1. Unbekannt

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Hier bin ich. Ich bin hier und doch habe ich nie existiert. Niemand weiß, dass es mich gibt und das hat seine Gründe.
Nur kenne ich diese nicht.

Ich bin nichts weiter als ein Schatten, ein übernatürliches etwas, das nur gesehen wird, wenn man weiß, dass es mich gibt. Nur weiß das niemand.

Ich bin Jayna. Die Dunkelheit.

Die Menschen sehen mich zwar, aber für sie bin ich nichts weiter als eine dunkle Wolke, die das Sonnenlicht verdeckt.

Ich bin einsam. Ich kenne niemanden und mich kennt niemand. Ich bin allein. Und das seit über 400 Jahren. Ich bin für die Menschen nicht von Bedeutung, denn sie haben keinen Nutzen von mir und das ist wahrscheinlich besser so, denn zu was könnte man mich schon gebrauchen?

Vorsichtig atme ich ein und die Dunkelheit, die mich umhüllt, zieht sich um mich zusammen. Ich gleite in ihr auf die Erde und sie wickelt sich in einem langen und schwarzen Kleid, mit langer Schleppe um mich. Ich kann mich endlich wieder lebendig fühlen, denn nun sehe ich aus, wie ein düsterer Mensch. Ich habe lange schwarze Haare, die mich so sehr nerven, dass ich sie nie offen trage. Ich zerre an meinem Kleid herum und verknote schließlich die Schleppe oberhalb meiner Knie, sodass ich ordentlich laufen kann. Ich blicke auf meine nackten Füße hinab und sehe schließlich zum Himmel hoch, der nun nicht mehr kohlrabenschwarz ist, sondern in dem man nun sämtliche Sterne sehen kann. Sie sind wunderschön.

Warum musste ich nur immer diese schönen Sterne verdecken? Ich fühle mich schuldig, weil ich den Menschen diese wunderschöne Erscheinung nahm und weil ich wahrscheinlich all die kleinen Kinder mit meinem Erscheinen verängstigte. Immerhin sah man überhaupt nichts, außer schwarze Dunkelheit, wenn ich am Himmel war.

Ich laufe in die Gassen zwischen den Häusern hinein. Viele Menschen laufen zu dieser Uhrzeit immer hier entlang, aber sie sehen mich nicht. Wie sollten sie auch? Wenigstens konnte ich sie so gut beobachten. Sie waren so unterschiedlich und doch sahen sie alle gleich aus. Nicht so wie ich.

Manchmal wünschte ich, so zu sein wie sie, nur war das leider unmöglich.

Ich war aber froh, wenigstens auf die Erde gehen zu können, nicht so wie es die ersten 357 Jahre war, in denen ich nur im Himmel war und das Stunde für Stunde. Minute für Minute. Und Moment für Moment.
Ich war so dankbar, seit kurzem endlich diese Last losgeworden zu sein und auf die Erde zu kommen. Auch die Menschen waren froh über meine Anwesenheit, weil ich ihnen so keine Angst machte. Mein Leben war ein Reinfall, doch ich wusste nicht, was ich tun könnte um es zu ändern. Denn selbst der plötzliche Wandel, die Erde betreten zu können geschah ohne Vorwarnung und ohne wirkliche Gründe.
Ich war ganz plötzlich beim tiefen Einatmen einfach auf der Erde gelandet und war anfangs orientierungslos und verwirrt. Mit der Zeit lernte ich, damit umzugehen und mittlerweile kam ich so oft ich konnte hierher.
Solange ich mindestens 13 Stunden im Himmel meine Pflicht erfüllte, konnte ich tun und lassen was ich wollte. Nur hatte ich kaum eine Wahl, da ich nur das tun konnte, bei dem mich niemand zu sehen brauchte. Es war traurig und doch wusste ich nicht, wie ich diesem Leben entfliehen konnte.

Ich laufe auf mein Ziel zu, als mich ein großer und sperriger Mann rammt. Au, denke ich instinktiv und weiß, dass mich dieser Mann weder hören noch sehen konnte. Er hatte also auch nicht gespürt, wie er gegen mich gelaufen war. Das war schon sehr belastend, aber ich hatte mich daran gewöhnt.

Ich drängele mich etwas durch die Menschenmenge, die nichts von mir mitbekommt und erreiche so nun endlich mein Ziel. Es war ein kleines Fitnessstudio mitten in der Stadt. Ich weiß zwar nicht, was mich hierher getrieben hatte, aber ich kam gerne hierher. Es war ein ruhiges Örtchen voller Menschen, die mit sich selbst beschäftigt waren, sodass sie einen so oder so nicht wahrnehmen würden. So fühlte ich mich wenigstens nicht ganz so schlecht und konnte mich so fühlen, als ob ich ein normales Wesen wäre und nicht so „einzigartig" wie ich eben war.

Darkness Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt