Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Ankunft von Kianas Tante Fabala. Wer meine Hauptgeschichte "Römische Verhältnisse" kennt, der erinnert sich vielleicht noch an sie, da ich sie bereits am Anfang ein paar Mal erwähnt habe. Fabala lebt, seit Kiana zwei Jahre alt ist, bei ihnen. Kianas schlechte Bild von den Römern basieren zu einem Großteil auch auf den schlechten Erfahrungen, die ihre Tante bei der Eroberung ihres Stammes durch Caesar gemacht hat.
An dieser Stelle ist daher auch eine Triggerwarnung angebracht, da in dem Kapitel Andeutungen von Vergewaltigungen sein werden.
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September 56 v. Chr.
Blitze und Donner grollten lautstark in die Stille hinein. Grelles Licht flutete die pechschwarze Nacht. Der Himmel brach über ihrem Kopf zusammen und Tausende von kleinen Wassertropfen durchnässten sie bis unter die Haut. Vor Kälte und Angst bebte ihr ganzer Körper unkontrolliert. Sie konnte sich kaum bewegen. Jeder einzelne Knochen in ihr schmerzte. Jeder Schritt war für sie nur noch eine Qual. Ihr Magen knurrte vor Hunger und ihr Kopf dröhnte. Immer wieder rutschte sie auf dem kalten, glitschigen Boden aus. Ihr Kleid war bereits an etlichen Stellen aufgerissen und ihr Körper war mit so vielen Kratzern übersät, dass sie diese gar nicht mehr zählen konnte. Entschlossen biss sie die Zähne zusammen. Sie war so weit gekommen. Die letzten Meter würde sie auch noch schaffen. Am Horizont konnte sie ihr Ziel bereits undeutlich ausmachen. Zumindest meinte sie das gewaltige Tor und die hölzernen Mauern des Dorfes schon erkennen zu können, auf welche sie zusteuerte. Ein paar Schritte, dann hatte sie es endlich geschafft.
Die Welt um sie herum schwankte und als ein erneutes Donnergrollen den Himmel durchfuhr, brach sie bewusstlos auf dem nassen, kalten Boden zusammen. Erbarmungslos fiel der Regen auf sie herab. Stimmen zerrissen die Stille. Doch sie konnte sie nicht mehr hören.
Sie erwachte in einem großen unbekannten Raum auf einem Lager wieder. Unter sich konnte sie das vertraute Gefühl von Stroh und Pelz spüren. Ihr Kopf dröhnte immer noch so stark, dass sie Angst hatte, er würde jede Sekunde zerplatzen. Langsam versuchte sie, sich aufzusetzen. Die Schmerzen zwangen sie jedoch dazu, sich sofort wieder hinzulegen.
«Fabala, nicht», hörte sie eine leise, weiche, melodische Stimme an ihr Ohr dringen. Verwirrt blickte sie zu der Quelle und sah in dieselben smaragdgrünen Augen, die sie noch aus ihrer Kindheit kannte. Dieselben Augen, die einst auch ihre tote Mutter besessen hatte. Sie hatte ihre große Schwester Marvina seit so vielen Jahren nicht mehr gesehen und doch erkannte sie sie sofort. Erst jetzt spürte sie, dass sie komplett nackt unter der Decke war, in die man sie gehüllt hatte.
«Ich habe es tatsächlich geschafft», stöhnte Fabala und Tränen der Erleichterung rannen über ihr geschundenes Gesicht. Auch wenn die vielen Schnitte brannten, konnte sie nicht mehr aufhören zu weinen.
«Fabala, was ist passiert?», flüsterte ihre Schwester und griff verzweifelt nach ihrer Hand. Doch Fabala war nicht in der Lage zu antworten, da sich erneut die Welt um sie herum in ein schwarzes Nichts verwandelte.
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Gallische Verhältnisse
Исторические романыVorgeschichte von "Römische Verhältnisse" - Kiana wächst als Tochter eines gallischen Stammesfürsten behütet auf, bis ein Ereignis ihr Leben für immer verändern wird.