Kapitel 3

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Alles in mir zog sich zusammen und ich blieb wie angewurzelt stehen. Fassungslos starrte ich auf die Tränen die unaufhörlich über Ardys Gesicht strömten und ich schien nicht realisieren zu können, was gerade passiert war. Dann drehte ich mich langsam um und schlurfte geknickt zur Tür: „Wenn das dein Wunsch ist." Ich legte meine Hand auf den Türgriff und hoffte insgeheim, dass Ardy mich aufhalten würde, doch er tat es nicht. Also machte ich die Tür entschlossen auf, wenn er mich hier nicht haben wollte, würde ich mir nicht die Blöße geben hier rumzuheulen, ich war schließlich ein gestandener Mann. Doch sobald die Haustür hinter mir ins Schloss fiel, liefen mir die ersten Tränen die Wangen hinunter. Je weiter ich mich von der Haustür entfernte, desto mehr Tränen schienen über mein Gesicht zu laufen. Ich warf mein Longboard, welches ich vorm verlassen der Wohnung gegriffen hatte, auf den Boden, stellte mich drauf und fuhr los. Verzweifelt überlegte ich, wo ich die Nacht verbringen konnte, weil ich Ardy erst einmal aus dem Weg gehen wollte. Doch zuerst fuhr ich ziellos weiter und lies die kalte Nachtluft durch mein Gesicht peitschen. Die frische Luft ordnete meine Gedanken. Irgendwie konnte ich Ardy verstehen, bestimmt hatte er sein Outing schon vor langer Zeit geplant und sich viele Gedanken darüber gemacht. Und sicherlich hatte er sich auch Gedanken darüber gemacht wie ich reagieren würde. Ich musste eine weitere Meinung hören, aber zu wem sollte ich gehen? Wen konnte ich jetzt völlig unvorgewarnt mitten in der Nacht besuchen? In meinem Kopf ging ich all die Menschen durch, die in Frage kommen würden. Ich strich dabei alle aus dem Youtuberhaus aus meiner imaginären Liste. Diverse Familienmitglieder ebenfalls. Auch Freunde, die außerhalb der Stadt wohnten waren keine Option. Meine Liste wurde immer kleiner und kleiner und immer noch wusste ich nicht wohin. Plötzlich kam mir eine Idee, diese Person würde mir helfen. Ich stoppte mein Longboard und drehte um. Ich brauchte nur wenige Sekunden um mich zu orientieren, dann fuhr ich eilig los. Mit klarem Ziel vor Augen nahm ich an Geschwindigkeit auf. Ich hoffte ich würde die Person zu Hause antreffen. Ich holte mein Handy aus der Tasche um ihn vorzuwarnen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich seine Nummer gefunden hatte, dann endlich startete ich den Anruf. „Hallo?", kam es fragend aus dem Hörer. „Hey kann ich vorbei kommen, hatte Stress mit Ardy?", fragte ich. „Hast du in letzter Zeit mal auf die Uhr gesehen?" kam es grummelig als Antwort. „Ja sorry, ich weiß es ist spät, doch ich kenne keinen zu dem ich sonst gehen könnte." „Ja dann komm halt vorbei.", er klang halb verständnisvoll, halb genervt. Eine Welle der Erleichterung machte sich in mir breit: „Danke." Das Geräusch, das nun aus meinem Handy kam machte mir klar, dass er aufgelegt hatte. Ich beeilte mich zu ihm zu kommen, da mir langsam kalt wurde. Es kam mir vor, als wäre ich stundenlang unterwegs gewesen, jedoch waren es nur 20 Minuten, bis seine Haustür in Sicht kam. Ich klingelte und nach kurzer Zeit wurde die Tür geöffnet. Ich blickte in die Augen meines, neben Ardy, besten Kumpels. „Hey, danke, du weißt echt nicht wie viel mir das hier bedeutet." „Nanana, nicht schnulzig werden!", antwortete mir Manu. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen betrat ich seine Wohnung und setzte mich auf seine Couch, während er ein Glas Wasser holte. „Also, dann erzähl mal:", sagte Manu und stellte mir ein Glas hin. Und so begann ich zu erzählen, ich hatte das Gefühl, dass mein Gerede kein Ende nahm. Nach gefühlten Stunden beendete ich traurig meinen Monolog: „... und dann habe ich dich angerufen und hier bin ich." Manu hatte die ganze Zeit schweigend zugehört, was für seine Verhältnisse erstaunlich war. Als er nach einer Minute immer noch nichts gesagte hatte, wurde ich nervös. „Ähhm, dass ist jetzt eigentlich der Zeitpunkt wo du mir einen guten Ratschlag gibst.", versuchte ich es mit Ironie. Manu zögerte einen Moment, doch dann sagte er: „Du weißt, dass ich nicht so gut in Gefühlsdingen bin..., aber ich glaube du hast echt Scheiße gebaut." Ich zuckte zusammen: „Was soll ich denn jetzt machen?", seufzte ich. Manu sah aus, als würde er überlegen, er stützte den Kopf auf seine Hand, schloss die Augen und zog die Stirn in Falten.

Dann sah er mich an und sagte: „Reiß dich zusammen, geh zu Ardy und entschuldige dich!" „Aber er wird mir wahrscheinlich die Tür vor der Nase zuschlagen, wenn ich zurück komme.", murmelte ich niedergeschlagen. „Bevor du es nicht wenigstens probiert hast, kannst du das gar nicht wissen." Wir unterhielten uns noch einige Minuten, bis Manu mich rausschmiss und ich mit meinem Longboard auf der Straße stand.

FLASHBACK ENDE

Das GeständnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt