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1. Kapitel

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»Ich habe mein erstes Date!«, ließ ich Kim erfreut wissen. Es war nicht irgendein erstes Date, sondern mein erstes Tinder- Date.

»Das wurde ja auch mal Zeit!«, entgegnete sie und nippte an ihrem To-go-Bambusbecher. Ihr knallroter Lippenstift hinterließ einen Abdruck am Becherrand. »Wie lange hast du Tinder jetzt? Zwei Monate? Du weißt schon, dass diese App für eine schnelle Nummer gedacht ist und nicht, um eine jah­relange Brieffreundschaft zu führen.«

Ich war noch nie jemand für eine schnelle Nummer gewe­sen. Ich war eher so ein Mädchen, wie Jane Austen es kreiert hätte: Es dauerte bei mir schon Ewigkeiten, bis es überhaupt zu einem Kuss kam. Und selbst dann war noch lange nicht die Zunge im Spiel. »Ich wollte eben ein Gefühl dafür be­kommen, wer er ist«, rechtfertigte ich mich.

Kim, die nicht einmal den Namen von dem Mann wissen musste, um mit ihm zu schlafen, schüttelte ein wenig abwer­tend den Kopf. »Ist es dieser Mats?«

Ich nickte und musste dabei automatisch lächeln. Es hatte mich wirklich erwischt. »Ja, genau der! Ich glaube, er könnte der Richtige sein.«

Ich konnte meine Schwärmerei nur schlecht verstecken. Doch die Wahrheit war, dass seine Nachrichten mich sehr oft berührt oder zum Lachen gebracht hatten, sodass ich nun ein vollkommen idealistisches Bild von ihm im Kopf hatte. Er war der perfekte Mann. Lustig, einfühlsam und schlau.

Kim verdrehte die Augen. »Der Richtige?«, äffte sie mich fragend nach. »Das ist Tinder. Du kannst froh sein, wenn du ein zweites Date bekommst. Mach dir nicht zu große Hoff­nungen. Für die meisten geht es wirklich nur um Sex.«

Vermutlich hatte sie recht, doch ich hatte mich schon längst in Mats' Profilbild verliebt. Er hatte ein so herzliches Lachen, dem man einfach nicht widerstehen konnte.

Natürlich kannte ich den Ruf von Tinder, doch ich konnte mich normalerweise auch auf meine Menschenkenntnis ver­lassen. Und die sagte mir, dass Mats nicht nur Sex wollte.

»Wir haben wirklich nett geschrieben und so viele gemein­ same Hobbys. Er spielt sogar auch Hockey! Und er reist gern.« Okay, zugegebenermaßen reiste jeder gern. »Er könnte wirklich der Eine sein. Außerdem hätte er nicht so viel Zeit investiert, um mit mir zu schreiben, wenn er wirklich nur Sex haben wollte.«

»Du bist ganz schön verzweifelt, deinen Mann fürs Leben zu finden, oder?«, fragte Kim nun ein wenig ernster.

Ich seufzte. War es wirklich so auffällig?

»Ich bin 28.« Ich machte mit meinem Tonfall klar, dass 28 kein gutes Alter war, wenn man noch Single war. »Meine biologische Uhr fängt langsam an zu ticken. Ich will in die­sem Leben noch Kinder haben, und das sollte idealerweise vor 35 passieren, denn ab da wird es schwer mit dem Schwangerwerden, und außerdem steigt dann das Risiko, dass das Kind nicht gesund zur Welt kommt. Das sind noch sieben Jahre, bis ich 35 bin. Und bedenke, dass ich mindes­tens zwei Kinder haben will. Und dazu brauche ich erst ein­ mal einen Mann, und da man ja nicht gleich nach einem Mo­nat mit dem Kinderkriegen loslegt, sollte ich langsam anfan­gen, den Vater meiner Kinder zu finden. Sonst wird das nie was!«

Shit, ich klang wirklich verzweifelt.

Über Kims Lippen kam ein »O Gott!«. Entsetzt sah sie mich an. »Du bist ja noch viel verzweifelter, als ich dachte.

Entspann dich doch ein bisschen. Du bist noch in deinen 20ern. Genieße deine Freiheit. Um Familie und so einen Kram kannst du dich kümmern, wenn du 30 bist. Und sag bloß dei­nem Date von heute Abend nicht, dass er schon fest in deiner Familienplanung verankert ist.«

Sie hatte gut reden. Sie war 23. In dem Alter dachte ich auch noch, dass sich das alles schon von allein fügen würde. Doch mittlerweile war ich eines Besseren belehrt worden. Der Traummann kam nicht einfach so vorbei. Den musste man sich erkämpfen.

Two Faces (ehemals Babyface)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt