5 - Mara

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5 – Mara

Es ist Sonntag, der Wecker zeig 9 Uhr. Ich bin schon seit 6 Uhr wach. Der Freitagabend hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Wenn ich es nicht wüsste, dann würde ich glauben, dass er mit mir geflirtet hat.

Ich schaue auf mein Handy. Noah hat sich seit dem Abend nicht mehr gemeldet, Val hat mir ein paar Mal geschrieben, ich habe aber keine Lust gehabt zu antworten.

Ich stehe auf, ziehe mich an. Was soll's, wenn ich ein paar Minuten eher da bin. Ich gehe locker, aber nicht in Jogginghosen zu ihm. Ich habe wirklich eine halbe Stunde vor dem Kleiderschrank nachgedacht, was ich anziehe und dabei fast vergessen, wieso ich mich mit ihm überhaupt treffe.

Am Vorabend habe ich meine Unterlagen rausgelegt und sortiert, sodass wir die verschiedenen Themen abgehen können, zu denen ich Fragen habe. Ich zücke Mein Handy und kündige mich an.

M: Ich laufe los. Mara

D: Ich warte auf Sie.

Ich muss mich zusammenreißen, nicht zu ihm zu rennen. Diese Wirkung hat schon lange kein Mann mehr auf mich gemacht. Ehrlich gesagt, noch nie. Keiner der beschränkten Studenten, die sich die Abende mit Bier Pong um die Ohren schlugen und nächsten Morgen verkatert in der Vorlesung auf ihrem Pult eher lagen als daran zu sitzen. Das war nie mein Niveau. Party am Wochenende – super gerne. Aber unter der Woche bin ich diszipliniert.

Ich zügele meinen Gang, versuche locker zu wirken. Sieht bestimmt super authentisch aus, lache ich mich selbst aus. Er lehnt mit dem Rücken an der Hausmauer, raucht und pustet kleine Wolken in den Himmel.

„Guten Morgen.", begrüßt er mich. „Auf geht's. Wir müssen keine Treppen steigen, ich habe mich gleich unten eingenistet."

Er führt mich durch den Hausflur, der offensichtlich gerade erst renoviert wurde und schließt die einzige Tür auf der linken Seite auf. Ich kann jetzt gedanklich die Fenster zuordnen, die zu seiner Praxis gehören müssen und kann es kaum erwarten, die dahinterliegenden Zimmer kennenzulernen.

„Wohnen Sie hier eigentlich auch?", rutscht es mir in meiner Neugier raus. „Entschuldigung, wenn das zu persönlich ist. Das geht mich nichts an."

„Nein, schon okay. Ja ich wohne hier auch. Die Praxis hat 4 Zimmer, sodass ich 3 davon für mich allein beanspruchen kann.", erklärt er. „Tee, Kaffee, Wein?"

„Wein?", frage ich leicht entsetzt. „Es ist nicht mal 10."

„Gut, kein Wein. Kaffee oder Tee?"

„Tee. Ich mag Kaffee nicht.", sage ich.

„Ich auch nicht. Macht die Zähne gelb.", gibt er zurück.

„Rauchen auch.", schnippe ich den Ball zurück.

Er gibt sich geschlagen und hebt die Hände. Er geht in einen der Räume, die von dem schmalen Flur abgehen. Einige Türen werden mit von einem Schild mit der Aufschrift „Privat" geziert. Ich vermute dahinter seine Wohnräume und vielleicht noch Bad und Küche.

Eine der Türen ist nur angelehnt und ich kann hören, wie Geschirr klappert. Eindeutig Küche, denke ich und trete ein. Sie ist erstaunlich groß, mit Arbeitsplatten aus vermutlich Marmor, einer Kochinsel und einem Tresen, an dem 4 Barhocker stehen. Es ist funktional, edel und einfach umwerfend.

„Wow.", sage ich. „Edel. Ist das Marmor?"

„Ja. Ich bin leider ein Freund der teuren Sachen.", erklärt er.

„Aha. Wenn ich also Ja zum Wein gesagt hätte, dann hätte ich keine 2€-Plörre aus dem Tetrapack zu erwarten?"

„Himmel, nein. Das ist ja Missbrauch der Sinne.", lacht er und brüht vorsichtig lose Teeblätter auf.

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