Teil 2

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Wieder schrecke ich hoch, weil mein Handy neben mir klingelt. Andrea. Ich seufze und gehe ran. „Hallo?"

„Mein letzter Stand war, dass wir heute... um... genau jetzt ein Meeting haben." Ihre Stimme hallt vorwurfsvoll durch mein Handy. Ich schaue auf meine Uhr und starte hektisch den Motor. Scheiße, das Meeting!

„Hmmm", mache ich unschuldig.

„Ok, wo bist du?", fragt sie ungeduldig.

„Gerade vom CatCo Parkplatz weg..."

„Ey ernsthaft! Du bist hier die Chefin, falls dir das nicht aufgefallen ist! Du kannst nicht ständig zu spät kommen!", flüstert sie wütend. Wahrscheinlich steht sie schon im Zimmer und will nicht, dass alle anderen schlecht von mir denken. Wie löblich.

„Sag ich steh im Stau und bin gleich da. Außerdem ist es das erste mal in meiner gesamten Karriere, dass ich zu spät komme." Dann lege ich einfach auf.

Das Meeting war der Horror. Die neuen Kunden sind wirklich hartnäckig. Eigentlich sollte ich mir gerade den Entwurf der Arbeitsvereinbarung anschauen, aber meine Gedanken bleiben einfach nicht bei dem Stück Papier. Immer wieder schweife ich ab. Immer wieder schleicht sich das Bild einer vor mir hockenden Blondine in meinen Kopf. Sie redet sanft mit mir und streicht meinen Lippenstift von den Lippen. Wenn ich meine Augen schließe, habe ich das Gefühl, wieder im Bad zu sitzen, Karas Finger auf meinen Lippen.

Ich atme einmal tief durch und öffne meine Augen wieder. Erst arbeiten. Dann kann ich mir wieder über Kara den Kopf zerbrechen. Dann kann ich die Puzzelteile noch einmal anders anordnen, in der Hoffnung, dass es jetzt endlich alles Sinn ergeben würde. Dann kann ich darüber phantasieren, was heute Abend alles passieren kann.

Die zwei Stunden, die ich noch arbeiten muss, ziehen sich fürchterlich in die Länge. Jeder Satz in der Arbeitsvereinbarung scheint unendlich lang und wie ein unüberwindbares Hindernis. Als mein Handywecker endlich klingelt, lasse ich sofort meinen Stift fallen, schnappe mir mein Handy und stoße den Stuhl vom Schreibtisch zurück.

Kara hat mir geschrieben. Ein Stich eilt durch meine Brust. Na? Schon fertig mit arbeiten?

JA! Schreibe ich freudig zurück.

Was macht der Magen? Fragt sie und ich muss mein Grinsen unter Kontrolle bekommen. Sie will wissen, wie es mir geht. Ein wohliges Kribbeln breitet sich in meinem ganzen Körper aus.

Ich will gerade zurück schreiben, als sie mich anruft. Großer Gott, darauf bin ich null vorbereitet. Aber bevor ich richtig darüber nachdenken kann, drückt mein Finger wie automatisch auf annehmen.

„Hi!", Karas Stimme klingt wie der pure Sonnenschein durch mein Telefon.

„Hi", antworte ich etwas resignierter als Kara.

„Also, was macht der Magen?", fragt sie noch einmal und wieder breitet sich das Kribbeln in meinem Körper aus. „Dem geht's prima!", kichere ich.

„Super!", antwortet sie prompt. „Soll ich dich eigentlich abholen? Ich verspreche auch, dass ich langsamer fliege!"

„Ist es nicht super komisch, wenn du einfach so mit mir durch die halbe Stadt fliegst? Was sollen sich denn die ganzen Leute denken? Außerdem muss ich eh nochmal nach Hause." Obwohl mir der Vorschlag gefällt, will ich nicht zustimmen. Was wenn jemand Fotos macht? Ich weiß, wie übel die Presse sein kann. Vor allem bei Kara wird jeder Schritt dokumentiert. Auch wenn es um ihr Liebesleben geht, gibt es eine Menge Tratsch. Jedoch alles falsch, soweit ich weiß.

Ich kann förmlich spüren, wie Kara am anderen Ende ihre Augen verdreht. „Du wirst mich nicht ewig davon abhalten können, mit dir durch die Stadt zu fliegen..." Ich muss grinsen. Die Vorstellung mit Kara gemeinsam zu fliegen fühlt sich wie ein Traum an, aus dem man nie wieder aufwachen will. Was Kara allerdings nicht weiß - zu mindestens noch nicht, ist dass ich auch alleine fliegen könnte. Ich habe einen Spruch dafür in dem Zauberbuch meiner Mutter gefunden.

U are my sun - Supercorp EndgameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt