31. Alex

3K 149 11
                                    

Heute war es soweit. Ich packte noch schnell die letzten Dinge ein und brachte dann meinen, sowie Majas und Bens Koffer zu meinem Auto. Schnell überprüfte ich nochmals, ob ich auch wirklich nichts Wichtiges vergessen hatte. Als ich mir sicher war, wirklich alles dabei zu haben, rief ich nach meinen drei Geschwistern. Nacheinander kamen Maja, Ben und schliesslich auch Nick aus dem Haus. Nick schloss die Türe hinter sich ab und brachte mir dann noch seine Reisetasche, welche ich zu den anderen in den Kofferraum quetschte. Wir stiegen alle ein und ich fuhr los.

"Musst du wirklich gehen Alex?", fragte mich Maja mit leicht zitteriger Stimme. Ihr gefiel es nicht, dass ich mit Nate und Daimon für einige Tage weg fuhr. Doch ich musste das tun. Ich hatte diesen Drang in mir, den ich nicht wirklich erklären konnte. Aber ich war mir sicher, dass es gut war, dass ich mit zu diesem Alphatreffen fuhr und diesen Ciaran kennenlernte. Deswegen nickte ich und lächelte Maja durch den Rückspiegel zu.

"Es ist wichtig für mich, dass ich mit Nate dorthin gehe. Aber ich werde nur ein paar Tage weg sein. Und ich bin mir sicher, dass sich Eve in dieser Zeit wunderbar um euch kümmern wird", versicherte ich Maja. Doch diese schien nicht wirklich überzeugt zu sein. Allerdings schwieg sie und auch die anderen waren ruhig.

Erst als ich den Wagen vor dem Rudelhaus der Shadows hielt, platzte aus Ben heraus: "Und was ist, wenn du auch nicht wieder kommst?" Schockiert drehte ich mich zu den Zwillingen auf dem Rücksitz um. Doch die beiden wichen meinem Blick aus und schauten auf den Boden. Mir fiel erst jetzt auf, wie ähnlich die Situation zu der mit Mom und Dad damals war. Aber ich würde sie doch nicht verlassen! Mein Blick schnellte zu Nick, doch auch er schaute mich einfach nur abwartend und etwas unsicher an.

"Hey, seht mich bitte mal an", bat ich nun wieder Ben und Maja. Die beiden hoben langsam ihren Kopf und ich konnte in ihren Augen einige Tränen schimmern sehen. Das brach mir beinahe das Herz. Weshalb ist mir nicht schon vorher aufgefallen, was das Problem war, seit ich ihnen von dieser Reise erzählt hatte? "Hört mal. Ich verspreche euch, dass ich wieder nach Hause kommen werde. Nate hat mich gefragt, ob ich ihn auf diese Reise begleiten möchte. Und ich würde das wirklich gerne tun, denn es ist mir wichtig. Aber ich schwöre euch bei allem, was mir lieb ist, dass ich nach Hause zurückkommen werde. Es wird nur ein paar wenige Tage dauern. In Ordnung?", versuchte ich meinen Geschwistern zu erklären.

"Und weshalb ist dieses Alphatreffen so wichtig für dich? Du wolltest dich doch immer von anderen, fremden Werwölfen fernhalten!", wollte Nick von mir wissen. Ich hatte bisher noch keinem von ihnen erzählt, was ich über unsere Eltern herausgefunden hatte und auch nicht, dass ich vermutlich eine Alpha war und mich um das Rudel unseres Vaters sorgte. Ich hielt es noch für zu früh, aber wahrscheinlich hatte ich einfach Angst.

Allerdings wollte ich sie nicht belügen. Daher versuchte ich möglichst nahe an der Wahrheit zu bleiben: "Das ist wahr. Ich wollte uns alle vor Fremden versteckt halten, weil Mom und Dad das so gemacht hatten. Aber den Grund, weshalb sie das taten, kannte ich nie. Und mittlerweile beginne ich es zu hinterfragen. Ich merke, wie wohl ihr euch unter eures Gleichen fühlt und auch ich fühle mich irgendwie vollständiger im Rudel. Und ausserdem hoffe ich etwas mehr über Mom und Dad und ihr Rudel herauszufinden. Deshalb möchte ich dorthin."

Die drei sahen mich mit grossen Augen an und schienen sich meine Worte durch den Kopf gehen zu lassen. "Glaubst du wirklich, dass du dort etwas über sie erfahren könntest?", fragte Nick nach einiger Zeit leise. Ich zuckte mit den Schultern: "Möglich wäre es." "Dann musst du gehen! Aber ich will mit!", rief Ben schliesslich. Maja nickte zustimmend. Doch ich konnte sie nicht mitnehmen. "Ihr bleibt hier! Ihr habt schliesslich Schule!", bestimmte ich streng. "Aber du doch auch und du gehst trotzdem!", motzte Maja. "Ich bin erwachsen und ich habe nächste Woche viele Lektionen, die ausfallen! Und jetzt reichts! Ich werde euch nicht mitnehmen!" Meine Geschwister waren zwar nicht zufrieden damit, doch sie wussten, dass ich mich nicht mehr umstimmen liess und gaben sich geschlagen.

Natürlich war nicht die Schule der eigentliche Grund, weshalb sie nicht mit durften. Es war einfach zu gefährlich. Ich wusste nicht, was mich dort erwarten würde. Ausserdem hatte ich Angst, dass mich dort jemand erkennen könnte, schliesslich sah ich meiner Mutter sehr ähnlich. Nate meinte es wäre besser, wenn ich mich nicht als Tochter von Sabrina und John Silver vorstellte, schliesslich war der momentane Alpha des Silver Moon Rudels dort und er könnte sich von einer Nachfahrin des vorherigen Alphas bedroht fühlen. Jedenfalls meinte das Nate. Aber allein die Möglichkeit, dass etwas schiefgehen könnte reichte mir aus, um meine Geschwister von dort fernhalten zu wollen.

Ich lud unsere Koffer und Taschen wieder aus dem Kofferraum und drückte jedem seine in die Hand. Anschliessend liefen wir zum Haus und klingelten. Ich hörte drinnen ein lautes Poltern und ein unterdrücktes Lachen. Dann wurde auch schon die Türe aufgerissen und Nate strahlte mir überglücklich entgegen. Als ich seine strahlenden, graublauen Augen, die weichen, schwarzen Haare und sein wunderschönes Grinsen sah, begannen die Schmetterlinge in meinem Bauch mal wieder aufgeregt herum zu flattern. Diese Anziehung zu meinem Gefährten wurde immer stärker und ich hatte es aufgegeben, mich dagegen zu verschliessen. Ich mochte es, von ihm im Arm gehalten zu werden. Ich konnte mit ihm über alles sprechen und mir war auch klar, dass ich ihm vertrauen konnte. Ausserdem konnte ich nicht verhindern, dass ich begann, mich in ihn zu verlieben. In seine offene, liebevolle Seite, die mir zuhörte und mir jeden Wunsch von den Lippen ablas. In seine lustige Seite, die mich mit schlechten Witzen zum Lachen brachte. In die ernste, beschützerische Seite, mit der er sein Rudel führte. Aber irgedwie mochte ich auch die aufbrausende, herrische Seite an ihm. Ich gehorchte ihm zwar nicht, doch es machte Spass, mich ihm zu widersetzen und ihn damit wütend zu machen.

Schnell schüttelte ich diese schnulzigen Gedanken wieder ab. Nicht jetzt hier vor meinen Geschwistern, ermahnte ich mich selbst. Etwas weiter den Gang runter erblickte ich Eve und Daimon, die noch immer versuchten ihr Lachen zu unterdrücken. Ich umarmte Nate zur Begrüssung und musste mich dann dazu zwingen, ihn wieder loszulassen. Danach ging ich zu Eve und umarmte auch sie vorsichtig. Ihr Bauch wurde wirklich immer grösser.

"Was ist so lustig?", wollte ich von ihr wissen. Sie begann wieder zu kichern und warf Nate einen amüsierten Blick zu. Dann erklärte sie mir leise: "Unser werter Alpha fiel fast die Treppe runter, weil er dir unbedingt so schnell wie möglich die Tür öffnen wollte. Wenn es um dich geht, wird er manchmal wirklich zum Tollpatsch." Daraufhin musste auch ich leise lachen und schaute zu Nate. Er war gerade dabei mit Ben und Maja zu sprechen. Das sah echt niedlich aus, wie er in die Hocke ging, um auf Augenhöhe mit ihnen zu sprechen. Es gefiel mir ungemein, dass er sich solche Mühe mit meinen Geschwistern machte.

Als hätte Nate meinen Blick gespürt, schaute er zu mir und schenkte mir ein schiefes Grinsen, bei dem meine Beine schon wieder schwach wurden. Ich schaute schnell wieder zu Eve und unterhielt mich mit ihr weiter. Irgendwann war es dann jedoch an der Zeit aufzubrechen. Ich verabschiedete mich von Eve und nahm meine Geschwister nochmals fest in den Arm. Nick musste ich versprechen, auf mich aufzupassen. Ben und Maja sagten nur, dass ich schnell wieder kommen sollte. Da Daimon und Eve noch etwas brauchten, um sich voneinander loszureissen, gingen Nate und ich schonmal vor zu einem grossen, schwarzen Geländewagen. Mein Auto stand ganz in der Nähe, doch da es mit der alten Klapperkiste ewig dauern würde, durfte ich es hier stehen lassen.

Nach einigen Minuten kam dann auch Daimon nach und stieg auf die Rückbank, da ich den Beifahrersitz belegte und Nate hinterm Steuer sass. Und dann ging es auch schon los. Ich war wirklich gespannt, wie dieses Alphatreffen werden würde.

My wolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt