3. Einsam

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Die folgenden Jahre betrete ich kein einziges Mal die Erde.
Der Sohn von Lewi hatte recht. Es gab hier zu viele Erinnerungen.

Außerdem bin ich nun hoffnungslos. Denn selbst wenn ich wieder ein Kind finden würde, welches mich sieht, so würde es dennoch irgendwann den Glauben verlieren oder sterben. So wie Lewi.

Ich beschließe daher in mein altes Leben zurückzukehren. Ich kehre nur auf die Erde um mich zu beschäftigen. Sämtlichen Menschen und ihren Kindern gehe ich aus dem Weg. Ich bin so verloren, wie vor der Begegnung mit Elodie und Lewi. Ich vermute, dass es wohl besser gewesen wäre, wenn ich die beiden nie kennengelernt hätte.

Aber die Zeit hat es so gewollt. Mein Schicksal hat es so gewollt. Aber warum? Warum war ich nur verdammt dazu, die Dunkelheit zu sein? Aber das schlimmste war, warum hatte man mir für einen kurzen Moment Hoffnung gegeben, der mich lebendig hielt, mit dem ich mich vollkommen fühlte und dann wurde mir all das wieder genommen. Ich hatte einfach keine Chance auf ein schönes und normales Leben. Und damit musste ich mich verdammt nochmal abfinden.

Mit hängendem Kopf laufe ich zum Fitnessstudio, um mich dort abzulenken. Dort angekommen mache ich vier Stunden ohne Unterbrechung Sport. Ich versuche mich so zu stressen, dass ich an nix anderes denken kann. Ich strenge mich so sehr an, dass ich auf dem Boden zusammen breche. Ich bleibe liegen und spüre den Schmerz in meinen Gliedern. Tränen fließen mir über das Gesicht. Ich habe das Gefühl zu sterben, doch es macht mir nix aus. Mit Schmerz war mein Leben wenigstens halbwegs zu ertragen. Doch ich wusste, dass ich nicht sterben würde, weil es mein Schicksal war, für immer alleine zu leben und diese Qual würde wohl nie ein Ende nehmen.

Ich bleibe bestimmt eine Stunde dort liegen und versinke in Selbstmitleid. Niemand interessiert sich für mich, denn warum sollte man auch. Warum sollte man mir helfen, wenn ich nicht einmal wusste wie ich mir selbst helfen konnte. Außerdem würde man mir sowieso nicht helfen können. Mein Leben war einfach hoffnungslos, sinnlos und enttäuschend.

Unter Tränen und voller Erschöpfung schlafe ich irgendwann auf dem Boden ein. Als ich wieder aufwache befinde ich mich bereits wieder im Himmel. Ich seufze. Das passt perfekt zu meinem Leben. Vor lauter Erschöpfung einschlafen und statt in einem positiven Umfeld wieder aufzuwachen, wache ich an dem Ort auf, an dem ich für immer bleiben muss.

Die nächste Zeit ist furchtbar. Ich bin so deprimiert, dass ich meine komplette Zeit auf der Erde damit verschwende, unnötig viel Sport zu treiben. Denn diese Anstrengung lässt mich fast alles vergessen. Jeden Abend bin ich so erschöpft, dass ich auf der Stelle einschlafe und mich nicht die ganze Nacht mit meinen deprimierenden Gedanken rumquälen muss.

Für eine lange Zeit geht es so weiter. Mein Leben besteht nur aus Leid, Schmerz und tiefem Kummer. Ich werde mein schlechtes Gewissen nicht los, dass ich Lewis Kinder verscheucht habe und dagegen hilft auch mein unermüdlicher Sport nicht. Ich wiederhole es nur ungern, aber mein Leben ist hoffnungslos. Mir fällt nix anderes ein, als das immer und immer wieder zu wiederholen. Ich sage es mir selbst immer wieder und so rede ich es mir immer mehr ein. Doch ich wusste, dass mein Leben so oder so sinnlos war und es daher egal war, ob ich mir das nur einredete oder nicht.

Eines Tages, als ich mich meiner überflüssigen Routine ein weiteres Mal hingeben wollte, entschied ich mich ohne Grund dazu, an dem Fitnessstudio vorbei zu gehen. Stattdessen schlendere ich über den Markt und sehe mich um. Mein Magen knurrt. Ich nehme mir ein frisch gebackenes, gut riechendes Brot und obwohl ich ungern stehle, habe ich keine andere Wahl, da ich schlecht etwas kaufen kann, ohne gesehen zu werden. Ich nehme einen Bissen und sehe mich um. Der Markt ist wunderschön und ich muss feststellen, dass ich relativ gute Laune habe. Ich weiß zwar nicht, warum ich heute so daran interessiert war, einfach herumzuschlendern, aber es tat gut, ein wenig Abwechslung in mein sonst so trübes und eintöniges Leben zu bringen. Ich beobachte die Leute, als mich erneut ein Mann rammt. Wieder denke ich au, doch ich hatte mich daran gewöhnt, dass die Menschen das ja gar nicht mitbekamen. Doch er drehte sich um und sagt:
„Oh es tut mir leid. Geht es dir gut?"
Er berührt mich sanft am Arm und mich durchläuft ein Kribbeln und ich zucke zusammen. Verwirrt nicke ich, doch er fragt erneut:
„Habe ich dir sehr weh getan?"
Ich schüttele den Kopf und er schaut mich beruhigt und liebevoll an. Mein Herz macht einen Satz.
„Es tut mir wirklich leid. Naja ich muss los. Tschau"
Ich sehe ihm sehnsüchtig nach und tätschele die Stelle an meinem Arm, die er berührt hat. Ich winke ihm leicht hinterher und er lächelt zurück, bevor er in der Menge verschwindet.

Darkness Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt