Kapitel 2

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„John, was machst du denn hier?"
„Ich muss etwas mit dir besprechen, es ist viel passiert." „Du kannst doch nicht einfach hier auftauchen? Nach all den Jahren. Was ist denn so wichtig, dass du auf einmal vor meiner Haustür stehst!."  „Lass mich rein, bitte, es ist wirklich wichtig."

Nachdem es geklingelt hat, ist meine Mom nach unten gelaufen, um unseren Besuch in Empfang zu nehmen. So leise wie möglich bin ich hinter ihr her geschlichen und nun hocke ich versteckt am Treppengeländer, während sich der Eindringling unserem Wohnzimmer nähert.

„Es hat sich viel verändert hier", sagt er während seine Augen alles neugierig mustern. Meine Mom schließt die Tür und folgt dem Mann der anscheinend John heißt, weiter in die Wohnung.

„Hier und da waren Veränderungen nötig", sagt sie während sie im Laufen einige unserer Schuhe aufhebt und ins Regal im Flur sortiert. Plötzlich fühle ich mich beobachtet und schaue nach hinten.
Aber nichts ist zu sehen, außer der altbekannten gruseligen Puppe, die mit beiden Augen zur Wand auf der Kommode sitzt.

„Ich habe Frühstück mitgebracht, Lisa und ich dachte, dass wir gemeinsam essen könnten." Sagt er aufgeregt mit stockender Stimme. Das reißt mich aus meinen Gedanken und ich verfolge weiter was unten passiert.

„Du hast Frühstück mitgebracht?" Ich höre an ihrer Stimme, dass sie lächelt. „Lange her, dass wir gemeinsam gegessen haben. Okay, stell es auf den Esstisch."
Die beiden verschwinden in der Küche und ich verliere sie aus den Augen.

Ratlos sitze ich weiterhin auf der Treppenstufe , bis ich wenig später die Stimme meiner Mom höre.
„Cora, kommst du runter? Frühstück!" trällert meine Mom von unten.

„Ich würde dir gerne jemanden vorstellen." Verunsichert wandert mein Blick  zu ihm rüber.
Bloß keine Emotion zeigen. Alles ist in bester Ordnung.

„Ich heiße John, John Wilson. Deine Mom und ich haben uns  auf der Uni kennengelernt und eine Zeit lang waren wir.... sagen wir unzertrennlich." Diese Vorstellung kommt mir so unrealistisch vor und ekelt mich auch ein bisschen.
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Er reicht mir einladend seine Hand entgegen, die ich aber entschlossen ignoriere, auch wenn es unhöflich sein mag, aber in dem Moment ist es mir herzlich egal. „Mein Name ist Cora", erwidere ich kühl, während John langsam seine Hand zurückzieht.

Mich befriedigt  es zu sehen, dass ich seine riesige Pranke nicht erfasst habe und ein schadenfrohes Grinsen schleicht sich in meine Gesichtszüge.

Jetzt schon, höre ich den Vortrag über Höflichkeit, bei Besuch, von meiner Mom,   in meinem Kopf, sodass ich mir ein genervtes Augenrollen nicht verkneifen kann.

Während das Frühstück in der Küche  von meiner Mom vorbereitet wird, verkrieche ich mich in das Sofa hinein und verstecke meinen  angespannten Gesichtsausdruck, hinter der Lektüre, The killer among us, von der Autorin S.E. Ich habe jetzt zwar keine große Lust, in einer Geschichte zu verweilen, aber alles hört sich für mich  besser an, als sich mit John unterhalten zu müssen. 

Ein attraktiver, hölzerner Duft , mit einem Hauch von Frische steigt mir in die Nase und ich zwinge mich dazu, weiter zu lesen, als John auf mich zukommt.
„Was liest du da?" Höre ich seine Stimme nah an mein Ohr vorbei rauschen.
——-
Mein Atem fließt stoßend aus mich heraus und ich gebe mir Mühe, ihn nicht zu beachten. „Was liest du da?"
Wiederholt John dieses Mal etwas lauter und ich schrecke hoch, denn er ist mir unheimlich nahe getreten. Er steht keine zwei  Meter entfernt von mir, denn er lehnt sich dicht  an meinem Sessel und schaut interessiert über meine Schulter.

Ein kalter Schauer rieselt mir den Rücken hinunter und ich erzittere leicht, während ich versuche, meinen Atem zu beruhigen, der durch sein Auftreten schneller geworden ist. 

Er ist nicht gefährlich und er hat mir bis jetzt nichts getan, also ist es kein Grund, die abstoßende Cora einzusetzen.

Ich lasse diesen Satz immer und immer wieder durch mein Gedächtnis gleiten, bis ich mich zu einem halbwegs echten Lächeln zwingen  kann.  Schließlich klappe ich  mein Buch zu und recke mein Kinn etwas nach oben, um ihn anschauen zu können.
„Ich lese das Buch The killer among us von der Autorin S.E"  „Zeig mal her." John schnappt sich mein Buch und liest sich den Klappentext durch.  „Klingt interessant, aber auch etwas unheimlich findest du nicht auch?"  Ohne ihm eine Antwort zu geben, reiße ich ihm das Buch aus der Hand und verstaue es in der Innentasche des Sessels.

  „Dir ist schon klar, dass du dich mir gegenüber ein bisschen  unverschämt verhältst?"  Ich ziehe erschrocken die Augenbrauen nach oben und verkrampfe innerlich, denn diese plötzliche Frage bringt mich aus dem Konzept.  „Wo ist der Bus?"  „Wir reden gerade nicht von irgendeinem Bus Cora, sondern über die Tatsache, dass du dich ein wenig unverschämt verhältst."  Ich schlucke meinen Respekt herunter, der wie aus dem Nichts aufgekommen ist, denn er hat keinen verdient. 
„Wo ist der Bus John?"

John fährt  sich genervt  durch seine wuscheligen Haare.  „Ich hab keine Lust mich mit dir zu unterhalten Cora wenn du deine Unverschämtheit einsetzt und ich rate dir, in Zukunft etwas netter zu sein."   Erstaunt über seine Aussage schaue ich ihm hinterher, als  er in der Küche verschwindet. Wie um alles in der Welt ist ihm aufgefallen, dass ich mich unverschämt verhalten habe?

Vertrau „Sie" nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt