Ein Lichtschimmer

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Drei Tage lang hatte Eleanor Malenas letzte Nachricht jetzt schon nicht beantwortet. Ihr fehlten gerade die Kapazitäten dafür. Aber sie hatte sie nicht vergessen. Wie hätte sie sie vergessen können?

Eleanor setzte sich in ihrem Bett auf und entsperrte ihr Handy.

»Hey, wie geht es dir jetzt? Hast du demnächst noch mal Zeit?«, hatte Malena gefragt.

»Sorry, dass ich erst jetzt schreibe. Leider noch nicht so wirklich besser. Wie geht es dir? Hast du am Wochenende Zeit? Sorry, dass ich mich erst jetzt melde«, tippte Eleanor in ihr Handy.

Zwei Minuten später kam eine Antwort. Zwei Minuten. Das schlechte Gewissen stieg in Eleanor auf.

»Macht nichts. Möchtest du mit mir Samstag in den Deutsch-Französischen Garten gehen und ein Picknick machen?«, fragte Malena.

»Gerne. Ich bringe Kekse oder so mit«, antwortete Eleanor.

»Oh lecker. Ich freue mich. Bis Samstag. Ich schreibe dir noch, welchen Bus ich nehme«, kam wenige Augenblicke später eine Nachricht an.

»Ich mich auch, bis Samstag«, schrieb Eleanor.

Das war genug soziale Interaktion für den Tag.

Eleanor legte sich wieder hin und starrte an die Decke. Ihr Kopf war voller trüber Gedanken. Es wirkte nicht real, dass sich Malena weiterhin mit ihr treffen wollte.


Vier Tage später saß Eleanor mit einer Decke, einer Packung Kekse und einer Packung Cracker in der Tasche im Bus zum Deutsch-Französischen Garten. Malena hatte schon einen früheren Bus genommen, aber Eleanor hatte diesen nur noch wegfahren sehen. Es war zwar schon 14 Uhr, aber sie war erst schlecht aus dem Bett gekommen und dann zu antriebslos gewesen, um sich zu beeilen.

Die Durchsage »DFG Süd« erklang. Eleanor drückte den Halteknopf.

Als der Bus hielt, ging sie durch die Tür nach draußen.

An der Haltestelle wartete Malena.

»Hallo. Sorry, dass ich den Bus nicht bekommen habe«, sagte Eleanor.

»Hi. Ist nicht schlimm«, sagte Malena und umarmte sie. Eleanor Herz hüpfte kurz.

Romantische Dinge hatten in letzter Zeit keine Priorität in Eleanors Leben gehabt, aber sie freute sich jetzt trotzdem, Malena wiederzusehen.

»Wollen wir erst ein bisschen spazieren gehen oder ist dir das zu viel?«, fragte Malena.

»Wir können gerne einmal um den See laufen«, sagte Eleanor.

Sie durchquerten den Garten bis zum See. Am Ufer waren Gänse und rupften Gras.

»Guck mal, wie süß«, sagte Malena mit einem Lächeln im Gesicht und ging näher zu den Gänsen. Diese blickten auf und zwei kamen zu ihr.

»Ich habe nichts zu fressen für euch«, sagte Malena zu den beiden Gänsen und zeigte ihre leeren Hände. Diese blickten sie noch kurz an und begannen dann, weiter Gras zu rupfen.

Eleanor und Malena umrundeten einmal den See. Dabei nahm Malena Eleanors Hand. Eleanor spürte ein Kribbeln im Bauch.

»Ich habe übrigens eine Entscheidung getroffen«, sagte Malena nach etwas Zeit. »Ich werde mein Studium abbrechen und Kunst studieren.«

»Oh wow. Viel Erfolg«, sagte Eleanor.

»Ich hoffe, ich bekomme einen Studienplatz.«

»Ich drücke dir die Daumen«, sagte Eleanor.

»Danke!« Malena lächelte.

Sie hatten mittlerweile den See umrundet und waren wieder zu der Wiese gelangt.

»Wollen wir uns hier hinsetzen?«, fragte Eleanor.

»Gerne«, sagte Malena.

Eleanor breitete ihre Decke aus und sie setzten sich an das Ufer eines winzigen Baches.

»Ich habe Nudelsalat dabei«, sagte Malena. Sie holte eine Dose und zwei Gabeln aus ihrer Tasche.

»Ich habe leider nichts Selbstgemachtes«, sagte Eleanor und holte ihre Kekse und Cracker heraus.

»Das macht nichts.«

Der Nudelsalat war mit Sprossen, Paprika, Tomate und Knoblauch und schmeckte Eleanor sehr gut. Zum Nachtisch aßen sie die Kekse.

»Ich weiß noch nicht, wie ich meinen Eltern sagen soll, dass ich mein Studium abbreche«, sagte Malena, als sie ihren ersten Keks heruntergeschluckt hatte.

»Meinst du, sie sind enttäuscht?«, fragte Eleanor.

»Mein Vater bestimmt«, antwortete Malena. »Aber ich will das nicht mehr machen. Ich bin so unglücklich.«

»Wenn es dich unglücklich macht, ist es nicht das Richtige«, sagte Eleanor.

»Ja, absolut«, sagte Malena. »Danke, dass du mich nicht verurteilst.«

»Warum sollte ich?«, fragte Eleanor.

Malena lächelte Eleanor an. Sie sahen sich tief in die Augen und küssten sich.

Wenn die Sonnentage vergehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt