𝗌𝗍𝖺𝗅𝗄𝖾𝗋

59 4 4
                                    

"Danke sehr, schönen Abend noch" bedankte ich mich kleinlaut bei der Kassiererin und verließ mit meinen zwei Plastiktüten den Einkaufsmarkt. Miesgelaunt lief ich an der Straße entlang und beobachtete die an mir vorbeifahrenden Autos. Ihre Scheinwerferlichter spiegelten sich in den Schaufenstern neben mir. Die Straßen waren beinahe Menschen leer. Bis auf einen alter Rentner mit Rollator und einer stark geschminkten Gruppe an Teenie Mädchen begegnete ich niemandem auf dem schmalen Fußgängerweg. Allerdings spürte ich auf der Hälfte der Strecke ein unangenehmes Gefühl. Als ob mich jemand beobachtete. Bitte nicht auch noch das. Ich sah mich um. Die Angst stieg in mir auf. Ohne es richtig mitzubekommen, begann ich schneller zu laufen. Mit wehenden Haaren bog ich um die nächste Ecke. Noch knapp zehn Minuten Fußweg lagen vor mir. Das Gefühl nicht allein zu sein begleitete mich auch die nächsten Minuten, in den ich schwer atmend durch die dunklen, von Straßenlaternen beleuchteten Straßen lief. Bis ich auf der anderen Straßenseite eine Person erkannte. Schwarz gekleidet, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, mit einem Handy in der Hand. Zuerst dachte ich mir nichts dabei, doch nachdem ich bemerkte, dass die Person mir durchgehend folgte, begann ich einige Umwege zu laufen. Der Mann blieb mir stets auf den Fersen und das Schlimmste: Er kam immer näher. Ich wollte weinen. Als ich meine Straße mit den eingeschlagenen Autoscheiben und dem gruseligen Spielplatz sah, fing ich an zu rennen. Ich sprintete die Straße entlang, stieß eine Mülltonne um, deren Inhalt sich auf dem eh schon verdreckten Gehweg verteilte. Die Tränen hinterließen heiße Spuren auf meinen kalten Wangen. Schluchzend sah ich über meine Schulter. Aus dem einen Mann waren drei geworden. Ich wimmerte auf. Bitte Gott, lass es alles ein Traum sein. Ich wimmerte laut auf, als ich über etwas am Boden stolperte und beinahe Bekanntschaft mit ihm machte. Ich hörte die polternden Schritte meiner Verfolger hinter mir. Schluchzend nahm ich all meine restliche Kraft zusammen und stürzte ins Treppenhaus. Gerade nahm ich die erste Stufe, als jemand nach einer der Plastiktüten griff. Ich schrie auf, ließ so schnell ich konnte die Henkel los und der gesamte Inhalt landete auf dem Hausflur. Die gefüllten Konservendosen schepperten über den Boden und verursachten einen Heidenlärm. Ich eilte die Treppe hinauf, schmiss die andere Tüte den Männern entgegen, um sie irgendwie aufzuhalten. So viel Angst hatte ich noch nie in meinem gesamten Leben gehabt. Ein großer, muskulöser Mann griff nach meinem Bein. Schreiend trat ich nach ihm, doch das half nichts. Er zog mich von den Treppen und warf mich gegen die Wand. Vor Schmerzen aufschreiend, hielt ich mir die Hände über den Kopf, als derselbe Kerl mit voller Wucht auf mich eindrosch. Ich trat nach ihm mit all meiner Kraft, schlug um mich, als er mich vom Boden hoch zehrte und Anstalten machte mich erneut zu schlagen. Genau in dem Moment, als der Maskierte seine geballte Faust hob und zum Schlag ausholte, öffnete sich die Tür neben uns. Frau Yoo, die Mutter der drei Kinder, kam in den Flur. Ich verstand nicht, was sie sagte, in meinen Ohren fiepte es. Die Männer schmissen mich zu Boden und ergriffen die Flucht. Frau Yoo betrachtete mich mit einem missbilligenden Blick und schloss dann ihre Haustür. Aufstöhnend drehte ich mich auf dem Rücken. Mein Körper schmerzte, mein Kopf dröhnte und mein Bauch fühlte sich an als hätte jemand mit einem Baseballschläger mehrmals auf ihn eingeschlagen. Erschöpft schloss ich die Augen. Was für kranke Psychos. Beim Aufstehen verkrampfte sich mein ganzer Körper. Meine Beine knickten weg und ich fiel auf die Knie. Schwer atmend stützte ich mich mit meinen Händen auf dem Boden ab. Ohne aufzublicken, griff ich mit der rechten Hand nach dem Treppengeländer, umgriff es fest. Ächzend hievte ich mich an ihm hoch. Kraftlos nahm ich die erste Stufe. Auf der Hälfte der Treppe brach ich schluchzend und vor Schmerzen wimmernd zusammen. Doch aus Angst, die Schläger würden zurückkommen, krabbelte ich auf allen Vieren die letzten Stufen und den kurzen Flur zu meiner Haustür entlang und lehnte mich entkräftet gegen diese. Mit zitternden Fingern griff ich nach dem eiskalten Metall in meiner Jackentasche. Ich brauchte einige Versuche bis ich es schaffte die Tür aufzuschließen. Irgendwie schaffte ich es ins Innere der Wohnung und schob die Tür zu. Keine Sekunde, nachdem ich die Tür geschlossen hatte, brach ich endgültig zusammen. Die Beine eng an den Körper gezogen. Schluchzer schüttelten meinen Körper. Ich kann dich erlösen. Lass dich nur fallen. Tu es einfach. Es wird das Beste sein. "Sei leise", flüsterte ich gereizt. Mein Weinen wurde stärker. Ich schlug mir mit der Faust gegen den Kopf immer wieder und wieder.³ Lass dich einfach fallen, ich weiß, dass du es willst. "Sei leise! Halt endlich deine Klappe!", schrie ich. "Bitte" setzte ich mit zitternder Stimme hinzu. Stille.

"Tu es"
__________________________

𝙔𝙤𝙪𝙧 𝙎𝙤𝙣𝙜 | 𝘱.𝘫𝘮Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt