~ Die Rückkehr des Sohnes ~

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Drei Gestalten liefen den verschneiten Weg in Richtung Hogsmeade entlang, ein Phönix folgte ihnen. Der Jüngste wurde vom Zweiten gestützt, während der Dritte nebenher ging und, als sie bei der Weggabelung angelangten, nach einer kurzen Verabschiedung den Weg hoch zur Schule einschlug. Die beiden Männer gingen weiter in das kleine Zaubererdorf hinein, bis sie an dem Gasthof „Zum Eberkopf" anhielten. Der Ältere ließ mit einem gemurmelten Zauberspruch die Tür aufspringen und Vater und Sohn betraten das Gebäude. Der Phönix flog ebenfalls in den Gastraum und ließ sich auf einer Stuhllehne nieder. Langsam wankte der Jüngere auf einen zweiten Stuhl zu und nahm darauf Platz. Aberforth durchquerte den Schankraum und verschwand im angrenzenden Zimmer, die Küche, wie Credence vermutete.

Credence war insgeheim froh, nicht mehr in Nurmengard zu sein, nicht mehr die misstrauischen Blicke der anderen auf sich zu spüren, die jeden seiner Schritte zu beobachten schienen. Queenie war die Einzige gewesen, die jemals ein freundliches Wort an ihn gerichtet hatte, im letzten halben Jahr. Grindelwald hatte sie beide manipuliert, damit sie ihm folgten, er hatte sie beide geködert, doch weder er noch Queenie hatten sich auf Grindelwalds Seite geschlagen, weil sie das, was der dunkle Zauberer vorhatte, guthießen. Er hatte sie beide in seine Fänge gelockt und danach war es zu spät für einen Rückzieher gewesen. Queenie waren Zweifel gekommen, wie auch ihm, und durch diesen Umstand hatten sie einander vertraut, in einer Festung, in der niemand niemandem zu trauen schien.

Einige Minuten später kam Aberforth wieder, zwei mit Essen gefüllte Teller in den Händen haltend. Einen davon stellte er vor dem Jungen auf den Tisch, bevor er sich ihm gegenüber auf einen Stuhl fallen ließ. Der Phönix flatterte von der Stuhllehne herüber und ließ sich einige Zentimeter neben Credence' Teller auf dem Tisch nieder und blickte den Schwarzhaarigen erwartungsvoll an. Dieser langte sogleich in seine Hosentasche und ließ eine Handvoll Kräuter vor dem Vogel auf den Tisch fallen, die er sogleich begierig aufpickte. Danach griff Credence auch nach seinem Löffel und aß langsam die Suppe, die Aberforth ihnen zubereitet hatte.

Einige Minuten herrschte Schweigen, während sie aßen, dann hob Credence den Kopf und sah seinen Vater an. „Was ist damals passiert?", fragte er. Er flüsterte nur, doch jedes Wort war deutlich zu verstehen. Aberforth ließ seinen Löffel sinken. Er wusste, wovon Credence sprach, er hatte diese Frage geahnt. Nun fing er an zu erzählen: „Wir waren beide siebzehn, als deine Mutter Virginia mit dir schwanger wurde. Es gab übles Gerede im Dorf, was ihre Eltern dazu bewog, aus Godric's Hollow wegzuziehen, nach London. Deine Mutter und ich blieben in engem Briefkontakt, doch nach einigen Monaten, als du auf die Welt kamst, brach der Kontakt urplötzlich ab. Im letzten Brief schrieb sie von deiner Geburt. Wir hatten Pläne gemacht, nach unserem Schulabschluss zu heiraten, vor allem als klar war, dass Virginia schwanger war. Ihre Eltern sahen das nicht gerne, sie hatten leider andere Pläne, von denen ich zu spät erfuhr. Sie schickten deine Mutter mit dir und ihrer älteren Schwester nach Amerika, doch das Schiff sank und deine Mutter, und scheinbar auch du, kamt dabei ums Leben. Ich dachte, ihr wärt tot, ich dachte, ich hätte euch verloren, dich verloren." Aberforth seufzte schwer, die Erinnerungen setzen ihm mehr zu, als er gedacht hatte. Kurz dachte er an die Panik, die ihn damals ergriffen gehabt hatte, als ihn die Hiobsbotschaft erreichte, dieses grässliche Gefühl, zwei weitere Menschen verloren zu haben, die er geliebt hatte, wobei er den einen noch nicht einmal kennengelernt hatte. Doch zumindest war sein totgeglaubter Sohn wieder zu ihm zurückgekehrt. Auch wenn er Ariana, seine Mutter, seinen Vater und Virginia durch den Tod verloren hatte, Credence lebte noch und - was viel wichtiger war - er war nun endlich Zuhause.

„Leta Lestrange hatte mich mit ihrem Bruder Corvus vertauscht, deshalb konnte ich überleben", erzählte Credence leise. Er wusste nicht, ob sein Onkel Aberforth die Geschichte von Leta erzählt hatte, daher erzählte er sie ihm nun. „In Amerika wurde ich in die Obhut einer Frau namens Mary Lou Barebone gegeben, die Hexen und Zauberer über alles verabscheute und eine Gemeinschaft gegründet hat, die sie „Bewahrende Gesellschaft des Neuen Salem" genannt hatte. Meine zwei Adoptivschwestern hießen Modesty und Chastity. Mary Lou war unser Vormund, doch keine Mutter."

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