In Gedanken versunken schlenderte Nyle durch die Straßen wie üblich. Er achtete kaum auf seine Umgebung und wich anderen Menschen intuitiv aus, ohne dabei sonderlich aufsehen zu müssen. Dennoch war irgendetwas anders als sonst. Vielleicht war es der kalte Wind, der durch die Straßen pfiff und ihn dazu zwang die Kapuze seines ein runtergekommenen Mantels überzuziehen, vielleicht aber auch einfach nur der Gedanke an das, was er heute noch vor sich hatte. Was auch der Auslöser für dieses Gefühl war, er konnte es getrost ignorieren, bis er schließlich durch die Stimme von Orin abgelenkt wurde. "Wieso siehst du eigentlich immer so aus, als hättest du den schlimmsten Tag deines Lebens, Nyle?". Zwar konnte man von außen manchmal denken, dass sie sich gegenseitig hassen würden, aber in Wahrheit teilten die Beiden sich einfach nur einen weniger verbreiteten Humor und machten sich gegenseitig öfter derartige 'Komplimente'.
Während sich sein Blick rasch hob um das Lächeln seines besten Freundes zu sehen, antwortete er ihm bereits: "Wenigstens sehe ich dabei nicht aus wie ein Idiot, der nichtmal auf einer Kutsche sitzen kann...", grinste Nyle zurück. Orin rollte seufzend mit den Augen. "Das war nur EIN MAL! Und es war nicht meine Schuld. Mein Vater hat viel schneller gebremst als jeder normale Mensch es getan hätte... Außerdem ist das zwei Jahre her. Wie lange wirst du mich damit noch aufziehen?". "Für immer!", die beiden lachten und Orin deutete mit einer Kopfbewegung weiter die Straße entlang, woraufhin sie nebeneinander weiter gingen.
"Wie war der Tag im Laden?", Orins Stimme klang jetzt weniger spottend, als viel mehr interessiert. Tatsächlich waren die Geschichten von Nyles Arbeit meist recht spannend und ab und an konnte er eben auch mal etwas aus dem Laden schmuggeln und die beiden teilten ihre Beute auf, wie sie es eigentlich immer gerne getan hatten.
"Langweilig, aber guck mal was ich gefunden habe!", Nyle war fast schon aufgeregt Orin den Armreif zeigen zu können. Er schob sich mit der linken Hand den Ärmel hoch und zeigte ihm das Schmuckstück mit dem unförmigen, aber schimmernd blauen Stein darin.
"Woah- Das sieht richtig gut aus. Lass mal sehen!", Orin konnte kaum die Augen davon lassen und wollte es am liebsten weiter aus der Nähe betrachten und es mal am Arm fühlen und sehen wie es bei ihm aussehen würde. Nyle wollte es sich ebenso leicht wie er es sich anlegen konnte wieder abnehmen, doch dann fiel ihm erst auf, dass es hauteng anlag. Als wäre es kaum einen Millimeter größer, als der Umfang seines Unterarms. "Das ist komisch... Ich kriege ihn nicht ab, kaum bewegt... Als ich ihn angelegt hatte, passte es ganz locker!".
"Er wird ja wohl kaum seine Größe geändert haben weil er Lust darauf hatte. Lass mal sehen.", Orin begann jetzt ebenfalls an seinem Arm zu rütteln und versuchte den Armreif zu bewegen. Dieser bewegte sich aber kein Stück, saß wie angegossen und tat dabei auch keineswegs weh.
Plötzlich zischte es erneut. Diesmal etwas lauter noch als zuvor und Nyle glaubte zumindest kurz sogar eine Entladung gesehen zu haben. Doch er selbst spürte dabei gar nichts. Stattdessen schrie Orin plötzlich auf vor Schmerz. "AUA! Was war das denn?", seine Hand schüttelte er schmerzerfüllt, als wollte er damit eine Flamme löschen. "Das tat viel zu sehr weh! Hast du das auch abgekriegt?", Nyle sah recht erstaunt darüber aus, antwortete aber wahrheitsgemäß "Ähm, nein. Nein ich habe nichts gemerkt... Es... Es hat nur dich getroffen...".
Etwas skeptisch sah Orin noch zu dem Armreif und danach kontrollierend zu seinen Fingern, die - überraschender Weise - noch vollzählig waren. "Naja egal...", wollte er das Thema wechseln und das idiotische Schmuckstück ignorieren und lief weiter, doch in Nyles Kopf, war das Thema noch nicht abgeharkt, auch wenn er es Orin vorerst nicht sagte.
Es dauerte noch einige Minuten des Smalltalks bis die beiden dann langsam merkten, wie sich der Abstand zwischen den Häusern erhöhte und die Stadt sich langsam aus der Landschaft schlich und durch etwas mehr Grün ersetzt wurde.
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Blutender Saphir
FantasyEin Junge namens Nyle aus einfachen Verhältnissen erlebt eine Geschichte, die ihm seine Bestimmung zeigt und sein Leben von Grund auf verändern wird...