Mein Kopf lag auf Legolas' Brust und ich schlief seelenruhig. Ein angenehmer Wind wehte über uns hinweg. Vögel sangen in den Baumkronen. Sie stimmten die Lieder des Frühlings an, obwohl heute nur ein warmer Tag war. Langsam ging es Richtung April zu und das Wetter spielte bekanntlich verrückt, wie die Bewohner der Natur. Die Vögel zogen ihre Runden am Himmel, Eichhörnchen jagten durch die Bäume und selbst die Flüsse schienen schneller zu fließen. Alles war friedlich und in den letzten Monaten hatte sich viel getan.
Der Wald um den Palast war aufbereitet worden, trotzdem fehlten noch viele Gebiete des nun bereits Grünwaldes. Die Jägerposten waren in den letzten Monaten damit beschäftigt gewesen, die Tiefen des Waldes zu säubern. Überall gab es Hinterlassenschaften von der Zeit der Dunkelheit und auch ich hatte in letzter Zeit oft mitgeholfen. Um den Palast hatte die äußere Mauer an vielen Stellen neue Tore bekommen. Die nördlichen Siedlungen breiteten sich aus und dieses Jahr gab es viele Elbinnen, die ein Kind unter dem Herzen trugen. Wie vorausgesagt, bewirkte der Frieden unter dem Elbenvolk Nachwuchs, der die Wunden des Krieges fort wusch. Gewiss konnten Elbenbabys nicht die Verluste in den Kämpfen ausgleichen und den Angehörigen ihre Trauer nehmen, doch allein der Gedanke an den Grünwald und die neuen Elben und Elbinnen, die in ihm aufwachsen würden, machte alle Trauer des Krieges ertragbarer.
Für mich war in diesem Moment alles perfekt. Legolas und ich befanden uns auf unserem Platz und ausgestreckt benutze ich seinen ganzen Körper als Kissen. Er lehnte mit seinem Rücken am Baumstamm und ich spürte seine Finger in meinen Haaren, als ich langsam aufwachte, meine Augen jedoch weiter geschlossen hielt. Er schien in meine offenen Haare schöne Flechten zu machen und dagegen hatte ich überhaupt nichts einzuwenden; Legolas hatte mich friedlich meinen Mittagsschlaf machen lassen. Eigentlich konnte ich Legolas bereits meinen Mann nennen, doch für mich hatte sich deswegen nichts verändert.
Zwar würde ich mich an diesen Tag für den Rest meines Lebens erinnern, aber, ob es daran lag, dass ich an diesem Tag mit Elif eine Schreieinlage in meinem Gemach geführt hatte sowie überall anders, da sie unglaublich nervig gewesen war, oder, dass ich mich an diesen Tag erinnern würde, weil er Legolas und mich bindend zusammengebracht hatte, konnte ich nicht genau sagen. Wahrscheinlich war es etwas von beidem.
Legolas und ich hatten unsere Zeremonie genau in der Nacht zum neuen Zeitalter abgehalten, aber diese an sich war nicht groß verlaufen, eher ausgeschmückt, denn gewiss hatten alle des Waldlandreiches dabei sein müssen. Elif hatte mich an diesem Tag seit in der Früh in den Wahnsinn getrieben, hatte sich in ihre eigene Hochzeit zurückversetzt gefühlt. Da für mich Legolas und ich aber schon seit unserem ewigen Schwur eine Beziehung geführt hatten, hatte sich meine Einstellung nicht mit der von Elif vertragen. Ich hatte diesen Tag jedoch überlebt und auch die Feier in der Halle nach der Zeremonie. Es war viel gewesen und selbst den König hatte man in der Vorbereitungszeit das ein oder andere Mal gestresst erlebt. Aus Legolas' und meiner Sicht hätte eine einfache Feier ausgereicht, was wir dem Elbenkönig auch mitgeteilt hatten, doch Thranduil hatte auf etwas Großes bestanden. Ich hatte mit Legolas' Vater in dieser Zeit mehr zu tun gehabt und es fühlte sich seltsam an, dem König nun näher zu sein. Ich hatte es sogar an diesem Tag geschafft, meine Überforderung nicht offen zur Schau zu stellen, und erst im Gemach mit Legolas an diesem Abend hatte ich alles verarbeiten können. Auch hatten Legolas und ich nach diesem Tag eigene Räumlichkeiten im Palast bekommen, die dem Prinzen schon immer zugestanden waren, er sie aber nie angenommen hatte. Sein Vater hatte unsere Hochzeit dafür benutzt, seinen Sohn endlich in seinem eigenen Stockwerk des Palastes zu haben, und Legolas hatte zustimmen müssen.
All dies waren jedoch nur Andeutungen, wie chaotisch es im Waldlandreich zu dieser Zeit wirklich zugegangen war, und jetzt war ich froh, dass es vorbei war. Ich konnte hier schön an meinen Mann gekuschelt liegen und den kommenden Frühling genießen, zumindest für diesen Moment, denn auch heute stand im Palast etwas an. Elben aus Imladris, zwar nur wenige, und aus Lórien würden ins Königreich kommen, was einen ganz bestimmten Grund hatte: In einiger Zeit würde eine Elbenkolone nach Gondor und Ithilien aufbrechen und Elben aus Imladris und aus dem Goldenen Wald hatten sich angeschlossen. Im neuen Zeitalter hatte Imladris den Herrn Elrond an den Westen verloren und seine beiden Söhne waren nun die neuen Herren von Bruchtal. Auch die hohe Frau Galadriel war in den Westen gesegelt, doch ihr Mann Celeborn verweilte weiterhin in Lórien. Dennoch fühlten diese zwei Elbenvölker die Veränderung im neuen Zeitalter stärker, und so hatten sich einige der Elbenkolone nach Ithilien angeschlossen.
In den letzten Monaten waren Briefe mit dem König aus Gondor ausgetauscht worden und Aragorn freute sich ungemein, bald eine Elbenkolonie neben seinem Königreich zu haben. Selbst die Königin Arwen schien sich zu freuen, dass ihr Volk nun weiter im Südosten Heimat fand. Legolas und ich würden die Elben nach Ithilien bringen und bald hieß es Abschied vom Grünwald zu nehmen. Ich wusste aber, dass ich in meinem Leben meine Heimat noch oft sehen würde. Ebendeswegen freute ich mich auf Gondor und Ithilien. Im Grünwald würden zwar viele zurückbleiben, die ich ins Herz geschlossen hatte, doch sich vom Elbenvolk zu verabschieden, war bloß ein Abschied auf kurze Zeit. In Gondor gab es einen Menschen, der mir ebenso am Herzen lag, und im Gegensatz zu den Elben lebte dieser nicht für immer.
Aus dem Grünwald würden viele Elben mitgehen und mit den anderen beiden Elbenvölkern müssten wir um die über fünfhundert Elben sein. Im letzten Jahr hatte sich viel getan und obwohl ich immer noch nicht glauben konnte, dass auch Gandalf mit Frodo und Bilbo in den Westen gesegelt war, hatte dies nur mein Gefühl beim Abschied vom kleinen Hobbit bestätigt. Schon damals in Isengard hatte ich innerlich gewusst, dass ich Frodo nicht mehr wiedersehen würde. Jetzt war das Vierte Zeitalter angebrochen und alle Ringhüter und Frodo und Bilbo als zwei Ringträger waren in den Westen gesegelt. Andere Elben waren bereits gefolgt, doch im Grünwald blieben sie. In den letzten Monaten hatte sich viel verändert und Frieden war endlich unter den Bäumen eingekehrt. Viel hatte ich vom Wald erkunden können, doch nun freute ich mich auf die Reise zur Weißen Stadt.
![](https://img.wattpad.com/cover/153918390-288-k128920.jpg)
DU LIEST GERADE
Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff / Teil 1 ✔
FanfictionKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...