Kennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt?
Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...
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Ich trat aus dem großen Tor und tappte langsam in die Richtung der Ställe. Die kühle, frische Morgenluft ließ mich jedoch nicht gänzlich wach werden und verbesserte meine Laune auch nur mäßig. Schon wieder einmal war ich, wohl gemerkt, vor der Sonne wach.
Legolas soll sich glücklich schätzen, dass er so jemanden wie mich hat, sprach meine innere Stimme mürrisch.
Ich rümpfte meine Nase, aber ging dennoch, und nur etwas trotzig, weiter voran. Froh darüber, dass ich überhaupt von ganz allein mein weiches, warmes, schönes Bett verlassen hatte, das übrigens niemandem etwas zuleide wollte, setzte ich einen Fuß vor den anderen und ging über den noch feuchten und mit Tau überzogenen Waldboden. Meine Waffen hatte ich mir umgeschnallt. Die kleine lederne Tasche, gefüllt mit Lembas und mit sonst noch nützlichen Sachen, um die Schulter gehängt, die bei jedem Schritt hin und her baumelte. Der Himmel war noch grau, doch im Osten ließ sich bereits das erste Licht des Tages finden. Die Luft roch feucht und es war windstill. Ich schlenderte den letzten Pfad entlang. Als ich bei den Ställen angekommen war, wartete ich. Doch meine müden Beine wollten mich, was ich voll und ganz verstehen konnte, nicht mehr tragen und somit ließ ich mich auf einen mit Moos überzogenen Baumstamm nieder. Seelisch seufzte ich auf, streckte meinen Rücken ordentlich durch. Neben mir war in einiger Entfernung die Weide der Pferde, doch nicht einmal die Vierbeiner wollten so früh aufstehen. Ich fuhr mir durch mein Gesicht und meine Haare waren heute offen und nur hinter meinen Ohren geflochten. Während ich nochmals alles in meiner Tasche durchsuchte, um sicherzugehen, dass ich nichts vergessen hatte, entfuhr mir ein leises, flüchtiges Gähnen. »Bist du etwa immer noch müde, Lithil?«, erklang eine amüsante Stimme hinter mir und ich erschrak. Legolas. Ein Lachen erklang, als der Elb bemerkte, wie sehr ich mich erschrocken hatte, denn das kleine, rote Buch, welches ich gerade noch in meiner Hand gehalten hatte, war ein paar Fuß weggeschleudert worden. Meine Augen hatten seinen Fall beobachtete. Sofort schnellte mein Kopf nach hinten, wo ein ziemlich wacher Legolas stand. »Ja, bin ich, aber wenn du mich noch einmal so erschreckst, dann werd' ich bald nicht mehr müde sein, denn ich werde tot am Boden liegen und du«, setzte ich an und nachdem ich aufgebracht aufgesprungen war, mich vor dem Elben groß gemacht hatte, tippte ich ihm mit meinem Finger fest und bestimmt in die Brust, »mein Freundchen, wirst sehr, sehr schlimme Gewissensbisse haben, ha!« Er nahm meine Drohung ganz und gar nicht ernst, denn Legolas lachte nur noch mehr. Mit einem Augenrollen hob ich mein Buch auf, steckte es wieder ein und stellte mich vor den immer noch lachenden Elben. Als er sich gerade einzelne Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte und sich einigermaßen beruhigt hatte, sah ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Na, fertig?«, fragte ich meinen unreifen Freund. »Ja, fertig. Aber so leid es mir auch tut, Lithil, konnte ich nicht ernst bleiben. Du bist einfach viel zu süß, wenn du dich aufregst.« Er legte mir, wohlgemerkt immer noch grinsend, seinen Arm um die Schulter. Legolas zog mich provokant zu stark an ihn, sodass ich gegen ihn knallte, doch ich verarbeitete gerade seine Worte; als süß wurde ich selten von ihm bezeichnet. »Äh, danke?«, erwiderte ich deswegen leicht irritiert und schüttelte meinen Kopf. Nach einem kurzen Moment des Schweigens, das die Stimmung zum Schwanken brachte, sagte Legolas: »Ich hole unser Pferd.« Im nächsten Moment war der blonde Elb in den Stallungen verschwunden. Immer noch etwas irritiert, weil er so schnell verschwunden war, schaute ich ihm nach, doch ich machte mir keine weiteren Gedanken. Es war zu früh am Morgen, als dass ich mich mit der Verwendung von Wörtern im Kontext auseinandersetzen wollte. Gar überkam mich wieder ein Gähnen. Nach diesem kam Legolas mit einem Fuchshengst namens Nórui (Feurig), vor sich hinlächelnd zu mir spaziert. Er streichelte dem Pferd beruhigend über die weichen Nüstern. Ich lächelte bei diesem Anblick, ging auf die beiden zu. »Er ist wunderschön«, gab ich kund, tätschelte den weichen Hals, »und auch bist du ja schon wach.« Den letzten Teil sprach ich an den Hengst gewandt, der mich aus großen, pechschwarzen Augen ansah. Er blies zustimmend Luft aus seinen Nüstern und ich konnte meine Reflexion in seinen Augen sehen. Legolas lächelte und schüttelte seinen Kopf, da ich wirklich die Einzige war, die mit der frühen Stunde Probleme hatte. Meine Finger fuhren noch einmal über den Hals des Pferdes, dann führte Legolas Nórui weiter voran. Wir hatten uns entschlossen, nur mit einem Pferd zu reisen, da der Pass über das Gebirge mit zwei Pferden viel zu gefährlich wäre, obwohl es mit einem Pferd bereits heimtückisch werden könnte. Gewiss würden wir nicht den ganzen Weg reiten, da wir oft zu Fuß wandern würden. Wir Elben waren ein ausdauerndes Volk. Ich freute mich schon, andere Landschaften außer den Düsterwald zu sehen. Das letzte Mal war ich zur Schlacht der Fünf Heere aus dem Wald gekommen, doch auch dieses Ereignis lag schon eine Zeit in der Vergangenheit. Kurz dachte ich noch über die Vergangenheit nach, dann hieß es aufbrechen. Verabschiedet hatte ich mich in den letzten Tagen von allen im Palast und nun stand der Aufbruch an. Bevor wir aufstiegen, kam König Thranduil auf uns zu. Seine Robe schliff lautlos über den Boden und mit einem ernsten Ausdruck auf dem Gesicht blieb er vor uns stehen. Ich hatte nicht erwartet, den König noch zu sehen, doch diese Geste verdeutlichte, dass er ein guter König war. Respektvoll verbeugte ich mich im nächsten Moment und begrüßte ihn: »Mae govannen, mein König.« (Schön, Sie zu sehen) »Mae govannen, ich wollte mich noch persönlich von euch zweien verabschieden. Möget ihr bald unversehrt heimkehren. Das Volk ist stolz, euch nach Imladris für diese Angelegenheit zu entsenden. Ihr zwei seid Große im Waldvolk. Möget ihr unversehrt ins entfernte Bruchtal zum Herrn Elrond gelangen«, erklang seine ruhige Stimme und der Wald verschluckte die Worte gänzlich. Immerzu sprach König Thranduil leise, sodass man komplett still sein müsste, um ihm zuzuhören. »Das werden wir, adar« (Vater), versprach Legolas seinem Vater, schwang sich elegant auf den Rücken des Pferdes und blickte zu mir herab. Das majestätische Tier hatte weder einen Sattel noch ein richtiges Zaumzeug, wie es die elbische Art des Reitens war. Jedoch trug das Pferd eine Art Führzaumzeug, welches aus Elbenseil geflochten und mit feinen Zügeln versehenen war, um es später unversehrt über das Nebelgebirge zu führen. Ich nahm Legolas' angebotene Hand dankend an. Er zog mich hinter sich aufs Pferd. Mit einem Nicken verabschiedeten wir uns vom König, der allein gekommen war. Seine Präsenz leuchtete beinahe und mit einem Nicken verabschiedete auch er uns. Seine eisblauen Augen lagen auf uns, als wir losritten, geradewegs in den noch dunklen Düsterwald.