Meine Beine, mein ganzer Körper schwebte in der Luft als ich durch das Geschrei einer Eule wieder erwachte. Panisch bemerkte ich die scharfen Zähne in meinem Fell und den warmen Atem im Nacken.
Erst als ich den Geruch des Rouges wahrnahm beruhigte ich mich wieder. ,,Du bist zurückgekehrt." murmelte ich merkwürdig glücklich darüber. Unwillkürlich wurde mir warm ums Herz. Er hatte mich nicht im Stich gelassen.
Gemeinsam liefen wir weiter bis die ersten Sonnenstrahlen die Finsternis vertrieben und wir an einen kleinen Bach vorbeikamen, der durch den Nebel leicht verborgen lag. Der Wolf setzte mich am Ufer ab und mit wackeligen Beinen tauchte ich meine Schnauze ins kalte nass. Ich hatte gar nicht bemerkt wie ausgetrocknet meine Kehle war. Auch der Rouge setzte sich neben mich und begann zu trinken.
Neugierig schielte ich zu ihm hinüber. Erst jetzt bemerkte ich die ganzen Narben die seinen Körper säumten. Er war außgerwöhnlich groß für einen Werwolf und ich vermutete schwer, das er früher im Rudel ein Alpha war. Was er wohl getan hatte um verstoßen zu werden?
Schließlich bemerkte er meinen Blick und beendete das Trinken, um auch mich zu betrachten. Unangenehm berührt sah ich zu Boden, als Omega war ich nicht wirklich etwas besonderes. Mein Fell war zwar auffällig hell aber das war hier in den Wäldern eher ein Nachteil. Außerdem war ich sehr klein, viel zu klein um alleine ein Reh oder Damhirsch reißen zu können. Ich jagte lieber die kleinen Beutetiere auch wenn sie lange nicht so schmackhaft waren.
Eine raue Zunge die wieder über meine Schnauze leckte, riss mich aus meinen grüberischen Gedanken. Sofort wich ich zurück und sah ihn verärgert an. ,,Das macht man nicht, verstehst du? Das machen nur Wölfe die sich gern haben." versuchte ich es ihm wie bei einem Jungen zu erklären, doch sein amüsierter Blick sagte mir, daß er sehr wohl wusste was er dort tat. Wäre ich jetzt ein Mensch würden meine Wangen vor Scham brennen, dabei sollte er sich doch dafür schämen.
Schnaubend ließ ich ihn dort stehen und legte mich weiter entfernt von ihm hin. Der Rouge sah mir nach, bevor er sich umdrehte und unter dem Dornengebüsch ein Reh herauszog. Sofort hob ich begeistert meinen Kopf und ließ meine Rute wie ein Junges wedeln. Deswegen war er also die ganze Nacht verschwunden, er hatte nach einer Trinkstelle gesucht und gejagt.
Mein Magen knurrte hungrig und das Wasser lief mir bei dem Anblick im Mund zusammen. Ein Reh hatte ich lange nicht mehr fressen können bzw. dürfen aber ich traute mich nicht, mich zu ihm zu gesellen. Bekanntlicherweise teilten Rouges nicht gerne, sie hatten einen furchtbaren Futterneid weswegen sie hier draußen auch kein Rudel bilden konnten. Sie wurden sofort aggressiv und töteten ihren Gegenüber.
Bei den Gedanken legte ich hoffnungslos meinen Kopf wieder auf die Pfoten und sah ihm beim fressen zu.
Als der verlockende Geruch jedoch in meine Nase zog vergub ich sie zwischen meinen Pfoten und schloss wimmernd die Augen, selbst sein schmatzen war so laut das es bis hierher drang.
Wieso quälte er mich so?
Irgendwann hörten seine Schmatzgeräusche auf und ein dumpfes Geräusch ertönte, nicht weit weg von mir. Verwirrt hob ich meinen Kopf und sah das angefressene Reh vor mir liegen. Erwartungsvoll sah er mich an und nickte zum verlockenden Fleisch. Kurz zögerte ich Misstrauisch, doch als er mir zur Bestätigung über meine Ohren leckte, gab ich schließlich nach. Hungrig verschlang ich seine Beute und verschwendete keinen einzigen Gedanken mehr an den Rouge, der zufrieden vor mir stand und stolz auf mich hinunter blickte.Nachdem wir uns beide gestärkt hatten lagen wir gemütlich am Bach. Der Rouge hatte sich neben mich gesetzt und begonnen mein Fell zu säubern. Zufrieden genoss ich es und hätte beinahe alle Hemmungen verloren und geschnurrt. Im Rudel wurde mir nur selten als Omega das Fell geputzt, weshalb es für mich etwas ganz besonderes war. Dankbar hob ich meinen Kopf und begann auch sein Fell zu pflegen, das für einen Rouge merkwürdig ordentlich war. Ob er sich auch von anderen Weibchen pflegen ließ? Ohne es verhindern zu können verspürte ich bei dem Gedanken Eifersucht und mein Herz begann merkwürdig zu schmerzen.
,,Wie heißt du?" fragte ich ihn leise. Ich spürte wie er in seiner Bewegung stoppte und mich ansah. Eine lange Zeit geschah nichts und ich rechnete auch nicht mehr mit einer Antwort als er ,,Azur." brummte. Seine Stimme hörte sich rau an, als hätte er Jahre nicht mehr gesprochen.
Glücklich, dass er mir geantwortet hatte leckte ich ihm ohne zu überlegen über seine Schnauze und entlockte ihm ein Schnurren.
Erstarrt riss ich meine Augen auf, als ich meine Handlung bemerkte und senkte beschämt meinen Kopf.
Wieso hatte ich das getan? Ich kannte ihn doch gar nicht und mein Mate war er auch nicht.
Sein warmer Atem strich über meine empfindlichen Ohren und ließ mich am ganzen Körper erschaudern. ,,Gut, Venla." schnurrte er lobend und leckte gefühlvoll über sie. Bei dieser Geste erwärmte sich mein Herz. Es fühlte sich schön an und meine Ohren begannen angenehm zu kribbeln.
Erst einen Moment später bemerkte ich, dass er meinen Namen gesagt hatte. ,,Woher kennst du meinen Namen?"fragte ich verwirrt. Ich war mir sicher, dass ich ihm diesen nicht verraten hatte. Schnurrend rieb er seinen Kopf an meinen und vergrub seine Nase in mein Fell. ,,Du gehörst mir!" murmelte er stolz.
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Entführt von einem Rouge
FantasyVenla ist eine kleine tapfere Omega, welche sich mit ihrem Status versucht nach oben zu kämpfen. Als sie endlich zum ersten Mal mit auf Patrouille gehen darf, kommt ihr jedoch das Schicksal in die Quere.