Von Tönen und Friseuren

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Die Hölzerne, beidseitig mit den Rückständen scharfer Klingen geschmückte Flügeltür knallte hallend zu. Das Geräusch traf die gegenüberliegende Wand der mit Naturstein gemauerten Halle und ließ den gelangweilt dahängenden, roten Wandteppich leicht flattern. Von dort aus bewegte sich das Knallen schnell weiter, bog in einen hohen Flur ein und wollte gerade an einer offenen Holztür vorbei huschen, als es von einer kohlrabenschwarzen Hand aus der Luft gepflückt wurde.

Das knallen zuckte, wusste nicht was passierte, war seine Seele doch zu jung um zu verstehen.

,,Sie kommt."

Warnte eine männliche Stimme, die Person dazu überragte die 2 Meter Marke mit leichtigkeit. Seine grauen Augen fixierten sich auf das knallen in seiner Hand. Das arme Form- und Farblose Ding zuckte noch einmal, schaffte sogar eine ganze Umdrehung in der schwarzen Hand, bevor es an Lautstärke verlor und sich in stilles nichts auflöste. Ein interessanter Ton.

Leichte, aber aufgebracht stampfende Schritte näherten sich und die ein- oder andere gefauchte Verfluchung wurde in die Gänge der Burg entlassen.
Der Mann mit der schwarzen Haut lächelte. Kein fieses, oder gar schadenfrohes lächeln, nein, ein ernsthaft stolzes Lächeln. Das Lächeln eines Fünfjährigen, der seiner großen Schwester unbedingt das Kunstwerk zeigen will, was er an ihre reine, weiße Wand gezaubert hatte.

Eine junge Frau betrat den Flur und strich mit der rechten Hand den rauen, kalten Stein entlang. Eine der Wandfackeln erlosch bei ihrem Anblick. Sie bewegte sich in dem gleichen stampfenden Schritt fort, nun allerdings ohne die Kunst der dunklen Flüche in schlechtes Licht zu ziehen. Zumindest nicht verbal.

Noch bevor sie bei der Tür mit dem Mann ankam holte sie tief Luft. Graues Feuer brannte zornig in ihren Augen.
Das stolze Lächeln des Mannes verrutschte augenblicklich, unsicherheit kämpfte sich in seine sich weitenden Augen. So schlimm konnte es doch nicht sein, oder?

,,Merikh von Rovanent! WARUM  verlieren meine Haare schon wieder an Farbe, hm? Es sollte schon längst jemand erschienen sein!" , wetterte sie los,: ,, Haben sie etwa wieder Marcus geschickt?." Sie fuhr sich einmal langsam mit ihrer Hand über ihr Gesicht.

Die Frau war bei der Tür angekommen und starrte dem gut 2 Köpfe größeren Mann von unten in die Augen. Ihr pinker Dutt wippte gefährlich, der Haargummi wurde an einer Stelle nurnoch von einem einzigen Faden zusammen gehalten. Man könnte die Frisur guten Gewissens eine Zielscheibe nennen und vielleicht wurde sie auch schon als solche missbraucht. "Du hast wieder seine Haare angezündet, hab ich recht?" seufzte sie, ,,Wie oft soll ich es dir noch sagen - lass dich nicht von ihm provozieren! Du tust dir mit deinem Verhalten selbst keinen Gefallen, vom Herrscher des Roten Waldes wird mehr erwartet..." Sie  war am verzweifeln. Er war ZUM verzweifeln!

Nachdem der Kohlrabenschwarze sich erfolgreich an seiner eigenen Spucke verschluckt hatte, hielt er es für eine gute Idee "wenigstens wird er das Schloss nun nie wieder verlassen" zu kommentieren. Die Pinkhaarige blickte ihn fassungslos an. "So schlimm?" meinte sie nach einer Pause, "du weißt doch das ich für solche Dinge zuständig bin...!" Merikh regte sich für einen Moment nicht, aus Angst, die lebendige Zeitbombe vor ihm könnte ohne Vorwarnung explodieren.
Das kannte er schon und war nicht scharf darauf es wieder zu erleben.

,,Ehm" ,Merikh räusperte sich und strich mit der anderen Hand eine weiße Strähne aus dem Gesicht, ,, das würde ich doch niemals wagen!" Verschmitzt blickte er nach unten, sah aber keine Regung im Gesicht der kleineren und deutete geschlagen einfach in den Raum hinein, vor den die beiden die Ganze Zeit gestanden hatten. Warum war sie nur immer so? Er hatte seinen Fehler doch behoben!

Ohne den Blick vom größeren nehmen zu wollen, schritt die Frau seitwärts in den Raum hinein. Sie spürte eine gewohnte Veränderung in der Luft und gab sich ihr hin. Ihr Herz, welches eben noch vor Wut und leichter Sorge aufgeregt in ihrer Brust getrommelt hatte, hörte auf zu schlagen. Sie verzog den Mund und das verschmitzte Lächeln des Kohlrabenschwarzen ließ sie die Augen verdrehen. So war das also...
Sie drehte sich um, Atmete aus.

Stumm winkend begrüßte sie eine Feuerleiche, welche eine eindeutige ähnlichkeit mit dem Spitzenfriseur Marcus Derenis hatte. Merikh und er kamen von Anfang an nicht miteinander aus. Marcus sah aus wie eine Rosine, an einigen Stellen ragte verkohlter Knochen heraus und die Augen sahen aus wie geschmolzen. Der kohlrabenschwarze hatte sich diesmal selbst übertroffen.
Die Stimme der Frau funktionierte in diesem Raum nicht und Merikh war sehr froh, sich ihrem Monolog über menschliche Werte vorerst entziehen zu können.
Pah!
Dämonen hatten diesbezüglich ihre eigene Meinung - selbst ein halber sollte sie verstehen! Trotzdem blieb ein leises Gefühl von Stolz zurück. Er konnte es sowieso nicht rückgängig machen, also hatte er sein bestes gegeben um sie zu besänftigen.

Während die Frau sich auf den Weg zum Friseurstuhl machte, wich sie den Ranken einer matt violett leuchtenden Ranke aus. Das einzige lebendige in diesem Raum. Die frostige Tintenpflanze war selten und für den Zustand dieses Raumes verantwortlich. Vorallem in der Medizin fand sie großen Nutzen.
In der Gegenwart einer solchen Lebensform hören alle Organe auf zu arbeiten, der Körper kühlt aus, doch der Geist scheint gestärkt. Es ist noch keinem Wissenschaftler gelungen diesen einzigartigen Prozess zu ergründen. Leider verkraften nicht alle diese Prozedur des Stillstandes, doch das zeigte sich bei den Leuten erst nachdem sie den Wirkungsbereich verließen und tot zusammensanken.

Marcus' Leiche begann seine Arbeit.
Zu lebzeiten war er immer wieder von der Küste angereist und färbte ihre natürlich schwarzen Haare in leuchtendes Pink. Sie hasste ihre schwarze Naturhaarfarbe. Sie gehörte zu einer anderen Person, nicht ihr. Nur dieser eine Elf hatte es geschafft, den Perfekten Farbton wiederholt zu finden. Das machte Marcus zu einem der wenigen Personen welche unter ihrem persönlichen Schutz standen. Das respektierte jeder, außer einem gewissen kohlrabenschwarzen...

Sie entspannte sich auf dem bereitgestellten lederüberzogenen Drehstuhl und ließ Marcus seine Arbeit vollbringen.
Gut, dass ihre Nase dank der Tintenpflanze nicht funktionierte. Von Rauch hatte sie heute wortwörtlich oft genug die Nase voll.

Lustig, wie Menschen immer noch glauben Dämonen würden einfach so verbrennen...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 20, 2022 ⏰

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