What if...? - Adventskalender Tür 11, 2022

39 0 0
                                    

Achtung, Achtung!
Dieses Kapitel gehört nicht zur FF.
Es ist eine Idee, die ich zwar niedergeschrieben habe, aber dann wieder verworfen habe.
Ich nutze es jetzt trotzdem, für meinen Adventskalender. Ein Kapitel weniger, das ich vorbereiten muss.

Und damit willkommen zum Adventsspecial: What if Eddie found Richie after he was outed in the clubhouse?
Wichtig: Diese Version knüpft direkt an Kapitel 19 an. Das Outing ist also gerade erst passiert und Richie ist danach ohne Kommentar aus dem Clubhaus geflohen. Eddie weiß also noch nicht, dass Richie in ihn verliebt ist. Auch das Gespräch mit Beverly ist nicht eingeplant gewesen, deshalb reagiert er so heftig.

Viel Spaß damit!
__________________________________________________

Er hat es mir einfach genommen... Mein Outing, meine Freunde, mein Leben...
Ich setzte mich auf die Klippe, zog die Knie an mich und begann zu schluchzen.
„Richie..?", fragte eine vorsichtige Stimme hinter mir.
Ich hob den Kopf und sah zu ihm. Mir war egal, wie ich aussah. Mir war eigentlich alles egal.
Wie konnte er noch so da stehen? Wie konnte er noch so schön aussehen, so niedlich, wie konnte sein Ausdruck noch so liebevoll und besorgt sein..?
Ich drehte meinen Kopf weg. Ich konnte es nicht ertragen. Ich konnte den Anblick meines besten Freundes, dem Menschen, den ich über alles liebte nicht mehr ertragen. Vielleicht nie wieder, vielleicht bei niemandem sonst je wieder, vielleicht...
Mir entfloh ein Schluchzen und vergrub das Gesicht wieder unter meinen Armen.

Plötzlich setzte sich Eddie neben mich, ich konnte fast schon spüren, wie er mich ansah.
„Rich... es ist doch alles gut, wieso weinst du..?"
„Alles gut?!" Ich fuhr entgeistert zu ihm herum. „Alles gut? Wie kannst du das sagen! Connor hats doch gesagt, ich bin schwul! Ich bin schwul, Eddie, ich bin abnormal, das ist ekelhaft, das ist..." Während ich nach den richtigen Worten suchte, gestikulierte ich wild umher. „Das ist einfach schrecklich, es ändert alles! Mein ganzes Leben wurde ich gemobbt von den Idioten, nicht wegen meiner Brille, nicht wegen meinem Schandmaul, nein, wegen meiner scheiß Sexualität! Patrick wusste es, Connor weiß es und ich wette Bowers hat es auch gewusst, jeder wusste es. Außer ihr. Ihr wart die einzigen, ihr habt es einfach irgendwie nicht gemerkt und ich war so froh, wirklich, wenn ihr es gewusst hättet, das hätte alles geändert! Ich bin selbst bei den Losern eine Schande und jetzt ist alles kaputt, ich..."
Ich schluchzte erneut auf und Eds versuchte mich zu unterbrechen, aber ich war schneller:
„Ich wollte es euch sagen, wirklich, in letzter Zeit ging es echt nicht mehr und jetzt hat er es mir genommen, ausgerechnet er, der NIE zu seiner Sexualität stehen konnte, er hat... e-er hat einfach... Eds, bitte..."
Das war's. Das war's doch, jetzt würde er gehen, jetzt wo ich es bestätigt hatte, er würde gehen und sie würden mich alle verlassen und hassen und...

„Komm her..." Eddie nahm mich in den Arm und zog mich noch mehr zu sich.
Oh Eds, oh du guter, lieber, perfekter Eds... Ich konnte nicht mehr. Ich ließ mich einfach fallen und seine Arme fingen mich auf.
Eddie hielt mich im Arm, nach meinem Outing und war für mich da.
Das war zu viel.
Alle Dämme brachen und ich schlang die Arme um ihn, vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge und fing an zu heulen, wie ein Schlosshund.
Eddie drückte mich an sich, strich über meinen Rücken und gab mir Zeit.
Nach ein paar Minuten hatte ich mich endlich beruhigt und löste mich ein wenig von ihm, schniefte ein letztes Mal und wischte mir die Tränen ab.

„Ich hätte dir auch ein Taschentuch geben können", meinte Eddie trocken.
Ich schnitt eine Grimasse, rückte vollständig von ihm ab und sah nach unten auf den See.
Für einen kurzen Moment war alles still, bis auf das Geräusch der Wellen und des sanften Windes.
Eigentlich eine wunderschöne Nacht, wäre nicht so unfassbar viel passiert...
„Wie konnte eigentlich Connor davon wissen, aber deine besten Freunde nicht?", fragte Eddie schließlich. Ich lachte kurz auf.
„Connor und ich, wir hatten... wir waren ein Paar, Eddie. Wir haben uns das erste Mal getroffen, bevor mir ES zum ersten Mal erscheinen ist. Wir haben zusammen Street Fighter gezockt und er war echt cool damals. Ich hab ihn gefragt, ob wir uns mal wieder treffen wollen, aber dann..." Ich schluckte.
„Dann kam Henry Bowers rein und schrie uns an, was er mit einer Schwuchtel wie mir zu schaffen hätte. Connor hat Angst bekommen und den Schwanz eingezogen und mich mit aus der Spielhalle gejagt. Ich bin gerannt, wie vor dem Teufel davon, deshalb wollte ich erst nicht glauben, dass ES wirklich real war... ich dachte, ich halluziniere."
„Was für ein Feigling. Und mit dem bist zu danach noch ausgegangen?" Eds sah mich sehr zweifelnd an.
„Rich, nicht deine Sexualität ist hier die Schande, sondern dein Männergeschmack!"
Ich musste schmunzeln und knuffte ihn in die Seite. „Das nennst du einen Mann, Spaghetto?"
„Ey! Nenn mich nicht so!" Er kicherte und knuffte zurück.
Aber nicht wie ich nur mit dem Ellenbogen, sondern mit seinem kompletten Gewicht, sodass ich zur Seite umkippte und mich schnell abstützen musste.
„Hey!" Er grinste nur frech und ich setzte mich wieder richtig hin.
„Nein, mal im Ernst, die Zeit mit Connor war eigentlich echt cool. Er kam zu mir, ein paar Monate, nachdem Bowers in die Klapse kam und hat sich entschuldigt. Ich hab ihn erst abgewiesen, aber... aus Gründen hab ich mich dann doch drauf eingelassen und wir haben uns echt oft getroffen. Natürlich immer heimlich, weil seine Eltern wohl total homophob sind. Und ich musste das ganze ja irgendwie vor euch geheimhalten..."
„Aber wieso, Rich? Wieso hast du uns nicht einfach die Wahrheit gesagt, oder zumindest mir, ich hätte doch..."
„Nein Eddie, du verstehst das einfach nicht!", unterbrach ich ihn. „Jeder bisher hat mir das Gefühl gegeben, ich wäre eine Sünde, Homos wären scheiße und verderben die Kinder und sind sowieso alle pädophil oder würden sich 10 Kilo Schminke ins Gesicht klatschen und Frauenkleidern tragen und das wäre ja sowieso noch unnatürlicher und Gott hätte das nie so gewollt. Schwuchteln werden verfolgt, sie werden zusammen geschlagen und umgebracht, Eddie, ich bin Straftäter, einfach nur weil ich liebe und Sex habe, mit wem ich will! Sie haben diesen einen Politiker umgebracht, sie schieben uns die Schuld für AIDS in die Schuhe, wir sind dreckig und krank im Kopf und die ganze Welt scheint uns zu hassen. Ich hatte keinen Grund anzunehmen, dass ihr anders denkt. Alle denken so, die ganze Stadt denkt so! Erinnerst du dich an unseren Streit letztens? Da dachte ich auch, du findest mich abstoßend. Deshalb hab ich nie was gesagt."
Kurze Zeit war es still.
Dann seufzte Eddie.
„Es tut mir leid, Richie. Ich hab das total unterschätzt. Ich dachte, es wäre einfach so wie das Mobbing, dass uns Loser alle belastet. Ich wusste nicht, dass das so schlimm ist."
„Mhm."

Wir schwiegen wieder, aber es war kein angenehmes Schweigen mehr.
Ich hatte es komisch gemacht zwischen uns. Na super gemacht, Rich. Jetzt lehnt er sich nicht wegen der Sexualität ab, sondern wegen deiner ganzen Art. Ganz große Klasse.
Hatte ich überreagiert? Wahrscheinlich. Ich wusste das ja alles selber nicht, bevor ich mich damit beschäftigt hatte. Und ich musste echt lange suchen, ich hatte schon fast aufgegeben. Die Stonewall-Riots, der erschossene Präsident, die CSD-Demos, das alles stand nicht in den Geschichtsbüchern drinnen. Es wurde einfach rausgestrichen.
Wir Schwulen hatten schließlich in der Gesellschaft nichts zu suchen, wieso also sollten wir überhaupt eine Geschichte haben? Eine Existenz?

„Ich bin es so satt, Eds, wirklich. Ich will mich nicht verstecken oder mich heimlich in ner Scheune treffen oder lügen müssen. Ich will einfach nur... sein halt. In Ruhe. Zumindest, was meine Sexualität angeht."
„Das kannst du doch. Du bist sicher bei uns. Und bei mir."
Ich sah ihn an. Unsere Blicke trafen sich und plötzlich wurde mir warm.
Eddie war bei mir. Eddie akzeptierte mich und Eddie half mir.
„Verdammt, ich liebe dich so sehr..."

Reddie to love? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt