Alles findet irgendwann ein Ende.
Ich frage mich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, von einem Eiszapfen durchbohrt zu werden. Ob man innerlich verblutet, und wie schnell das wohl gehen mag.
Von hier unten sehen sie gar nicht so riesig aus. Dafür aber spitz. Wie eiserne und gigantische Stachel.
„Kommst du?" Lena stopft die Handschuhe in ihre Manteltasche. Sie reckt das Kinn und runzelt die Stirn, bevor sie nähertritt und ebenfalls den Giebel des Altbaus betrachtet. „Was ist denn da?"
„Nichts.", antworte ich und hake mich fröstelnd bei meiner besten Freundin unter.
„Du bist seltsam, weißt du das?" Sie knufft mich in die Seite und lacht.
Ich nicke lächelnd, während wir den Coffee-Shop betreten. Der Duft von frisch gemahlenen Kaffeebohnen hängt in der Luft. Süßes Gebäck reiht sich hinter der Theke aneinander. Eine junge Frau mit weißer Schürze bedient die Gäste, die an den Tischen sitzen, und sich die Hände an den heißen Tassen wärmen. Dick gefütterte Jacken mit Fellkapuzen hängen über den Stühlen aus Kunstleder. Eiskristalle zieren die Ränder der Sprossenfenster, hinter denen sich Hamburgs Altstadt erstreckt. Und plötzlich bist da Du. Hinter dem Tresen, in sicherer Distanz zum Getümmel.
Du siehst mich an, und du siehst mich ganz. Es ist, als würde die Stille eintausend Wörter herüber schwemmen und mir genau so erzählen wer du bist, wie sie dir erzählt, wer ich bin. Hinter der Maske und den Lügen bis hinein in die tiefsten Ecken deiner Seele.
Ich frage mich, wie deine Stimme klingen mag. Ob sie so sanft ist wie dein Blick.
Du räusperst dich und schiebst eine Kaffeetasse zur Seite. Mit all deiner Professionalität nickst du uns zu. „Was darf's sein?"
„Wir hätten gern' zwei Milchkaffee.", sagt Lena.
„Zwei Milchkaffee ...", wiederholst du konzentriert. „Kommt noch 'was dazu?"
Mir gelingt bloß ein Kopfschütteln. Still und heimlich, als würde es dann nicht real.
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Café au Lait
Ficción GeneralWer hätte gedacht, dass ein Milchkaffee mein Leben verändern würde? © lostinthedawn Alle Rechte vorbehalten