"I'm not who I think I am, I only experience Life throuh who I think I am."
― Steve DahlDie Sterne am Himmel erinnerten mich an das Glänzen in ihren Augen. Scheinbar so weit weg und doch so nah, dass man es sehen konnte. Manchmal stellte ich mir vor, wie es wäre die Sterne von nahem zu sehen. Jedes kleinste Stück Fläche zu inspizieren. So stellte ich es mir mit ihren Augen vor, immer näher zu kommen, bis ich jedes Detail ihrer meerblauen Augen sehen konnte. Sodass ich in diesem Meer versinken konnte. Es waren wie Sirenen die nach mir riefen und mich zu sich locken wollten.
Ihre Augen musterten mich in diesem Moment so eindringlich, dass es sich anfühlte, als würde sie nur mich auf dieser Welt sehen. Obwohl es da noch so viel mehr gab. Aber für diesen einen Moment, gab es nur mich.
„Ich weiß es nicht." flüsterte ich zurück, aus Angst den Moment kaputt zu machen. Wer war ich überhaupt? Das war einer der Fragen, die ich mir immer gestellt hatte. Aber immer ohne Antwort. „Wer ist man überhaupt wirklich? Ist man die Person, die man gerade ist oder die man strebt zu sein? Die man bestimmt ist zu sein und die noch irgendwo in einem schlummert?" Autumn biss sich nachdenklich auf die Unterlippe.
„Ich möchte wissen, wer Sie jetzt sind." Ich lächelte bei dem Gedanken daran, wie sie mir auf eine ähnliche Frage, die ich ihr mal gestellt hatte, geantwortet hatte. „Das würde einundzwanzig Jahre dauern diese Frage zu beantworten." Erst schaute sie mich nur verblüfft an, dann musste sie selbst Grinsen. „Wie ich merke, hören Sie mir aufmerksam zu." Ich nickte sanft.
„Ich sauge jedes einzelne Wort von Ihnen auf wie ein Schwamm." Sie musterte mich noch eine Minute schweigend, bevor ich die Stille brach. „Seitdem ich hier bin, habe ich das Gefühl jemand anderes zu sein und... irgendwie gesehen zu werden. Als würde ich nicht einfach vor mich hin leben." Autumn nickte, als würde sie genau verstehen was ich meinte. „Wie sah ihr Leben vorher aus?" Mein Leben vor New York... Es fühlte sich an, wie ein ganz anderes Leben. Und es machte mich traurig bald in dieses zurück kehren zu müssen, als wäre all das hier nur ein verdammt schöner Traum gewesen. „Ich arbeite in einem Verlag in der Werbeabteilung. Hab eine kleine Wohnung in einer Mini Stadt wo eigentlich so gut wie jeder Jeden kennt. Außer mich. Ich bin erst vor ein paar Jahren dort hingezogen, nachdem ich die Highschool beendet hab."
„Sie arbeiten bei einem Verlag? Wie kamen Sie dazu?" Ich seufzte und drehte mich auf den Rücken, wobei ich begann die Decke über mir genau zu mustern. „Ich liebe Bücher. Schon seitdem ich klein bin. Es ist als könnte ich für einen Moment jemand anderes sein und sein Leben leben. Damit ich nicht in Meinem sein muss. Und da kam ein Verlag einfach am nächsten." Ich merkte Autumns Blick auf mir ruhen. Als versuchte sie noch mehr aus mir herauszukitzeln. Allerdings war da einfach nicht mehr. „Wieso schreiben Sie dann nicht ihr eigenes Buch, das sie Leben nennen?" Ich sah wieder zu ihr, sodass sich unsere Augen trafen.
„Was ist mit Ihnen?" Autumn zog eine Augenbraue nach oben. „Wer sind Sie wirklich?" Als wäre das Bett plötzlich ziemlich unbequem geworden, setzte sich Autumn auf und begann sich zurecht zu rücken. Sie stand letztendlich auf, sodass ich sehen konnte, dass auch sie nur ein langes, edles, schwarzes Nachthemd trug. „Möchten Sie auch einen Kakao?" Verwirrt nickte ich und stand auf um ihr in die Küche zu folgen.Meine Beine baumelten den Barhocker hinunter, auf dem ich Platz genommen hatte um mich Autumn gegenüber an die Kücheninsel zu setzen. Hinter ihr befand sich, wie hätte es anders sein sollen, ein schwarzes Regal mit jeder erdenklichen Sorte Alkohol.
Autumn holte eine Flasche Rum aus dem Regel, zu dem sie sich strecken musste und was dafür sorgte, dass ihr Nachthemd etwas hoch rutschte und mir einen Sprache verschlagenden Anblick bot.
„Wollen Sie?" Sie kippte sich einen ordentlichen Schuss Rum in die Tasse. Verstört schüttelte ich den Kopf. Dann setzte sich Autumn vor mich.
Sie hielt sich ihre Hände an die weiße Kakaotasse, die noch heiß dampfte. „Was möchten Sie wissen?" fragte sie und sah auf. Sie sah in diesem Moment unfassbar zerbrechlich aus, sodass ich mich gar nicht wirklich traute auch nur einen Ton zu sagen.
„Wie kamen Sie dazu ein Millionenunternehmen zu leiten?" Ein kleines Grinsen schlich sich auf Autumns Gesicht. Gepaart mit etwas Stolz, der ihre Grübchen hervortreten lies. „Ich hab mit 16 angefangen mit Aktien zu handeln. Scheinbar hatte ich ein gutes Näschen und bin ziemlich erfolgreich damit gewesen. Als ich dann mit der Highschool fertig und dann auch volljährig war, hab ich dann Blake Holdings gegründet. Also mit dem kleinem Abstecher ins Psychologiestudium." Sie grinste mich über den Rand ihrer Tasse hinweg an. „Investments haben mich immer irgendwie mehr gereizt. Es war wie eine magische Anziehung. Besonders Immobilien. Was denken Sie, ist den meisten Menschen am wichtigsten?" Ich sah sie komplett überfordert an und zuckte mit den Schultern.
„Es ist ganz simpel. Ihr zuhause..." Ich legte den Kopf schief und versuchte gedanklich mitzukommen. Um drei Uhr morgens war wohl doch nicht so wirklich meine Zeit. „Denken Sie das wirklich? Ist das Zuhause nicht irgendwie mehr als ein Haus oder eine Wohnung?" Miss Blake zuckte mit den Schultern. „Für manche vielleicht... Für manche ist zuhause auch ein Urlaubsort." Ich nickte. „Deshalb das Hotelprojekt." Autumn nickte ebenfalls bestätigend. „Deshalb das Hotelprojekt..."
Wir schwiegen uns wieder kurz an, bis Autumn schmunzelnd aufsah. „Was?" fragte ich skeptisch, woraufhin Autumn die leere Tasse beiseite schob und sich in meine Richtung beugte. Ihr Atem traf beim Sprechen auf mein Gesicht. Der Alkohol stach unverkennbar hervor. „Sie wissen schon, dass Sie meine Investoren verdammt beeindruckt haben oder?" Ich wurde knallrot im Gesicht und beobachtete die Linien auf der Mamortischplatte vor mir um Autumn ja nicht ansehen zu müssen. „Ich habe mich immer gewundert, wie Sie das gemacht haben. Zumal ich mir nicht vorstellen konnte, dass Sie irgendwas in die Richtung studiert haben, zumindest empfand ich Sie als zu jung dafür. Aber jetzt ist mir alles klar. Sie arbeiten in der Marketingabteilung. Das ist ihr Job und den scheinen Sie verdammt gut zu machen." Ich wurde noch eine Spur roter. „Darf ich Sie noch etwas fragen?" Autumns Lächeln wurde weniger und sie sah mich einfach nur noch an. In ihrem Gesicht war keine Gestik zu erkennen, weshalb ich nur verängstigt nickte. „Wieso haben Sie nie studiert?" Ich versuchte irgendwelche Worte zu finden. Irgendwelche, die mich nicht dazu brachten, alles über mich preiszugeben. So sehr ich Autumn auch schätzte, umso mehr Respekt hatte ich vor ihr und ihrer Meinung.
„Es hat finanziell einfach nie funktioniert. Trotz unzähliger Nebenjobs, aber manchmal ist das Leben einfach so." Ich rutschte ohne noch etwas dazu zu sagen vom Barhocker, wodurch meine nackten Füße ein platschendes Geräusch auf dem Steinboden machten. Ich spürte in meinem Rücken, wie Autumns Augen jede meiner Bewegungen verfolgte.
„Ich bin müde." murmelte ich nur, sah Autumn aber immer noch nicht an. Autumn sprang sofort auf und kam auf mich zu, aber als sie mir beruhigend an die Schulter fassen wollte, wich ich aus. Sie ließ ihre Hand sinken. „Kommen Sie, wir gönnen uns noch ein wenig Schlaf." Ich nickte, immer noch meinen Blick auf den Boden richtend.
Wir gingen wieder die Treppen nebeneinander nach oben. Als wir vor Autumns Zimmer ankamen, blieb ich unschlüssig stehen. Autumn sah mich verwirrt an, sie hatte schon die Türklinke in der Hand. „Kommen Sie?" Komplett überwältigt, nickte ich hastig, ehe ich mit zu ihr ins Zimmer schlüpfte und ihr ins Bett folgte. „Ich dachte, es ist vielleicht einfacher für Sie hier zu schlafen. Damit Sie sehen, dass Ihnen hier nichts passieren kann." Ich war schon kurz davor wegzutreten, als ich noch eine Hand an meiner Stirn merkte, die mir ganz bedächtig eine Haarsträhne wegstrich. Sie hinterließ eine brennende Spur an dieser Stelle. Ihr Duft ließ mich beruhigt ausatmen und ein Gefühl von Leichtigkeit verspüren. Ich flüsterte noch ein „Danke, Autumn." Ehe mich der Schlaf vollkommen einnahm.
DU LIEST GERADE
Die Assistentin der Miss Blake
RomanceGracie kann es kaum erwarten endlich aus ihrem kleinem Dorf rauszukommen und sich ihren größten Traum zu erfüllen... Weihnachten in New York. Sie ahnt jedoch nicht, dass sie nicht nach Hause zurück kehren wird, denn in New York lernt sie Autumn Bla...