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 Arthur war hellwach, als jemand mitten in der Nacht an ihre Tür hämmerte. Er wartete ab, vielleicht hatte man sich ja im Zimmer vertan. Doch es klopfte wieder. Also schlug er die Decke zurück und stand auf, der Boden war unglaublich kalt unter seinen nackten Füßen. Er zog sein Hemd über und ging zur Tür.

Als er öffnete, empfand er eine seltsame Mischung aus Überraschung und Vorhersehbarkeit. Gwaine und Ethel lehnten im Türrahmen, rochen nach Taverne und hatten blau angelaufene Flecken im Gesicht.

"Guten Abend, Mylord", nuschelte Gwaine.

"Wir wollten zum Hofarzt." Ethel hielt den Finger unter die blutende Nase.

Arthur bekämpfte den Drang, die Tür einfach wieder zu schließen und sich zurück ins Bett zu legen, in der Hoffnung, es wäre nichts weiter als einer seiner schlechten Träume. Aber Gwaine stand schon im Zimmer, sah sich um, bevor er sich an den kleinen Tisch setzte. Ethel folgte ihm.

Merlin war durch den Krach, den die beiden gemacht hatten, wach geworden und saß mit verschlafenen Augen auf der Bettkante. Arthur reichte ihm ein Hemd, dass er sich überzog.

"Was ist passiert?", fragte er und steckte ein zweites Licht an.

Gwaine streckte die Beine aus. "Ein Streit. In der Taverne."

Merlin begutachtete sein Gesicht. "Arthur, ich brauche Wasser und saubere Tücher."

Ethel setzte sich neben Gwaine. In ihrem Gesicht klebte getrocknetes Blut.

"Arthur" Merlin warf ihm einen Blich über die Schulter zu. "Wasser und saubere Tücher. Jetzt."

Er setzte sich in Bewegung, brachte ihm das Gewünschte.

"Gut." Merlin tunkte eines der Tücher in die Wasserschale.

Gwaine grinste.

"Was ist so lustig?", fragte Arthur.

"Wie sich die Dynamik ändern kann, wenn man sich innerhalb von Schlafzimmerwände befindet... Ich wollte es nie glauben."

"Wenn du auf dieser Seite der Wände bleiben willst, sparst du dir dein süffisantes Grinsen."

"Ja, Mylord." Sein Ausdruck blieb unverändert.

Aus dem Augenwinkel erahnte Arthur ein amüsiertes Lächeln auf Merlins Gesicht, bevor er Gwaine ein nasses Tuch ins Gesicht warf. "Mach dich sauber, bei dir ist alles gut."

Er reichte Ethel das zweite Tuch und sie wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Sie hatte ihre Haare abgeschnitten, sie waren nun kaum länger als ihr Kinn. Aber es sah gut an ihr aus, fand Arthur. Betonte die Kanten in ihrem Gesicht. Im Profil ihrer Nase war ein Hubbel, der vorher noch nicht dagewesen war. Wahrscheinlich war ihre Nase gebrochen. Sie hatte sich nicht über den Schmerz beschwert.

Er wandte den Blick von ihr ab und sah zu Gwaine. "Definiere, Streit in einer Taverne."

Gwaine zuckte mit den Schultern. "Einer sagt etwas, was einem anderen nicht passt. Es wird lauter. Es fliegen Fäuste."

"Und ein Ritter - und die Königin - Camelots beteiligen sich daran?"

"Nein", entgegnete Gwaine. "Wir haben die Taverne natürlich sofort verlassen."

"Aber der Streit ist uns bis vor die Tür gefolgt", sagte Ethel und die beiden tauschten einen Blick, kicherten wie kleine Kinder.

Gwaine hielt sich die Seite. "Merlin, ich glaube meine Rippe ist gebrochen."

"Dann musst du noch warten." Er hatte sich einen Stuhl herangezogen, saß Ethel gegenüber. "Darf ich Euer Gesicht berühren?"

Sie nickte. Arthur stellte sich neben Merlin, beobachtete seine Arbeit.

"Wenn es keine Spuren hinterlassen soll, muss ich Eure Nase richten. Das kann etwas weh tun", sagte er, als er die Hand nach ihr ausstreckte.

Wieder nickte sie und schloss die Augen. Merlin murmelte etwas - einen Zauberspruch- und fuhr mit dem Finger ihr Nasenbein hinab. Seine Augen glänzten golden. Arthur konnte sehen, wie sich die Knochen unter seiner Berührung bewegten, wieder in ihre Position rutschten. Ethel biss die Zähne aufeinander, gab aber keinen Ton von sich.

Merlin fuhr über die aufgeplatzte Lippe und die aufgesprungene Augenbraue und die Haut fügte sich wieder zusammen. Er berührte die dunkle Färbung unter ihrem rechten Auge und sie verschwand. Arthur stellten sich die Haare auf den Armen auf.

Als Merlin seine Arbeit beendet hatte, sah Ethel aus, als wäre nichts geschehen. Er zog seine Hand zurück, blickte auf, sah zu Arthur. Arthur senkte das Kinn.

Es war immer noch seltsam, zu sehen, wie er Magie anwandte. Nicht nur Kleinigkeiten, sondern mächtige Zauberei.

"Warum bekomme ich keine 'So-gut-wie-neu'-Behandlung?", durchbrach Gwaine die Stille, die sich ausgebreitet hatte.

"Du bist nicht die Königin, Gwaine", antwortete Merlin. " Niemand stellt Fragen, wenn ein Ritter ein paar Macken hat."

"Also gut", gab er nach und stand auf. "Außerdem mögen die Damen ein raues Aussehen, nicht?"

"Nun, ich würde es nicht wissen." Merlin schob ihn auf den Gang.

"Merlin", sagte Ethel, wartete, bis sie seine Aufmerksamkeit hatte. "Danke."

Er nickte und sie schloss die Tür hinter sich. Merlin lehnte sich gegen das Holz, atmete tief durch.

"Tut es weh?", fragte Arthur.

Er sah auf. "Was?"

"Magie zu wirken."

Merlin schüttelte den Kopf, stoß sich von der Tür ab und kam ihm entgegen. "Nein. Es ist eher wie ein Strom an Energie. Manchmal ist es anstrengend, wie nach einem langen Lauf. Aber die meiste Zeit ist es ganz natürlich, wie atmen. Sieh." Ein Goldschauer huschte über seine Augen und er zog ein Veilchen hinter Arthurs Ohr hervor.

Arthur nahm die Blume, studierte die feine Blüte. "Ist sie real?"

"Warum sollte sie das nicht sein?" Merlin wusch die blutbefleckten Tücher.

"Sie ist nicht natürlich. Nicht irgendwo gewachsen, in der Erde, unter der Sonne. Du hast sei einfach... erschaffen."

Merlin stoppte, kräuselte die Stirn. "Meine Magie ist... geborgt. Es ist dieselbe Kraft, die im Frühling die Blumen auf dem Feld blühen und im Herbst die Blätter rot färbt und von den Bäumen fallen lässt. Es ist alles ... verbunden. Also sag du mir: Nur, weil diese Blüte nicht den Weg durchlaufen hat, den du kennst - ist sie deshalb nicht natürlich?"

Die Luft entwich Arthurs Lungen. Er legte das Veilchen auf den Tisch. "Wann hast du dich dazu entschieden, dass du ein Zauberer werden möchtest?"

"Dazu entschieden?" Überrascht sah er ihn an. "Arthur, ich wurde so geboren. Ich hatte immer Zauberkräfte."

Arthur biss sich auf die Lippe. "Tut mir leid."

"Was?"

Er fand seinen Blick. "Dass du nie die Chance auf ein normales Leben hattest."

Merlin wich ein Stück zurück. "Ein normales Leben? Was wäre das? Das Leben eines Prinzen, so wie du? Das eines Bauers?"

"Eines, ohne Furcht."

Er sah kurz zur Decke. "Hat nicht jeder Ängste?"

Arthur ging kurz in sich. Dann nickte er.

"Meine Magie ist kein Fluch, es ist eine Gabe." Ein tiefer Atemzug. "Lange hielt ich mich selbst für ein Monster. Sieh du mich bitte nicht als eines."

"Merlin-" Er wollte seine Hand nehmen, aber Merlin wandte sich ab.

"Ich will noch etwas schlafen, bevor wir losmüssen."

Arthur sah zu, wie er sich in das Bett legte, dass sie sich zuvor noch geteilt hatten. 

Es war nicht gerecht und es war auch nicht fair. Aber Arthur war zu müde und wollte sich nicht darüber streiten, was und was er nicht gemeint haben könnte.

A Tale of Trust and Treason (BBC MERLIN Fanfiction) [Pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt