Es war ein Morgen wie jeder andere. Dieselbe Routine seit 17 Jahren, derselbe langweilige Ablauf. Doch nicht für sie. Sie hasste die Routine und tat was sie konnte um sie zu durchbrechen. "Wo ist das Kind jetzt schon wieder? Lilith!" Sie hörte die Schwester rufen. "Verdammt" fluchte sie leise und lief hastig den Korridor entlang, in Richtung einer schweren Holztür. Sie konnte die Schwestern nach ihr rufen hören doch sie blieb nicht stehen während sie durch die Tür raus ins freie schlüpfte. Sie ließ ihre Schuhe an der Schwelle stehen und rannte den Pfad entlang. Den Pfad dem sie schon so oft gefolgt war. Sie lief immer weiter und wurde erst langsamer, als sie den Sand unter ihren Füßen spüren konnte. Sie holte tief luft und setzte sich langsam auf einen der Steine am Strand von dem aus sie das ganze Meer betrachten konnte. Seit sie sich erinnern konnte fühlte sie sich hingezogen zum Meer. Es bedeute Freiheit für sie, die Möglichkeit zu atmen. Seit sie denken konnte steckte sie in diesem Waisenhaus fest. Sie wusste nicht woher sie kam, wer ihre Eltern waren oder ob sie überhaupt noch irgendeine Familie hatte. Das einzige was sie sicher wusste war, das sie in einer stürmischen Nacht vor dem Waisenhaus abgelegt wurde zusammen mit einem Päckchen das neben ihrem Namen noch wenige andere Dinge enthielt, wie eine Babydecke und einen Brief unter anderem. Sie wollte schon so lange von hier weg. Weg vom Waisenhaus, weg von der kleinen Insel namens Anima, deren spannenstes Ereignis der Diebstahl von ein paar Rüben war. Lilith seufzte. Sie wusste es gab kein entrinnen von diesem Ort. Zumindest noch nicht. Doch in ein paar Wochen, wenn sie 18 wurde, würde sie verschwinden, weg von hier, weg von all diesen Leuten. Und sie würde sich auf die suche machen. Nach einem Ort zu dem sie wirklich gehörte. "Hier bist du also!" Lilith schreckte auf als sie die strenge Stimme der Schwester hörte welche nun direkt hinter ihr stand. "Wie oft muss man es dir noch sagen, du hast dich nicht einfach so davonzustehlen du ungezogenes Gör!" Sie wurde von ihr am Arm gepackt und zum Waisenhaus zurückgezogen. Widerstrebig folgte Lilith ihr ins Haus zurück. Sie kannte schon was jetzt kommen würde. Sie würde eine Standpauke bekommen und dann zur Strafarbeit verdonnert werden, vermutlich ohne die Aussicht auf Abendessen. Und so kam es schließlich auch. Keine halbe Stunde später saß sie im Waschraum und durfte die ganze Wäsche des Waisenhauses waschen, aufhängen und das bereits getrocknete abhängen und wegräumen. Leise vor sich hin summend machte sich an die Arbeit. Sie brauchte mehrere Stunden und als sie fertig war sah man draußen bereits die Abenddämmerung hereinbrechen und Lilith war verschwitzt und außer Atem. Sie erhob sich und machte sich zügig auf den Weg in ihr Zimmer um ja nicht die Schwestern auf die Idee zu bringen ihr noch weitere Aufgaben auf den Hals zu hetzen. Dort angekommen ließ sie sich mit einem großen Seufzer aufs Bett fallen. Wie sehr sie sich doch danach sehnte endlich von hier wegzukommen, nie mehr diese trostlosen Wände um sich zu haben und ein echtes Leben zu beginnen. Liliths Zimmer enthielt nicht viele Dinge und war karg eingerichtet. Sie hatte ein Bett mit Nachttisch, einen kleinen Schrank sowie einen kleinen Tisch auf dem das Päckchen lag das mit ihr vor die Tür gelegt wurde. Sie warf einen Blick zum Päckchen. Eins der Dinge, die noch in darin gelegen hatten war ein kleines Medaillon das ein Bild von einer jungen hübschen Frau zeigte. Lilith nahm an das diese Frau ihre Mutter war und somit die Frau die sie vor 17 Jahren hier zurückließ. Lilith hatte den Brief, der das Handeln ihrer Mutter erklärte immer und immer wieder aufs neue gelesen, ihn jedoch nie wirklich nachvollziehen können. Für sie stand fest dass sie lieber ein schlechteres Leben mit ihrer Mutter, als dieses Leben ohne sie zu führen. Doch jetzt konnte man ohnehin nichts mehr daran ändern. Sie merkte wie ihr langsam aber sicher immer mehr die Augen zufielen und gähnte ausgiebig. Morgen würde ein neuer Tag beginnen. Ein neuer Tag der wie jeder andere sein würde, genauso langweilig. 'Ein paar Wochen noch'. Dies war der letzte Gedanke ihr durch den Kopf ging bevor ihr endlich die Augen zufielen und sie in einen tiefen traumlosen Schlaf sank.
~Später in der Nacht~
Ein lauter Knall erschütterte die stille Nacht und ließ Lilith aus ihrem Schlaf aufschrecken. Schlaftrunken blickte sie sich in ihrem Stockfinsteren Zimmer um und rieb sich die Augen. Hatte sie den Knall gerade nur geträumt? Erneut knallte es, gefolgt von einer Erschütterung die das ganze Waisenhaus beben ließ und mit einem Schlag war sie hellwach. Schnell stand sie auf und verließ ihr Zimmer und blickte den Flur entlang. Alle rannten aufgebracht umher und man konnte schreien von draußen hören und durch die Fenster sah man Flammen die den Nachthimmel in rotes Licht tauchten. "Was ist los?" fragte Lilith besorgt eine der umherrennenden Schwestern und zog ihren Morgenmantel enger um sich. "Die Insel wird überfallen. Piraten" sagte die Schwester nur hastig bevor sie auch schon weiterging. Lilith stockte der Atem. Piraten. Hier. Auf ihrer kleinen Insel. Das konnte nicht sein. Lilith rannte zur Eingangstür und zog sie auf. Und was sie dann sah, brachte sie fast den Tränen nahe. Überall auf den Straßen lagen Menschen, einige in großen Blutlachen. Häuser brannten, Kinder schrien auf der Suche nach ihren Eltern und immer wieder sah man Gestalten mit Schwerten und Pistolen aus den Häusern rennen welche dunkel lachten und alles was sie in die Finger bekamen an sich rissen. Zitternd schlich sie sich fest an die Hauswand gepresst auf die Rückseite. Wenn sie es runter zu den Felsen schaffte, konnte sie sich in den dortigen Büschen verstecken bis alles vorbei war. Hastig lief sie den Pfad hinunter und wurde erst etwas langsamer als sie den Sand unter ihren Füßen spüren konnte. Sie atmete tief durch. Und dann stockte ihr der Atem. Dort, am stillen, leeren Strand den sie schon sooft besucht hatte, lag nun ein riesiges Schiff. Seine Segel waren dunkelrot und an einigen Stellen geflickt, es hatte mehrere Kanonen und den Rumpf schmückte eine Frauenfigur, welche aussah als wäre sie mit Blut getränkt. Und auf der Flagge prangte ein roter Totenkopf. 'Bloody Mary'stand in verwitterten goldenen Buchstaben auf der Seite. Es war das Schiff der Piraten und es war gewaltig. Lilith konnte ihren Augen kaum glauben. Es waren tatsächlich Piraten hier auf ihrer kleinen Insel. Zitternd kniff sie die Augen zu. Sie hatte noch nie so viel Angst empfunden und sie spürte wie sie diese Angst zu lähmen begann. Und dann ertönten hinter ihr Stimmen und ihr Atem beschleunigte sich. Versteck dich, versteck dich, dachte sie verzweifelt und ließ sich schnell unter einen der Büsche gleiten bevor auch schon Menschen auftauchten. Sie verstand nicht was sie sagten und konnte nur ihr lachen hören und ihre Schritte als der Sand unter ihren Stiefeln knirschte. Langsam kroch sie etwas zurück damit der Busch ihr mehr Deckung bot. Plötzlich knackte es unter ihr und sie hielt abrupt inne. Die Stimmer erstarben und langsame Schritte näherten sich ihrem Versteck. Bitte ,bitte nicht, dachte Lilith verzweifelt als die Schritte vor ihrem Versteck halt machen. Verzweifelt versuchte sie ihre Atmung unter kontrolle zu bringen um sich nicht noch mehr zu verraten. Ruckartig griff eine Hand in den Busch und zog sie mit einem Mal an den Haaren hervor, weswegen sie laut aufschrie. Ein junger Mann hielt sie mit eisernem Griff fest und sah sie mit kalten Augen und einem Grinsen an. "Na wen haben wir den da?" fragte er schmunzelnd während Lilith ihn angsterfüllt anblickte
DU LIEST GERADE
The Sea is calling you
FantasiEin Mädchen das ihr lebenlang in einem Waisenhaus verbrachg hat wird auf ihr ganz persönliches Abenteuer auf hohe See entführt. Wortwörtlich. Taucht mit ein in und folgt ihr in eine Welt mit stürmischen Meeren und geheimnissvollen Inseln.