Geheime Zentrale des BfV. Schulz, Werner & Erna Marx. Donnerstag, 19.09.2013

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Der Raum, in den man sie führte, ist in ein helles, unnatürliches Licht gehüllt. Die Wände sind aus kaltem Stein und sehen feucht aus.

In der Mitte des Zimmers steht ein wackliger Holztisch und auf jeder Seite je ein Stuhl.

Gewaltsam drückt man Erna auf einen der Stühle und löst ihre Handschellen. Drei Männer haben sie begleitet, nun gehen sie alle schweigend aus dem Raum.

Bevor Erna sich jedoch Gedanken machen kann, betreten zwei neue Männer das Zimmer.

Der Ältere von ihnen ist dick und hat kaum Haare auf dem Kopf. Sein Gesicht glänzt vor Schweiß und er atmet schwer. Er trägt einen eleganten grauen Anzug und ein Pistolenholster um seine breiten Hüften. Er hat die Hand auf selbige gelegt, als wolle er Eindruck schinden, doch nichts in seinem Gesicht deutet darauf hin, dass er in letzter Zeit von seiner Pistole Gebrauch gemacht habe.

Der Jüngere der beiden ist das komplette Gegenteil. Er ist schlank, aber muskulös. Trägt Jeans und ein Flanellhemd und ebenfalls ein Pistolenholster, in dem allerdings keine Pistole steckt. Sein Gesicht ist wild entschlossen und Erna hätte ihn, unter anderen Umständen, als gut aussehend empfinden können.

Der Ältere drückt auf einen Knopf in der Mitte des Tisches und ein Mikrofon erscheint.

»Für's Protokoll: es ist sieben Uhr und vierundvierzig, den neuzehnten September zweitausenddreizehn. Verhör wird geführt von: Schulz, Rainer; Dienstnummer: Null-Null-Sieben-Sechs-Null und Werner, Willy; Dienstnummer: Null-Zwei-Zwei-Null-Neun«, sagt der Alte und sieht nun Erna an. »Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihr Geburtsdatum für's Protokoll.«

Erna sieht die beiden Männer an. »Erna Marx, fünfter Mai neuzehnhundertachtundachtzig.«

Der Jüngere, Willy Werner, beugt sich ein Stück vor. »Wie wäre es mit Ihren richtigen Daten, Frau Meren.«

Sie zuckt zusammen, bei der Nennung ihres neofaschistischen Familiennamens. »Sie wollen doch was von mir! Also würde ich Ihnen raten, das zu nehmen, was ich bereit bin zu geben! Mein Name ist Erna Marx!« Sie ist laut geworden und sogar aufgesprungen, so dass Werner auf sie zugegangen ist.

»Nun, Frau Marx, dann eben so. Mein Name ist Rainer Schulz und ich bin leitender Ermittler in der Entführung des Abgeordneten Alexander Gauland. Das hier neben mir ist mein Kollege, Kommissar Willy Werner.« Schulz hat begonnen zu sprechen, er setzt sich auf den Stuhl, Erna gegenüber. »Frau Marx, wissen Sie weshalb man Sie hierher gebracht hat?«

Wo ist hierher? Erna hat bisher noch keinerlei Informationen erhalten.

Heute Morgen hatte man ihre Wohnung gestürmt, sie und Kuno wurden verhaftet, Brigitte hatte man angeschossen. Einzig Peggy konnte über die Feuerleiter entwischen.

»Da Sie die Ermittlungen der Entführung Gaulands leiten, nehme ich an, es geht darum. Nur wieso ich hierher gebracht wurde und was ich damit zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.«

Schulz und Werner tauschen einen Blick. Dann sagt Schulz: »Wissen Sie, dass der Verfassungsschutz Sie seit neunzehnhundertsiebenundneunzig beobachtet? Seit ihr Bruder den Polizisten Krüger mit einem Stein attackiert hat.«

So etwas hatte Erna schon erwartet. Sie hatte nicht gedacht, das sie schon so lange im Fokus des Staates stand, doch spätestens bei der Reise nach Palästina war es ihr klar geworden, dass sie auf einer Liste landen würde.

»Natürlich wusste ich das«, sagt sie und sieht Schulz an. »Das hier ist schließlich ein Überwachungsstaat.«

Sie konnte es sich nicht verkneifen. Doch die Wahrheit muss gesagt werden. Diese zwei schwachen Männer sind Sklaven des Staates, Untertanen eines fehlerhaften Systems. Und das Schlimmste ist: sie wissen es nicht.

»Rainer, lass uns nicht mehr Small-Talk machen. Wo ist Alexander Gauland?«, fragt Werner scharf.

Erna lacht auf. »Was sind Sie? Guter Bulle, böser Bulle? Ich habe keine Ahnung, wo dieser AfD-Futzi ist. Ich habe ebenfalls erst Sonntag Mittag von seiner Entführung erfahren und als besorgte Bürgerin die Augen nach diesen bösen Menschen offen gehalten.«

Natürlich ist das gelogen. Alles. Sie weiß, wo er ist. Sie weiß, was mit ihm passieren würde und sie weiß, was passieren würde, wenn ihr etwas passiert.

»Sie glauben doch nicht, dass wir Ihnen glauben? Sie werden seit über zehn Jahren überwacht, wir wissen, was Sie und ihre Gruppe vorbereitet haben. Ja, ich sagte Sie und Ihre Gruppe. Wir haben herausbekommen, dass Sie und ihre Anhänger Nachahmer sind. Sie haben diese Entführung geplant.«

Eigentlich sollte Erna Angst haben müssen, doch sie ist ganz cool. Nichts bringt sie aus der Fassung. Sie hat eine neofaschistische Familie überlebt, sie würde auch dieses Gespräch überleben.

»Wenn Sie etwas gegen mich in der Hand hätten, dann würden wir nicht hier sitzen. Sie hätten mich bereits offiziell als Täterin in U-Haft gesteckt. Sie wissen rein gar nichts!«

Werner lächelt überlegen. »Ihr Freund hat bereits gestanden. Und die Dame im Krankenhaus wird es bestätigen. Und keine Sorge: die andere geflohene Freundin, bekommen wir auch noch.Wir brauchen nur noch Ihr Geständnis für eine Untersuchungshaft.«

Erna zieht eine Augenbraue hoch. Hatte Kuno sie wirklich verraten? Das kann sie sich kaum vorstellen. Auf sowas sind sie vorbereitet worden. »Na wenn das so ist, dann hätte ich jetzt gerne einen Anwalt, Big Brother

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