Kapitel 2: Unerwartete Begegnungen

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Christian stand im Aufzug, als er bemerkte, dass Linda auf ihn zu stolperte. Instinktiv griff er nach ihr, um sie vor dem Sturz auf den Boden des Aufzugs zu bewahren. Linda merkte, dass jemand nach ihr griff und sie schlug ihre Augen auf. Vor ihr fand sie ihren Chef, der sie mittlerweile fest umklammerte. "Ich wollte gerade eigentlich in den Plenarsaal zurück, da ich einige Unterlagen zur nächsten Kabinettssitzung dort vergessen habe. Aber dann sah ich dich direkt auf mich zu stolpern und naja, das Ergebnis siehst und fühlst du jetzt.", sagte der Finanzminister. Christian wusste nicht ganz, was er der Liberalen in dieser Situation sagen sollte. Sein Verhältnis zu Linda war seit ihrer Abwahl vom Posten der Generalsekretärin angespannt, auch weil er sie mit den Worten: "Ich erinnere mich gerne daran, dass wir - grob überschlagen - 300-mal den Tag zusammen begonnen haben!"  verabschiedete. Rückblickend war das nichts, was er wiederholen wollte, sowohl aus Publicity, als auch aus Menschlichkeit. Marie-Agnes hatte ihm im Anschluss an seine Rede deutlich weisgemacht, dass sein Verhalten damals fehl am Platz war. Und Linda selbst war ebenfalls von der Aktion sehr gekränkt, hatte aber immer versucht das Geschehen zu verdrängen. "Oh, ähm... Danke, dass du mich gefangen hast", waren deshalb auch die einzigen Worte, die die Blondine Christian schenkte. Linda wand sich aus seinem Griff und drückte die Fahrstuhltaste, um in ihr Büro zu gelangen, während sie den vor ihr stehenden Finanzminister freundlich aufforderte, den Aufzug zu verlassen.

Einige Zeit später saß die Liberale gedankenverloren in ihrem Bundestagsbüro. Ihre Sekretärin war an Corona erkrankt und deshalb für 2 Wochen krankgeschrieben, weshalb die FDP-Politikerin alleine an ihrem Schreibtisch saß und dutzende Autogrammkarten signierte. Eine Stunde und eine verkrampfte Hand später, entschloss sie sich noch ein paar E-Mails und Presseanfragen zu beantworten, und öffnete auf ihrem Handy ihre Lieblings-Musiktitel, um wenigstens etwas Farbe in diese monotone Arbeit zu bringen. Prompt füllte sich der Raum mit Liedern. Routiniert und konzentriert arbeitete sie die E-Mails ab, bis ein bestimmtes Lied den Raum erfüllte. Ein Lied, auf das die Brandenburgerin nicht vorbereitet war, es hier zu hören, welches sie jedoch komplett einnahm... 

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Sasha Alex Sloan - Dancing With Your Ghost

How do I love

How do I love again?

How do I trust

How do I trust again?

I stay up all night

Tell myself I'm alright

Baby, you're just harder to see than most

I put the record on

Wait 'til I hear our song

Every night I'm dancing with your ghost

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Das Lied schaltete Lindas Verstand komplett aus. Die Juristin konnte an nichts mehr denken, stimme stattdessen in das Lied mit ein und sang die Verse mit. Als sie Schülerin war, hatte sie sich für einen Gesangswettbewerb an ihrer Schule beworben und den Wettbewerb tatsächlich gewonnen. Viele hatten ihr damals gesagt, dass sie wie eine Göttin gesungen hatte, was Linda rückblickend sehr bewegte. Wie gut sie jetzt, nach all den Jahren noch singen konnte, war ihr in dieser Situation allerdings egal. Nur durch das Singen konnte sie ihren seelischen Schmerz lindern, denn Gefühle von Melancholie und Trauer übermannten sie. Als das Lied endete stand die Liberale wie hypnotisiert in ihrem Büro und schaute leblos aus dem Fenster in den Sonnenuntergang raus. Bis ihre Bürotür klingelte. "Ach, wer will jetzt noch zu mir?!" murmelte sie, bevor sie zur Tür lief, um der Person Einlass zu gewähren. Unerwarteterweise fand sie Gyde Jensen vor ihrer Tür. "Hallo, schön dich zu sehen", sagte die Blondine zu Gyde, diese hingegen musterte Linda mit einem prüfenden Blick. "Also eigentlich wollte ich mit dir noch auf einen Drink zur erfolgreichen Vereidigung der Regierung anstoßen und dich dafür mit Wolfgang, Marco und Ria in eine Bar einladen. Die Tränen auf deinem Gesicht lassen mich allerdings daran zweifeln, ob du in diesem Moment das willst." 

Linda hat scheinbar nicht gemerkt, dass sie angefangen hatte zu weinen und als Gyde sie mit dessen konfrontierte, wusste die Liberale nicht so richtig, wie sie darauf eingehen sollte. Sie wollte eigentlich von den Ereignissen, die in den letzten Wochen ihr Herz gebrochen haben und die sie unheimlich viel Kraft gekostet haben erzählen, um einfach die Situation nicht alleine durchstehen zu müssen. Andererseits wusste die Juristin, dass es objektiv betrachtet nicht sinnvoll wäre, ihre derzeitige Lage anderen zu berichten. So wischte sie sich einfach ihre Tränen aus dem Gesicht und bejahte das Angebot von Gyde, ohne auf ihre Aussage einzugehen. Diese wiederum sah Linda missbilligend an, stellte jedoch keine weiteren Fragen. Die Kielerin kannte Linda gut genug, um zu wissen, dass ihre Kollegin immer gute Gründe für ihre Handlungen hatte. Dennoch wollte Gyde Linda nicht mit ihrem - offensichtlich vorhandenem - Problem alleine lassen, sie beschloss allerdings, dass jetzt noch der falsche Zeitpunkt für Nachfragen war. So begaben sich beide auf den Weg zur Bar, um den Tag ausklingen zu lassen. Linda hoffte innerlich, dass sie nach ein, zwei Drinks ihr emotionales Wechselbad der Gefühle zumindest für den heutigen Tag beiseiteschieben konnte...

Was denkt ihr denn? Spekuliert mal, welches Thema Linda so bedrückt 😉. Bis zum nächsten mal! Ich hoffe, die Geschichte gefällt euch bis jetzt!

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