleicht auch gemerkt, dass ich ein bisschen warten wollte mit dem Treffen.«
Kein Zweifel mehr. Wir waren Seelenverwandte. Ich lehnte mich vielleicht weit aus dem Fenster, aber hiermit legte ich mich fest: Wir gehörten zusammen. Das konnte ich spüren! »Bei mir ist es ganz genauso!«, ließ ich ihn euphorisch wissen. »Ich wollte auch nicht gleich alles überstürzen und wurde von einer Freundin genötigt.«
Wir beide mussten lachen. Dieses herzliche Lachen hatte er nicht nur auf seinem Profilbild. In der Realität war es so gar noch ein bisschen schöner.
»Das heißt, dass du wirklich auf der Suche nach etwas Ernstem bist?«, fragte er.
»Wenn man ›Ehemann‹ als etwas Ernstes bezeichnen kann«, scherzte ich. Eigentlich war es gar kein Scherz, doch das sollte ich ihm besser nicht sagen.
Er lachte und schien mich nicht als irre abzustempeln.
»Du arbeitest also im Medizinjournalismus«, wechselte er nun das Thema. »Hast du Medizin studiert?«
»Ja. Ich habe mein Medizinstudium tatsächlich abgeschlossen.«
»Wow! Und dann arbeitest du nicht als Ärztin? Da würdest du doch bestimmt viel besser verdienen.«
»Ach, darum geht es dir! Du suchst nur eine Frau, die Geld hat«, spaßte ich und stupste ihn leicht an.
»Ja, ich bin ein Feminist der ganz modernen Art«, führte er schmunzelnd fort. »Ich finde, die Geschlechterrollen sollten sich wirklich endlich mal ändern. Es wird Zeit, dass die Frauen das Geld verdienen und die Männer den Haushalt schmeißen!«, fügte er ironisch hinzu.
Deshalb also das gebügelte Hemd.
»Da bist du bei mir leider nicht an der richtigen Stelle. Denn es stimmt: Als Journalistin verdiene ich bei Weitem nicht so viel wie als Ärztin, aber ich habe einfach gemerkt, dass ich zu sensibel für den Arzt-Job bin.«
»Das Blut?«, hakte er nach.
Ich schüttelte den Kopf. Ich erzählte ihm lieber nicht die Wahrheit, warum ich den Job wirklich an den Nagel gehängt hatte. Das würde nur die Stimmung drücken. »Die Menschen«, korrigierte ich ihn. »Ich kann es nicht ertragen, wie sie leiden. Und als Ärztin siehst du den ganzen Tag nichts anderes.« Auch diese Aussage stimmte. Es war nur eben nicht die ganze Wahrheit.
DU LIEST GERADE
Two Faces (ehemals Babyface)
Romance*Diese Geschichte ist auch als richtiges Buch im Handel erhältlich* Die meisten Geschichten enden mit der großen Liebe, doch diese Geschichte beginnt damit. Die Journalistin Tilda lernt bei einem Date Mats kennen, den Mann ihrer Träume. Beiden ist...
Wattpad Original
Es gibt 4 weitere kostenlose Teile